Team jameda
Wenn sich Metastasen bilden, kann sich der Tumor im ganzen Körper ausbreiten. Verantwortlich dafür sind Krebszellen, die sich von der Prostata ablösen und sich in anderen Regionen des Körpers festsetzen und vermehren. Auf diese Weise können Krebszellen Auswirkungen auf den gesamten Körper – die Knochen, die Wirbelsäule und das Gehirn - haben. Hier erfahren Sie:
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich Metastasen bilden, ist von Patient zu Patient sehr verschieden und hängt von folgenden Faktoren ab:
Bei Verdacht auf Prostatakrebs ist die Biopsie unerlässlich. Der Arzt entnimmt dabei Gewebeproben und untersucht sie anschließend im Labor. Die Aggressivität der Krebszellen im Prostatagewebe kann festgestellt werden, indem der Spezialist die Form der Krebszellen unter dem Mikroskop beobachtet. Je mehr sich die Krebszellen von den normalen Zellen unterscheiden, desto aggressiver ist der Tumor.
Zudem gibt der Gleason-Score genaue Auskunft über das Ausmaß und den Grad des Tumors. Bei einem Gleason-Score von zum Beispiel 6, ist die Aggressivität und die Wahrscheinlichkeit der Metastasenbildung geringer als bei einem Gleason-Score von 8 bis 10.
Ein erhöhtes Metastasierungsrisiko besteht außerdem, wenn bereits die Ränder und die Kapsel der operativ entfernten Prostata oder die Lymphknoten von Krebszellen befallen sind.
Generell gilt: Je früher mit der Krebstherapie begonnen wird und je besser der Patient die Behandlung verträgt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit der Metastasenbildung und umso eher kann das Auftreten von Metastasen hinausgezögert werden.
Muss der Patient die Therapie hingegen abbrechen, zum Beispiel aufgrund von Nebenwirkungen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich Metastasen bilden.
Der Arzt findet Metastasen, indem er die Patienten-Bilddaten der Röntgenaufnahmen, Ultraschalluntersuchungen, Computertomographie, Magnetresonanztomographie oder Knochenszintigraphie beurteilt. Eine Knochenszintigraphie ist ein bildgebendes Verfahren, mit dessen Hilfe Tumore und vor allem Metastasen in den Knochen frühzeitig erkannt werden können.
Ein Indiz für Knochenmetastasen können auch Schmerzen oder andere unerklärliche Symptome wie Knochenbrüche oder Empfindungsstörungen wie Kribbeln oder Taubheit in Armen und Beinen sein. Zudem kann ein erhöhter PSA-Wert ein Hinweis auf Metastasen sein. Natürlich lassen sich damit aber keine Metastasen erkennen.
Manchmal wird Prostatakrebs erst erkannt, wenn er schon Metastasen gestreut hat. In diesem Fall ist es vor allem wichtig zu erkennen, ob der Knochentumor eine Metastase oder ein Primärtumor ist. Das ist durch eine Knochenmarkbiopsie möglich. Dabei werden mit einer Biopsienadel Zellen aus den verdächtigen Stellen entnommen und im Labor untersucht.
Über die Blut- oder Lymphbahnen kann sich der Prostatakrebs im ganzen Körper verbreiten. Meistens entstehen Metastasen zuerst in den Lymphknoten. Die ersten Lymphknotenstationen, die von den wandernden Tumorzellen befallen werden, liegen im kleinen Becken, weitere vor dem Kreuzbein, in der Leiste und entlang der großen Blutgefäße im Becken-, Bauch- und Brustraum.
Danach lösen sich die Krebszellen vom Prostatatumor und wandern über die Blutgefäße in andere Organe wie zum Beispiel Lunge, Hirn oder Leber, wo sie neue ,Kolonien‘‘ bilden und sich vermehren.
Beim Prostatakarzinom siedeln sich Metastasen hauptsächlich im Bereich des Skeletts an, z. B. in der Wirbelsäule. Deswegen sind meistens die Lendenwirbelsäule, die Oberschenkelknochen, das Becken, die Brustwirbelsäule und die Rippen betroffen.
Außerdem bietet das Rückenmark aufgrund der geringen Strömungsgeschwindigkeit des Blutes in diesem Bereich ideale Wachstumsbedingungen für die Krebszellen. Die wandernden Tumorzellen können sich dadurch besonders leicht an die Gefäßwand anheften und in das Knochenmark eindringen.
Im Mikroumfeld der Knochen herrscht außerdem Sauerstoffmangel, auch Hypoxie genannt. Der Sauerstoffteildruck liegt bei 1 bis 7%. Dieser Sauerstoffmangel fördert das Wachstum der Tumorzellen in den Knochenmetastasen. Denn Tumorzellen sind auf solche “hypoxische“ Bedingungen gut angepasst.
Die sauerstoffarme Umgebung begünstigt aber nicht nur die Verbreitung der Tumorzellen, sondern auch die Neubildung von Blutgefäßen, die dem Krebs als Nahrung dienen.
Die Hypoxie hat außerdem zur Folge, dass die Knochenmetastasen eine hohe Resistenz gegenüber der Strahlen- und Chemotherapie haben, eine wichtige Ursache für die Unheilbarkeit vieler Knochenmetastasen.
In den Knochen gibt es normalerweise Osteoblasten, die für den Aufbau von neuen Knochenzellen sorgen, sowie Osteoklasten, die veraltete Knochenzellen zerstören. Die Krebszellen übernehmen die Kontrolle der Osteoblasten oder der Osteoklasten und regulieren über Signalproteine, wie viele gesunde Knochenzellen aufgebaut oder zerstört werden.
Wenn die Krebszellen die Osteoblasten kontrollieren, dann spricht man von „osteoblastischen, knochenbildenden Metastasen“. Sie sind häufig bei Prostatakarzinomen anzutreffen. Wenn die Krebszellen eher die Osteoklasten kontrollieren, ist die Metastase osteolytisch, das heißt knochenabbauend. Beide Formen können auch zur selben Zeit auftreten.
Knochenmetastasen treten häufig bei Prostatakrebs auf und haben einen erheblichen Einfluss auf die Lebensqualität und den Krankheitsverlauf. 50 bis 75 % der Männer mit Prostatakrebs entwickeln Knochenmetastasen. Sie können sich durch starke Schmerzen äußern, weil sie Nervenbahnen einengen oder zu Knochenbrüchen führen. Im schlimmsten Fall kann ein Wirbelbruch sogar eine Querschnittlähmung verursachen.
Da Knochenmetastasen bislang noch nicht heilbar sind, haben alle relevanten Therapieansätze zum übergeordneten Ziel, die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern.
Durch die Blutbahnen können Krebszellen jede Körperregion und jedes Organ erreichen, wie zum Beispiel:
Bei Prostatakrebs treten Metastasen meistens in den Knochen auf und seltener in der Leber, im Brustraum, der Lunge oder dem Gehirn. Hirnmetastasen äußern sich oft mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinstrübungen, Sprachstörungen, Schwäche einer Körperhälfte oder mit epileptischen Anfällen.
Die Ausbreitung der Metastasen wird mit der TNM-Klassifikation eingeschätzt. Die TNM-Klassifikation beinhaltet drei Bereiche: die Ausdehnung des Primärtumors, den Lymphknotenbefall und die Metastasen.
Die T-Kategorie (cT) beschreibt den Primärtumor:
T1
Tumor nicht zu tasten und durch Bildgebung nicht sichtbar
T1a
Zufällig in entferntem Gewebe gefunden, in weniger als 5 % des Gewebes nachweisbar
T1b
Zufällig in entferntem Gewebe gefunden, in mehr als 5 % des Gewebes nachweisbar
T1c
Durch Biopsie bei erhöhtem PSA nachgewiesen
T2
Tumor auf die Prostata begrenzt
T2a
Tumor nimmt weniger als die Hälfte eines Prostatalappens ein
T2b
Tumor nimmt mehr als die Hälfte eines Prostatalappens ein
T2c
Tumor in beide Prostatalappen eingewachsen
T3
Tumor durch die Kapsel gewachsen
T3a
Tumor durchbricht ein- oder beidseitig die Kapsel
T3b
Tumor ist in die Samenblase eingewachsen
T4
Tumor wächst in die umliegenden Organe (Blasenhals, Enddarm, etc.)
Die N-Kategorie beschreibt, ob die Lymphknoten in der Nähe der Prostata befallen sind
N0
Lymphknoten sind frei
N1
Lymphknoten sind befallen
NX
Lymphknotenbefall nicht zu beurteilen
Die M-Kategorie beschreibt, ob es Fernmetastasen gibt
M0
Keine Metastasen vorhanden
M1
Metastasen vorhanden
MX
Metastasen sind nicht zu beurteilen
Für die Behandlung von Prostatakrebs, der bereits Metastasen gebildet hat, bieten sich folgende Möglichkeiten:
Hormonentzugstherapie
Testosteron sorgt dafür, dass Prostatakrebszellen schneller wachsen und sich vermehren. Durch die Gabe von Medikamenten, oder durch eine operative Entfernung der Hoden, kann die Testosteronbildung unterdrückt werden. Dies bewirkt, dass der Prostatatumor langsamer wächst und die Metastasenbildung gehemmt wird.
Der Testosteronentzug kann zu folgenden Nebenwirkungen führen:
Eine weitere hormontherapeutische Möglichkeit bieten Antiandrogene. Das sind Medikamente, die nicht das Testosteron an sich, sondern die Wachstumswirkung des Testosterons auf die Tumorzellen hemmen. Sie sind nur hilfreich, wenn wenige Metastasen vorhanden sind. Die häufigste Nebenwirkung ist die Brustvergrößerung.
Bei ausgedehnten Metastasen hingegen mit einem PSA-Wert > 500 ng/ml ist die Hormonentzugstherapie eher geeignet.
Zur maximalen Wirkung kann die Hormonentzugstherapie mit Antiandrogenen kombiniert werden. Studien haben gezeigt, dass diese Kombinationstherapie das Leben verlängert. Allerdings hat diese Therapie meist viele Nebenwirkungen.
Der langfristige Hormonentzug macht die Krebszellen unempfindlich gegen die Therapie. Dagegen hilft es, die Behandlung mit der sogenannten intermittierenden Hormonentzugstherapie regelmäßig zu unterbrechen.
Chemotherapie
In der Chemotherapie werden Zytotastika eingesetzt. Dabei handelt es sich um Medikamente, die die Zellteilung verhindern. Speziell für Prostatakrebs ist das Zytostatikum Docetaxel zugelassen. Studien haben gezeigt, dass die Chemotherapie mit Docetaxel zu einer Lebensverlängerung von bis zu drei Monaten führt.
Wichtig: Die Wirkung der Chemotherapie beschränkt sich aber nicht nur auf den Tumor, sondern beeinflusst leider auch die gesunden Zellen. Das führt zu Nebenwirkungen, wie zum Beispiel:
Ärzte empfehlen die Einnahme von Prednisolon, um die Nebenwirkungen vorzubeugen.
Bestrahlung
Knochenmetastasen können gezielt bestrahlt werden. Die Bestrahlung ist besonders hilfreich, wenn:
Die gezielte Bestrahlung der Knochenmetastasen kann in ca. 80 % der Fälle zu einer anhaltenden Schmerzbeseitigung oder erheblichen Linderung führen. Bei 50 % der Männer hält die bestrahlungsbedingte Schmerzlinderung mindestens sechs Monate an. Als Nebenwirkungen können allerdings Übelkeit und Erbrechen auftreten.
Weitere Therapie-Einsätze bei Knochenmetastasen
Schmerztherapie
Bei der Behandlung von Krebsschmerzen gehen Ärzte nach dem Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor. Folgende Schmerzmittel werden je nach Schmerzstufe empfohlen:
Stufe I: schwache Schmerzen
Stufe II: mittlere Schmerzen
Stufe III: starke Schmerzen
- Nicht-Opioidanalgetika
- Nicht-Opioidanalgetika
- schwache Opioidanalgetika
- Nicht-Opioidanalgetika
- starke Opioidanalgetika
Behandlungsmöglichkeiten bei Gehirnmetastasen
Wie bei allen metastasierten Krebserkrankungen ist die Prognose bei fortgeschrittenem Prostatakrebs, bei dem sich bereits Metastasen gebildet haben, schlecht. Die mittlere Überlebenszeit nach der Erstdiagnose ,Knochenmetastase‘‘ beträgt 12 bis 18 Monate.
Beim Prostatakarzinom sind Knochenmetastasen die häufigste Todesursache: Bei 90 % der an Prostatakarzinom verstorbenen Männer sind Knochenmetastasen nachweisbar. Die Fünfjahresüberlebensrate des metastasierten Prostatakrebses liegt bei 31 %. Das bedeutet, dass nach fünf Jahren 31 % der Betroffenen mit Prostatakrebs und Metastasen noch am Leben sind.
Wichtig für die Einschätzung der individuellen Prognose ist der Karnofsky-Index, der die allgemeine Leistungsfähigkeit von Krebspatienten beschreibt. 100 % bedeutet, dass der Betroffene keine Einschränkungen hinsichtlich der Aktivität, der Selbstversorgung und der Selbstbestimmung hat, und daher die beste Prognose hat. Basierend auf dem Karnofsky-Index definiert der Arzt auch die Therapieziele und -pläne.
Karnofsky-Index
Bedeutung
100%
keine Beschwerden
90%
zu normaler Aktivität fähig, geringe Symptome
80%
normale Aktivität mit Anstrengung möglich, deutliche Symptome
70%
Selbstversorgung, normale Aktivität oder Arbeit nicht möglich
60%
einige Hilfestellung nötig, selbständig in den meisten Bereichen
50%
Hilfe und medizinische Versorgung wird oft in Anspruch genommen
40%
behindert, qualifizierte Hilfe benötigt
30%
schwerbehindert, Krankenhausaufenthalt nötig
20%
schwerkrank, intensive medizinische Maßnahmen erforderlich
10%
todgeweiht, unaufhaltsamer körperlicher Verfall
0%
Tod
Nach einer operativen Entfernung und Bestrahlung von Hirnmetastasen beträgt die durchschnittliche Überlebenszeit ein Jahr. Zudem hängt die Lebenserwartung von folgenden Faktoren ab: der Anzahl der Gehirnmetastasen, dem Alter und dem klinischen Zustand des Patienten, dem Ausmaß der Metastasen in anderen Organen und dem Zeitraum zwischen der Diagnose des Prostatakrebses und des Auftretens der Hirnmetastasen.
Metastasen treten bei Prostatakrebs meistens in den Knochen auf - dann ist keine Heilung mehr möglich. Die Lebenserwartung ist bei metastasiertem Prostatakrebs kürzer. Allerdings gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, Metastasen zu behandeln, um die Überlebenszeit der Betroffenen zu verlängern und eine gewisse Lebensqualität zu erhalten.
Quellen:
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