Artikel 05/12/2013

Hormone in den Wechseljahren - Segen oder Fluch

Dr. med. Harry Tschebiner Frauenarzt (Gynäkologe)
Dr. med. Harry Tschebiner
Frauenarzt (Gynäkologe)
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Weltweit sind Frauen in den Wechseljahren immer wieder verunsichert über die Ergebnisse einiger Studien über den Zusammenhang zwischen der Hormonersatztherapie und dem Auftreten von Brustkrebs. Welche Schlussfolgerungen muss man daraus ziehen?

Östrogene und Gestagene sind weibliche Sexualhormone, die in den Eierstöcken entstehen. Sie sind verantwortlich für die Vorbereitung und Erhaltung der Schwangerschaft. Darüber hinaus haben sie eine Schutzfunktion und gewährleisten den Ablauf vieler Körperfunktionen. Im Klimakterium kommt es durch das Erlöschen der Eierstockfunktion zu einem Hormonmangel. Daraus resultieren aktuelle klimakterische Beschwerden, die durch Gaben von natürlichen, d.h. bioidentischen Hormonen positiv beeinflußt werden können.

Die Östrogentherapie in den Wechseljahren der Frau ist eine etablierte, wenn auch immer wieder kontrovers diskutierte Behandlung. Ist der Übergang in eine neue Lebensphase schon schwer genug, so plagen viele Frauen etwa ab dem 50. Lebensjahr zusätzliche Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Nervosität, Stimmungslabilität, Vergesslichkeit, Leistungsabfall, Abnahme des sexuellen Verlangens, Gelenkschmerzen – die Liste der möglichen Beschwerden ließe sich noch weiter fortführen.

Was liegt näher, als die Beschwerden, die durch einen Hormonmangel entstanden sind, mit gezielten Gaben der fehlenden Hormone zu behandeln? Bei der Zuckerkrankheit und der Schilddrüsenfunktionsstörung ist dies längst tägliche Praxis. Die Angst vor Nebenwirkungen einer Östrogenbehandlung, insbesondere vor einer Krebsauslösung wird immer wieder von Patientinnen angesprochen und muss dennoch ernst genommen werden.

Während bis vor einigen Jahren noch die lebenslange Behandlung mit Östrogenen als die Lösung aller Probleme propagiert wurde, so hat sich inzwischen die Einstellung vieler Frauen, aber auch der Experten verändert. Die Ergebnisse der britischen „Million Women Study“ aus dem Jahr 2003, nach der Östrogene das Auftreten von Brustkrebs und Thrombosen begünstigen würden, stellten praktisch über Nacht die bis dahin übliche Praxis der Östrogenverordnung auf den Kopf. Viele Patientinnen setzten aufgrund des negativen Medienechos voller Panik alle Hormone ab.

Inzwischen haben weitere seriöse Studien diese Ergebnisse relativiert bzw. widerlegt. Um etwas Klarheit in diese so wichtige Thematik zu bringen, soll an dieser Stelle kurz und verständlich erklärt werden, was die aktuelle Studienlage für eine Frau im Klimakterium bedeutet:

Eine Hormonersatztherapie mit Östrogenen allein und in Kombination mit Progesteron

  • verursacht mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Brustkrebs
  • kann aber schlafende Brustkrebszellen wecken und so die Rate der Brustkrebs-Erkrankungen erhöhen, dieses Risiko steigt mit der Behandlungsdauer
  • kann die Rate von Thrombosen und Herzinfarkt erhöhen
  • schützt nicht vor Herzinfarkt und Schlaganfall
  • lässt die Rate von Darmkrebserkrankungen sinken

Daraus sollten folgende Konsequenzen gezogen werden:

  • Die Hormonersatztherapie kann v. a. dann zur Anwendung kommen, wenn subjektiv belastende Wechseljahrbeschwerden (Hitzewallungen, Schweißausbrüche u. a.) oder eine manifeste Osteoporose bestehen, die anders nicht ausreichend behandelt werden können.
  • Es sollte die niedrigstmögliche Dosis verwendet und die Notwendigkeit der Hormonbehandlung jährlich überprüft werden.
  • Es sollten regelmäßige Vorsorge-, Mammographie- und Ultraschall-Untersuchungen der Brust erfolgen.
  • Die Möglichkeit, mit pflanzlichen Wirkstoffen eine Behandlung zu versuchen, sollte nicht außer Acht gelassen werden. In manchen Fällen können die Beschwerden, zumindest in der Anfangsphase, dadurch deutlich gebessert werden.

Dies gelingt umso eher, je mehr eine emotionale Auseinandersetzung mit der neuen Lebenssituation erfolgt. Durch einen angepassten Lebensstil, d. h. sportliche Betätigung und gesunde Ernährung, kann der Übergang in diese neue Lebensphase erleichtert werden.

Beachten muss man, dass es auch belastende Lifestylefaktoren gibt, die das Risiko für Brustkrebs erhöhen und mitunter ein größeres Risiko als die Östrogengabe bedeuten! Dazu gehören mit ansteigendem Risiko: Alkoholkonsum, Rauchen, Alter über 30 bei der ersten Schwangerschaft und Brustkrebs in der Familie.

Fazit:
Die Einnahme von Hormonen sollte nur bei Beschwerden in einer möglichst niedrigen Dosierung, nach sorgfältiger Beratung unter fachärztlicher Aufsicht und regelmäßiger Kontrolle der Blut-Hormonspiegel erfolgen. Besonders schonend ist die Gabe von bioidentischem Östrogen und Progesteron über die Haut. So ist eine risikoarme und erfolgreiche Behandlung gewährleistet.

Verantwortungsvoll eingesetzt, kann eine individualisierte und balancierte Hormonersatztherapie viele unangenehme Begleiterscheinungen der Wechseljahre beheben und mögliche Spätfolgen des Östrogenmangels verhindern helfen. Deshalb ist eine ausführliche und kompetente fachärztliche Beratung heute wichtiger denn je, um unnötige Ängste zu vermeiden, Risiken zu minimieren und für sich die richtigen Entscheidungen treffen zu können.

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