Artikel 04/02/2015

Botulinum Toxin zur Therapie der überaktiven Harnblase (OAB)

Team jameda
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Seit Januar 2013 ist das Medikament Botox (Botulinumtoxin Typ A) zur Behandlung der idiopathisch überaktiven Blase mit den Symptomen Urinverlust (Harninkontinenz), imperativer (zwanghafter) Harndrang und häufiges Wasserlassen (Pollakisurie) bei erwachsenen Patienten, die auf eine medikamentöse Behandlung mit Anticholinergika (Medikamente zur Dämpfung des Harndrangs) nur unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, in Deutschland zugelassen.

Bis zu 16,6 % der Bevölkerung (meist Frauen) in Europa haben eine sogenannte überaktive Blase (OAB), umgangssprachlich oft Reizblase genannt. Eine weitere Zielgruppe für die Botox-Behandlung der Harnblase besteht in Patienten mit der Krankheit Multiple Sklerose. Auch diese Patienten leiden häufig unter einer starken Harndrangsymptomatik. Für alle diese Menschen steht nun mit der Zulassung von Botox zur Blasenbehandlung eine weitere Therapiemöglichkeit zur Verfügung.

Was macht das Medikament Botox?
Damit sich Muskelfasern bewegen können, brauchen sie den Botenstoff Acetylcholin, der an den Nervenenden wirksam wird. Botox hemmt zum einen die Ausschüttung von Acetylcholin, dadurch wird die Signalübertragung blockiert, die Muskelfasern werden gelähmt. Zusätzlich wirkt es auch auf die sensorischen Nervenenden hemmend. Beide Eigenschaften wirken auf die überreagierende Blasenmuskulatur beruhigend, der Harndrang lässt nach, Urinverlust tritt seltener auf oder verschwindet für eine bestimmte Zeit vollständig.

Wie lange wirkt das Medikament in der Harnblase?
Durchschnittlich wirkt es 6 Monate, aber auch 9-12 Monate sind möglich, bis eine erneute Anwendung von Botox erfolgen muss.

Erforderliche Vorbereitung vor Botox-Behandlung der Harnblase
Vor der Botox-Behandlung muss eine urologische Untersuchung der Harnblase mittels Blasenspiegelung (Zystoskopie) sowie eine Urinkontrolle zum Ausschluss eines Harnwegsinfektes durchgeführt werden. Ein bestehender Harnwegsinfekt muss zunächst medikamentös therapiert werden. Medikamente zur Blutverdünnung müssen eine Woche vor dem Eingriff für insgesamt zwei Wochen abgesetzt werden. Wichtig: Es darf vor dem geplanten Botox-Eingriff an der Harnblase keine weitere Anwendung von Botulinumtoxin innerhalb von 3 Monaten an einem anderen Körperteil erfolgt sein. Bei schwangeren Frauen und während der Stillzeit darf Botox nicht angewendet werden.

Wie wird das Medikament angewendet?
Die Applikation erfolgt ähnlich wie bei einer Blasenspiegelung (Zystoskopie). Hierbei wird zunächst die Blasenschleimhaut durch Einbringen eines örtlichen Betäubungsmittels mittel Katheterisierung Schmerz-unempfindlich gemacht. Nach ca. 5 Minuten Einwirkzeit wird die Harnblase entleert und der Eingriff kann beginnen. Das Medikament wird mittels einer Miniaturnadel an verschiedenen Stellen in die Harnblasenmuskulatur gespritzt. Dieser Vorgang ist aufgrund der Wirkung der örtlichen Betäubung für die Patientin/den Patienten nicht schmerzhaft, lediglich das Vorhandensein des Untersuchungsinstrumentes ist spürbar.

Nebenwirkungen und wie geht es nach dem Eingriff weiter?
Die maximale Wirkung des Botulinumtoxins tritt ca. 1-2 Wochen nach der Behandlung auf und hält ca. 6 (-9) Monate an. Bei nachlassender Wirkung kann die Behandlung mehrfach wiederholt werden. Mögliche Nebenwirkungen beinhalten Restharnbildung (unvollständige Entleerung der Harnblase) und sehr selten vorübergehende Harnsperre. Deshalb ist nach dem Eingriff bei Ihrem Urologen die Bestimmung der Restharnmenge mittels Ultraschalluntersuchung erforderlich. Bei Harnsperre oder sehr hohem Restharn kann es erforderlich werden, die Harnblase vorübergehend für 2-6 Wochen mittels Blasenkatheter zu entleeren (Auftreten meist nur nach der 1. Behandlung, Häufigkeit ca. 6% aller Eingriffe laut EMBARK-Studie). Systemische Nebenwirkungen, wie bei anderen Botox-Anwendungen an anderen Körperteilen, traten bei Anwendung an der Harnblase bisher nicht auf.

Wer kommt für die Kosten des Eingriffs auf?
Gesetzlich versicherte Patienten benötigen zunächst eine schriftliche Kostenzusage Ihrer Krankenkasse, bevor der Eingriff stattfinden kann. Liegt diese vor, wird der Eingriff auf Privatrechnung durchgeführt, d.h., der Patient muss die Kosten des Eingriffs beim Arzt bezahlen und reicht anschließend die bezahlte Arztrechnung bei seiner gesetzlichen Krankenkasse zur Kostenerstattung ein. Eine direkte Abrechnung zwischen Arzt und gesetzlicher Krankenkasse ist bis jetzt (Stand 01/2015) leider noch nicht möglich. Privat versicherte Patienten bekommen wie üblich eine Privatrechnung, die sie bei ihrer privaten Krankenversicherung wie alle anderen Arztrechnungen zur Erstattung einreichen. Die privaten Krankenversicherungen bezahlen die Therapie normalerweise anstandslos, eine telefonische Nachfrage vor dem geplanten Eingriff ist jedoch z.B. bei Beihilfeversicherung empfehlenswert.

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