Wie werden Knorpelschäden am Sprunggelenk behandelt? Der jameda-Expertenratgeber stellt fünf Behandlungsmethoden vor.
Gelenkknorpel ist ein sehr druckelastisches Bindegewebe, das die Gelenkflächen der Knochen überzieht. Was wie ein einfacher Gelenküberzug aussieht, ist in Wirklichkeit ein komplexes Netzwerk aus Knorpelzellen und elastischen Kollagenfasern, die von einer Grundsubstanz umgeben sind. Diese Grundsubstanz besteht aus einem Geflecht von Eiweiß-Zucker-Verbindungen, den sogenannten Proteoglykanen. Sie verleihen dem Knorpelgewebe Elastizität und binden Wasser.
Gelenkknorpel besteht durchschnittlich aus 60-70% Wasser. Der charakteristische Aufbau des Gelenkknorpels ist Voraussetzung für seine enorme Elastizität und seine hohe Druckfestigkeit. Mit zunehmendem Alter verändert sich die Qualität des Knorpels allerdings. Der Proteoglykangehalt und der Wasseranteil nehmen ab. In der Folge lassen die Elastizität und Spannkraft des Knorpels nach.
Ein gesunder Knorpel ist wichtig für die Gelenkfunktion. Die Knorpelschicht ist sehr wichtig, weil sie die natürliche Reibung zwischen den Knochen reduziert und Erschütterungen und Bewegungen wie ein Stoßdämpfer abfängt. Der Gelenkknorpel ist nicht an das Blutgefäßsystem angeschlossen, d.h. das Gewebe verfügt über keine Blutzufuhr. Der Knorpel wird mit Nährstoffen aus der Gelenkflüssigkeit versorgt und ist daher weniger regenerationsfähig. Schäden am Gelenkknorpel heilen aus diesem Grund wesentlich schlechter als Verletzungen an anderen Gewebearten.
Je nach Ausmaß und Lokalisation des Knorpelschadens im Sprunggelenk können die Beschwerden variieren. Folgende Symptome können auf eine Knorpelschaden deuten:
Ist der hyaline Knorpel verletzt oder verbraucht, wächst er nicht nach und kann vom Körper nicht in gleicher Form ersetzt werden. Speziell am Sprunggelenk liegen einige Besonderheiten vor, die die Knorpeltherapie erschweren. Das menschliche Sprunggelenk ist im Vergleich zum Knie- oder Schultergelenk ein wesentlich kleineres Gelenk. Die lasttragende Gelenkfläche beträgt nur ca. vier Quadratzentimeter. Dies bedeutet, dass das Gelenk auf der vergleichsweise kleinen Fläche extrem hohen Druck- und Schwerkräften ausgesetzt ist. Diese können das fünffache des Körpergewichts erreichen.
Darüber hinaus ist das Sprunggelenk eines der kongruentesten Gelenke des menschlichen Körpers, d.h. dass die Form der Knochen sehr stark aufeinander abgestimmt ist und dass kräftige straffe Bänder das Gelenk stabil halten. Bei einer Operation ist es daher schwierig, in den Gelenkraum zu gelangen.
Sofern nichtoperative Behandlungsmethoden ausgeschöpft sind und keinen Erfolg bringen, stehen verschieden Möglichkeiten für eine operative Knorpeltherapie zur Verfügung. Wichtig ist in allen Fällen eine exakte Analyse des Knorpelschadens hinsichtlich Durchmesser, Tiefe und Lokalisation. Darüber hinaus müssen weitere mögliche Gelenkveränderungen erkannt werden, wie zum Beispiel Achsenstellungen des Sprunggelenks und Gelenkinstabilitäten. Nur wenn ein Gelenk eine korrekte Achsenausrichtung besitzt und stabil ist, kann ein gutes Ergebnis in der Knorpelbehandlung erzielt werden.
1. Knochenmarkstimulation
Bei der Mikrofrakturierung bzw. Anbohrung wird der Knochen mit einem feinen Bohrer (ca. 1-1,5mm) durchbohrt. Hierdurch wird das gut durchblutete Knochenmark eröffnet und es entsteht ein Blutgerinnsel in dem Knorpeldefekt, in dem sich sogenannte Mesenchymzellen (Stammzellen des Bindegewebes) befinden. Mesenchymale Zellen sind in der Lage, Ersatzgewebe zu bilden. Es entsteht ein Faserknorpel, der zwar nicht die gleichen biomechanischen Eigenschaften wie der hyaline Gelenkknorpel besitzt, aber den Defekt ausfüllt und den Knochen schützend bedeckt. Diese Technik kann in fast allen Fällen mit einer Gelenkspiegelung durchgeführt werden.
2. Matrixgestützte Knochenmarkstimulation
Diese Methode ist eine Weiterentwicklung der klassischen Knochenmarkstimulation. Nachdem der Knochen angebohrt wurde, wird hier eine sehr dünne Membran auf den Knorpeldefekt gebracht. Diese enthält z.B. Kollagen Typ 1 und 3. Der Blutpfropf, der sich durch die Knochenmarkstimulation bildet, soll durch die Membran geschützt und stabilisiert werden. Außerdem dient die Membran als Wachstumsgerüst für die Stammzellen.
3. Autologe Knorpeltransplantation
Seit den 1990er Jahren können Gelenkknorpelschäden mithilfe körpereigener Knorpelzellen behandelt werden. Bei diesem Verfahren werden in der ersten OP Knorpelzellen aus dem Sprunggelenk entnommen. Diese werden in einem Labor in Zellkulturen unter sterilen Bedingungen vermehrt und nach einigen Wochen in einer zweiten Operation wieder in den Defekt transplantiert. Dieses Verfahren ist sehr aufwendig und erfordert zwei Operationseingriffe. Aktuell wird diese Behandlungsmethode am Sprunggelenk von den Krankenkassen nicht übernommen und kann somit nicht regulär durchgeführt werden.
4. Knorpel-Knochen-Austausch
Knorpelschäden können auch repariert werden, indem Knorpel-Knochen-Zylinder (osteochondrale Zylinder) aus anderen Gelenken in die Defektzone im Sprunggelenk transplantiert werden. Auch wenn die Spenderzylinder aus den unbelasteten Zonen eines anderen Gelenks - z.B. dem Kniegelenk - entnommen werden, bleibt als eindeutiger Nachteil, dass bei dieser Behandlung neben dem Sprunggelenk noch ein weiteres (gesundes) Gelenk eröffnet werden muss.
5. Teilersatz und Totalendoprothese
Übersteigt der Knorpelschaden im Sprunggelenk ein bestimmtes Ausmaß oder waren die oben aufgeführten Behandlungsversuche nicht erfolgreich, bleibt der Ersatz oder der Teilersatz mit speziellen Implantaten. Für kleinere Defekte eignen sich kleine Metallkappen, die in die beschädigte Region im Sprunggelenk eingesetzt werden. Handelt es sich um einen ausgedehnten Schaden oder eine Arthrose des gesamten Gelenks, wird ein künstliches Gelenk eingesetzt.
Die Wahl des Behandlungsverfahrens und wann eine Operation bei einem Knorpelschaden im Sprunggelenk erforderlich ist, hängt vom Beschwerdebild und der Vorgeschichte ab. Um eine sinnvolle Entscheidung zu treffen, sind ein ausführliches Gespräch und eine gründliche Untersuchung des Patienten erforderlich. Eine weitere Grundlage für die Entscheidung sind vor allem MRT-Bilder (Kernspintomographiebilder) und in einigen Fällen auch Röntgen- und Computertomographieuntersuchungen.
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