Im Jahre 1743 beschrieb der französische Chirurg François de la Peyronie als erster ein Krankheitsbild, das auch heute nur wenige kennen, obwohl bis zu 10 % der Männer daran leiden. Die Rede ist von der Induratio penis plastica, im Volksmund einfach nur Penisverkrümmung genannt.
Die Krankheit beginnt mit einer Entzündungsreaktion am Rande der Schwellkörper. Genauer gesagt, in der Tunica albuginea. So bezeichnet man eine Art bindegewebigen Strumpf, der die Schwellkörper umhüllt. Über die Auslöser der Entzündung weiß man so einiges, aber noch nicht alles.
Kleine Stauchungsverletzungen beim Geschlechtsverkehr gelten als Hauptverursacher, aber auch Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Testosteronmangel sind bei vielen Betroffenen mit im Boot. Schließlich gibt es auch einen genetischen Link zu Sehnenerkrankungen der Hände und der Füße, nämlich zur Dupuytren’schen Kontraktur und zum Morbus Ledderhose.
Auf Zellebene findet bei der Entzündungsreaktion in der Tunica albuginea ein komplizierter Umbauprozess statt, bei dem neues Gewebe entsteht und beschädigtes Gewebe ersetzt wird. Reparaturprozesse dieser Art sind etwas Normales und laufen im Körper eigentlich routinemäßig ab. Ist das Gleichgewicht zwischen Auf- und Abbauprozessen jedoch gestört, verhärten diese Bezirke und ein Plaque entsteht. Plaques bestehen zu einem Großteil aus Bindegewebe, können ertastet werden und lagern mit der Zeit Kalk ein.
Die Betroffenen merken von alledem anfangs gar nichts. Je mehr sich jedoch Plaques formieren, desto schwieriger wird es für die Tunica albuginea, sich bei einer Erektion auszudehnen. Die unelastischen Plaques bilden ein Widerlager, an dem sich der Penis bei der Erektion krümmt. Das fällt zunächst kaum auf, aber mit der Zeit können diese Krümmungen 90 Grad und mehr erreichen, so dass Geschlechtsverkehr ab einem bestimmten Punkt gar nicht mehr möglich ist.
Typisch sind sanduhrförmige Einziehungen im Penisschaft auf Höhe der Plaque, Schmerzen bei der Erektion und eine deutliche Verkürzung des Penis. Nicht selten stellen sich auch Erektionsschwierigkeiten ein.
Die Entzündung dauert bis zu zwei Jahre. Dann folgt die stabile Phase der Erkrankung, in der Plaques vermehrt verkalken und die Verkrümmung nicht mehr schlimmer wird.
Leider kann man in der Regel nicht darauf hoffen, dass sich von alleine alles wieder zum Guten wendet. Daher ist es wichtig, die Zeichen richtig zu deuten und eine Behandlung so früh wie möglich zu beginnen. Ihr Ziel ist es, die Entzündung zu stoppen, Schmerzen zu reduzieren und zu verhindern, dass sich Verkrümmungen und Verkürzungen einstellen.
Leider warten die meisten Betroffenen viel zu lange, bis sie sich einem Arzt anvertrauen. So sind fortgeschrittene Befunde in der Sprechstunde keine Seltenheit.
Für die Therapie der IPP gibt es kein Patentrezept. Erschwerend kommt hinzu, dass sie nicht im Fokus des medizinischen Forschungsinteresses steht. Während es bei anderen Krankheiten groß angelegte, randomisierte Multicenterstudien gibt, bewegt sich hier noch vieles auf dem Niveau von Expertenmeinungen. Dementsprechend vielfältig sind die Behandlungsansätze.
Grundsätzlich unterscheidet man chirurgische von nicht-operativen Verfahren, wobei eine Operation erst in der stabilen, nichtentzündlichen Krankheitsphase zum Einsatz kommen sollte.
Der Vorteil eines chirurgischen Eingriffs liegt darin, dass die Verkrümmung schnell beseitigt werden kann. Das kann auf verschiedene Weise mit unterschiedlichen Methoden erreicht werden. Allerdings sollte man wissen, dass sich der Penis bei einer Operation zusätzlich zur ohnehin verlorenen Penislänge weiter verkürzen kann. Auch die Erektionsfähigkeit kann durch die Operation Schaden nehmen. Verschiedene Faktoren können zudem dafür sorgen, dass ein Taubheitsgefühl im Penis entsteht. Dazu zählen die Beschädigung von Nerven oder der Blutzufuhr.
Medikamentöse und physikalische Verfahren sind langwierig, dauern mindestens ein Jahr und erfordern Durchhaltevermögen. Wie gesagt, eine einzige Behandlungsmethode scheint allein nicht in der Lage zu sein, ausreichend zu wirken. Ich persönlich halte aufgrund von Expertenmeinungen und meinen eigenen Erfahrungen eine Kombination verschiedener Verfahren für die geeignetste Lösung.
Idealerweise beginnt die Therapie bei den ersten Anzeichen, wie z.B. schmerzhaften Erektionen oder leichter Verkrümmung. Zunächst geht es darum zu verhindern, dass die Verkrümmung weiter voranschreitet und dass die Entzündungsreaktion eingedämmt werden kann. Dazu verwende ich hauptsächlich einen PDE-5 Hemmer.
Viele Patienten missverstehen zunächst, wozu das gut sein soll, da diese Wirkstoffe als „Potenzmittel“ bekannt und häufig auch verschrien sind. Die Behandlung wird jedoch nicht um der Potenz willen durchgeführt, sondern aufgrund des spezifischen Wirkmechanismus, der dort angreift, wo die Entzündung sitzt.
Antioxidantien sollen ebenfalls helfen, die Entzündungsreaktion einzudämmen. Außerdem sollte der Penis täglich gestreckt werden, um Plaques zu mobilisieren und die ansonsten eintretende Penisverkürzung zu verhindern. Man kann dafür eine Vakuumpumpe oder einen Penisstreckapparat verwenden.
Neueste Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Stoßwellen hilfreich sind. Nichtkalzifizierte Plaques scheinen durch Stoßwellen kleiner zu werden. Darüber hinaus hat es den Anschein, dass Plaques formbar werden und der Penis stärker gestreckt werden kann. Neue, bislang noch unveröffentlichte Daten an kalzifizierten Plaques belegen, dass es möglich ist, sie mit Stoßwellen zu zerstören.
Frühe Veröffentlichungen stützen diese Ergebnisse nicht. Hier muss man allerdings bedenken, dass es sich um Studien mit veralteter Technik handelt, die nicht für die Anwendung am Penis konstruiert wurde. Physikalische Eigenschaften wie Energieflussdichte, Fokus und effektive Energie stimmen nicht unbedingt mit denen moderner Geräte und Therapieschemata überein.
Die Peyronie-Krankheit sorgt bei den Betroffenen für einen hohen Leidensdruck und stellt für die Behandler gleichzeitig eine Herausforderung dar. Schnelle Lösungen gibt es nicht. Aber wer früh einen Arzt aufsucht und bereit ist, an der Therapie aktiv mitzuarbeiten, hat gute Chancen, die Krankheit ohne Einbußen zu überstehen.
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