Team jameda
Herzrasen oder Aussetzer machen Ihnen Angst? Das ist gerechtfertigt - Sie sollten sich untersuchen lassen. Obwohl die meisten Fälle harmlos und ohne Folgen sind, gibt es Herzrhythmusstörungen, die gefährlich oder sogar lebensbedrohlich sein können. Lesen Sie hier, wie die Erkrankung zu erkennen ist, was sie verursacht und wie sie behandelt wird.
Normalerweise schlägt das Herz zwischen 60 und 100 Mal pro Minute. Bei zu schnellen, zu langsamen oder unregelmäßigen Schlägen spricht man von Herzrhythmusstörungen, auch kardiale Arrhythmien genannt.
Den Takt gibt das sogenannte ,Erregungsleitungssystem‘‘ des Herzens an, ein Netzwerk spezialisierter Zellen, die elektrische Impulse generieren und weiterleiten. Der normale Schrittmacher des Herzens ist der Sinusknoten, der sich am rechten Vorhof befindet und den Impuls generiert, der sich wie eine Welle ausbreitet.
Blockaden oder Schäden entlang des Erregungsleitungssystems verursachen Herzrhythmusstörungen, weil die elektrische Entladung sich nicht an den vorgesehen Weg hält oder der Sinusknoten seine Rolle als Schrittmacher nicht wahrnimmt.
Unterschiedliche Ursachen führen zur gestörten elektrischen Herzaktion:
Interessanterweise ist die Herzrhythmusstörung ohne einen krankhaften Hintergrund am häufigsten. Bei 80 Prozent aller Menschen treten sogenannte Extrasystolen auf, die meistens auf keine Hintergrunderkrankung zurückzuführen sind und in jedem Alter vorkommen können, auch bei Kindern. Sogar sehr laute Musik, die Gegenstände zittern lässt, stand als Auslöser für diese Art von Herzrhythmusstörungen bei jungen Menschen unter Verdacht, wissenschaftlich belegt ist die Theorie aber nicht.
Manche Herzrhythmusstörungen verlaufen ohne Symptome und machen sich nicht bemerkbar. Andere äußern sich mit leichten oder schweren Anzeichen, wie zum Beispiel Herzklopfen und -stolpern oder Aussetzer insbesondere in Ruhephasen, im Liegen, nachts oder nach dem Essen in Kombination mit Übelkeit. Sie können zu Kurzatmigkeit, einem unangenehmen Druckgefühl in der Brust, Blutdruckabfall, Schwindel, Schwächeanfällen, Bewusstlosigkeit und zu einer beeinträchtigen Pumpleistung des Herzens führen.
Je nach Entstehungsort und Auswirkungen gibt es folgende Arten von Herzrhythmusstörungen:
Herzstolpern entsteht an einer reizempfindlichen Stelle des Herzens, die aufgrund einer vorzeitigen elektrischen Entladung einen zusätzlichen Herzschlag verursacht. Befindet sich die reizempfindliche Stelle im Vorhof, handelt es sich um eine supraventrikuläre Extrasystole, entsteht sie jedoch in einer Herzkammer, spricht man von einer ventrikulären Extrasystole.
Die paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie ist ein rhythmischer Anstieg der Herzfrequenz, der unter bestimmten Umständen normal ist, wie zum Beispiel beim Sport, insbesondere wenn der Sinusknoten weiterhin als Schrittmacher dient. Sie wird als Herzrasen empfunden, das sich bei körperlicher Anstrengung schrittweise steigert und nach Ende der Aktivität langsam abklingt.
Tritt Herzrasen jedoch plötzlich für die Dauer von wenigen Minuten oder mehreren Stunden mit anschließender Müdigkeit auf, sollte es medizinisch geklärt und eventuell behandelt werden. Diese Art von Herzrhythmusstörung ist meistens harmlos, beeinträchtigt aber auf Dauer die Lebensqualität.
Das Vorhofflimmern ist eine gefährliche Herzrhythmusstörung, bei der der Sinusknoten als Schrittmacher ausfällt. Elektrische Impulse entladen sich an verschiedenen Stellen völlig unkoordiniert, so dass der Herzmuskel ,flimmert‘‘ und das Blut nicht mehr richtig in den Körper pumpen kann. Darüber hinaus bilden sich im gestauten Herzblut Klümpchen, die später aus dem Herzen in wichtige Gefäße geschleudert werden und sie verstopfen. So entsteht zum Beispiel ein Schlaganfall. Das Vorhofflimmern äußert sich mit einer sehr unangenehmen Empfindung und Schwindel, was am unregelmäßigen Puls und der wechselnden Herzfrequenz liegt, die manchmal schneller und manchmal langsamer ist.
Die ventrikuläre Tachykardie ist eine der gefährlichsten Herzrhythmusstörungen, die zu schnellen, unkoordinierten Pumpbewegungen der Herzkammern, zum Absturz des Blutdrucks und zum akuten Herzversagen führt. Oft äußert sie sich mit Bewusstlosigkeit und muss dringend stationär behandelt werden, sonst kann sie tödlich enden.
Nicht nur die ventrikuläre Tachykardie, sondern auch Bradykardien mit weniger als 30 Schlägen pro Minute oder Aussetzer, die länger als sechs Sekunden dauern, führen wegen der mangelhaften Blutversorgung des Gehirns zur Bewusstlosigkeit und zum plötzlichen Herztod. Letzterer kann mit lebensrettenden Sofortmaßnahmen wie Herzdruckmassage, Beatmung und Defibrillation vermieden werden.
Das Ruhe-EKG
Das Elektrokardiogramm zeichnet die elektrische Aktivität des Herzens auf und ist die wichtigste Untersuchung zur Diagnostik der Herzrhythmusstörungen. Zu diesem Zweck werden Elektroden am Brustkorb, an den Handgelenken und den Beinen angebracht. Das EKG verrät den gesamten Ablauf der elektrischen Herzaktivität, vom Sinusknoten bis zu den Kammern.
Der Arzt kann auf einem EKG unter anderem feststellen, ob der Sinusknoten als Schrittmacher funktioniert oder nicht, ob der Herzrhythmus regelmäßig, zu langsam oder zu schnell ist.
Das Langzeit-EKG
Manche Herzrhythmusstörungen treten nur gelegentlich auf und können während der kurzen Dauer eines normalen EKGs nicht erfasst werden. Deswegen gibt es das Langzeit-EKG, auch Holter genannt.
Die EKG-Elektroden werden am Körper des Betroffenen befestigt und für 24 Stunden dort belassen. Während der Patient seinen alltäglichen Pflichten nachgeht, wird die Herzaktivität kontinuierlich aufgezeichnet und danach vom Experten bewertet. Der Patient wird auch gebeten, eventuelle Beschwerden und ihre genaue Uhrzeit aufzuschreiben. So kann der Arzt beurteilen, ob die Beschwerden mit Herzrhythmusstörungen zusammenhängen.
Das externe und das implantierbare EKG
Dabei handelt es sich um patientengesteuerte EKG-Geräte. Der Patient kann das externe EKG-Gerät tagelang tragen und drückt einfach auf einen Knopf, wenn er Symptome spürt. Das implantierbare EKG wird in Form eines Mikrochips unter die Haut eingesetzt und kann jahrelang dort bleiben. Beide Versionen gibt es auch in automatischer Ausführung: Moderne ,clevere‘‘ Geräte nehmen die Herzrhythmusstörung selbständig wahr und zeichnen sie auf, ohne dass ein Knopfdruck nötig ist.
Das Belastungs-EKG
Es gibt Herzrhythmusstörungen, die nur unter körperlicher Anstrengung auftreten. Ein Belastungs-EKG hilft solche Arrhythmien aufzudecken, indem der Patient auf einem Laufband mit den Elektroden am Körper einem vorgeschriebenen Belastungsrhythmusprotokoll folgt. Gleichzeitig wird das EKG aufgezeichnet und der Blutdruck gemessen.
Die Elektrophysiologie
Manchmal ist es wichtig, den Ursprung der Herzrhythmusstörung millimetergenau festzustellen, was mit der elektrophysiologischen Untersuchung möglich ist. Ein feiner Katheter wird unter Lokalanästhesie in eine Vene im Leistenbereich eingeführt und bis zum Herzen vorgeschoben. An der Spitze des Katheters befindet sich eine Elektrode, die die elektrischen Eigenschaften jedes Herzenswinkels abklären kann.
Weitere Untersuchungen dienen der Ursachenfindung, wenn der Verdacht besteht, dass eine andere Herzerkrankung hinter der Herzrhythmusstörung steckt. Zum Beispiel sind Brustkorbröntgenbilder, Ultraschalluntersuchungen des Herzens oder sogar eine Magnetresonanztomographie manchmal für die Diagnostik nötig.
Bei einigen Herzrhythmusstörungen, zum Beispiel bei den Extrasystolen ohne Hintergrunderkrankung, ist selten eine Behandlung nötig. Der Verzicht auf Koffein, Rauchen und Alkohol sowie die Stresskontrolle, das Vermeiden von schweren Mahlzeiten und der übermäßigen Einnahme von Abführmitteln lassen die Probleme meistens verschwinden. Ursachen wie zum Beispiel eine Schilddrüsenüberfunktion, Fieber oder Blutarmut werden gesondert behandelt. Es gibt unterschiedliche Therapiemöglichkeiten, die sich nach der Art und der Ursache der Herzrhythmusstörung richten.
Vagusmanöver: die Selbsthilfe
Die Vagusmanöver können den Herzrhythmus durch Anregung des autonomen Nervensystems in einigen Fällen normalisieren. Der Arzt zeigt Ihnen, wie das gelingt, zum Beispiel mit ein paar großen Schlucken kalten Wassers oder mit der Bauchpresse, auch Valsalva-Manöver genannt. Viele Menschen können auf diese Weise ihre Tachykardien einfach und gefahrlos selbst beenden. Dass auch Husten gegen Herzrhythmusstörungen hilft, wird bezweifelt.
Medikamentöse Therapie
Es gibt zahlreiche Medikamente, sogenannte Antiarrhythmika, die gespritzt werden und eine Herzrhythmusstörung schnell beenden, oder aber regelmäßig eingenommen werden müssen, damit die gefährliche Arrhythmie nicht wieder auftritt.
Wenn das Vorhofflimmern länger als 48 Stunden dauert, bekommt der Patient zusätzlich Medikamente, die gerinnungshemmend wirken, damit sich das Embolie-Risiko vermindert.
Katheter-Ablation
Ist die genaue Stelle im Herzen bekannt, die eine Herzrhythmusstörung verursacht, kann sie der Arzt über einen speziellen Katheter mit Hochfrequenzstrom durch Erhitzung zerstören, was in vielen Fällen zur Heilung führt. Die Methode wird bei supraventrikulären Tachykardien, bei Vorhofflimmern und bei ventrikulären Tachykardien angewendet.
Externe Defibrillation und Kardioversion
Bei einer ventrikulären Tachykardie und Herzstillstand kann man mit der externen Defibrillation Leben retten. Mit zwei auf die Brustwand gehaltenen Elektroden werden Stromstöße angegeben und der normale Herzrhythmus kann wiederhergestellt werden. Automatische externe Defibrillatoren gibt es überall, auch in Einkaufszentren, Sporthallen oder Bahn-Stationen. Sie können auch von Laien bedient werden.
Für die Behandlung des Vorhofflimmerns muss der Vorgang allerdings geplant werden und stationär stattfinden. Der Grund ist das Embolie-Risiko, das im Moment der Wiederherstellung des normalen Sinusrhythmus am höchsten ist. Zur Vorbeugung der schwerwiegenden Komplikation bekommt der Patient vorher gerinnungshemmende Medikamente und die Defibrillation, in diesem Fall Kardioversion genannt, findet unter Narkose statt.
Herzschrittmacher und Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator
Künstliche Herzschrittmacher sind besonders bei Bradykardien von Nutzen, werden aber auch bei Tachykardien mit einer verlangsamenden Funktion eingesetzt.
Der implantierbarer Kardioverter-Defibrillator ist ein elektronisches Gerät mit einer oder mehreren Herzsonden, das unter Narkose unter der Haut befestigt wird und den Herzschlag über einen Mikrochip überwacht. Tritt eine ventrikuläre Tachykardie, ein Kammerflimmern oder ein Herzstillstand auf, gibt das Gerät einen Stromimpuls über die Sonden an das Herz ab und der normale Herzschlag wird wiederhergestellt.
Die Mehrzahl der Herzrhythmusstörungen erlaubt ein völlig normales Leben. Sollten Sie relevante Symptome haben, wenden Sie sich an Ihren Arzt, der klären wird, ob es sich um eine harmlose oder eine gefährliche Form handelt. Harmlose Herzrhythmusstörungen sollten Sie als kleine Fehlzündungen des Herzens betrachten, die bei vielen Menschen mit bester Gesundheit vorkommen.
Kompetenznetz Vorhofflimmern
Deutsche Herzstiftung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz-Kreislauf-Forschung
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
[Deutsche Gesellschaft für Prävention und Rehabilitation von Herz- und Kreislauferkrankungen
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