Ein Problem ist, das Herzbeschwerden bei Frauen weitaus weniger typisch sind als bei Männern. Der typische drückende und beengende Brustschmerz besteht oft nicht bei Frauen, die schon einmal eher über diffuse Oberbauchbeschwerden klagen, die dann zu Verzögerungen der Behandlung führen. Und diese ist so wichtig, wie sich die Deutsche Herzstiftung in der Aufklärung der Bevölkerung bemüht. „Time saves muscle“ - Zeit rettet Muskel; umso eher ein akuter Herzinfarktpatient zur effektiven Herzkathetertherapie (Wiedereröffnung der Herzkranzarterie) gelangt umso höher die Überlebensrate und die Wahrscheinlichkeit, möglichst viel Herzmuskel zu erhalten.
In der Diagnostik weisen Frauen das Problem auf, dass Sie z.B. im Belastungs-EKG sehr häufig falsch positive Befunde aufweisen, d.h. man sieht EKG-Veränderungen wie sie recht typisch für eine Mangeldurchblutung des Herzmuskels sind, einzig sind Sie aber verräterisch, da Sie ohne vorliegender Mangeldurchblutung auftreten. Dieses Phänomen tritt sehr viel häufiger als bei Männern auf und kann unter Umständen ein Übermaß an weitergehenden Untersuchungen auslösen, die im schlimmsten Fall eine Gefährdung der Frauen mit sich bringen.
Schließlich zeigt sich bei der Therapie des Herzinfarktes, dass Frauen weitaus weniger mit Herzkatheter behandelt werden als Männer. Frauen sind bei der Anwendung solcher Verfahren meist älter (allein das erhöht das Risiko des Eingriffs), es handelt sich um mehr Notfalleingriffe (auch das erhöht das Risiko des Eingriffs), die Komorbiditäten, also begleitenden Erkrankungen, sind höher (Diabetes, Bluthochdruck). Ein Problem scheint auch zu sein, dass Frauen kleinere Herzkranzarterien haben, die die Proceduren komplikationsträchtiger machen. So kommt es dazu, dass die Rate an Komplikationen der Herzkatheterintervention bei Frauen höher ist als bei Männern. Wenn es zur Bypass-Operation kommt, so haben Frauen geringere Offenheitsraten der Bypässe, sie sind weniger beschwerdefrei danach, es kommt zu mehr Komplikationen und Herzschwäche, höheren Reoperationsraten und die Hospitalmortalität ist mehr als doppelt so hoch. Erfreulich ist, dass sich diese ungünstigen Verhältnisse in der letzten Zeit reduziert haben, was auf die medizintechnische Entwicklung und die Verbesserung der fachärztlichen Expertise zurück zu führen sein dürfte.
Zu den grundsätzlichen Aussichten nach Herzinfarkt kommt es bei Frauen zu einer höheren Todesrate des Herzinfarktes bis zum Alter von ca. 75 Jahren, was sich danach wieder gering umdreht (Vaccarino V, et al. New England Journal of Medicine 1999).
Zusammenfassend ist aufgrund der wissenschaftlich Daten davon auszugehen, dass Frauenherzen in der Tat „anders schlagen“ als die von Männern. Nach den Europäischen Leitlinien der Herzkreislaufprävention ist aber eindeutig belegt, dass das Risiko dennoch ähnlich dem von Männern erheblich reduziert werden kann. Dies wird erreicht, wenn nicht geraucht wird, ein körperlich aktives Leben geführt wird, Übergewicht gemieden wird als auch Achtsamkeit auf einen regulierten Blutdruck und Cholesterinspiegel gelegt werden (Evidenzklasse I).
Bei aller Unterschiedlichkeit bei Symptom, Untersuchungsbefund und Therapie, die rein medizinisch eine geschlechtsspezifisch größere Herausforderung des weiblichen Herzens darstellt, ist in präventiver Hinsicht der Schutz des Herzens bei Frauen und Männern gleich. Lassen Sie an eine Aussage einer der weltweit wichtigsten Herz-Kreislauf-Präventionsstudien, die INTERHEART-Studie, erinnern: Wenn ein rundum gesunder Lebensstil hergestellt wird, können wir ca. 80% der vorzeitigen Herz-Kreislauftode verhindern. Hier kommen die Geschlechter medizinisch wieder zu einander, das gilt für Frauen und Männer!
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