Artikel 18/06/2016

Zur Psychologie des Übergewichts - Ursachen und Therapieansätze

Team jameda
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Models, Sportler, Schlagersänger - die meisten von ihnen sind rank und schlank und verkörpern das Schlankheitsideal in unserer Gesellschaft, welches so viel Leid produziert. Es wird gehungert bis zur Magersucht, Diäten werden quasi mit der Brechstange durchgezogen. Doch das Eigentliche - Glück und Zufriedenheit - werden nicht gefunden. Dazu muss man anerkennen, dass Übergewicht - wenn nicht gerade eine organische Ursache dahintersteckt - einer psychischen Dynamik folgt, man denke beispielsweise an das Frustessen mit dem unvermeidlichen Kummerspeck. Sich dann allein auf das körperliche Symptom, die überflüssigen Kilos, zu stürzen, greift ins Leere. Vielmehr liegt oftmals in der Psyche der Schlüssel. Wird die betreffende psychische Dynamik aufgedeckt, öffnet sich in der Regel der Weg für eine Lösung.

Psychische Ursachen von Übergewicht

Alle Menschen sehnen sich nach einem runden, vollkommenen Leben; dieses zu erzeugen, gelingt in sehr verschiedenen Maßen. Jemand, der von Beginn seines Lebens die Erfahrung gemacht hat, wertvoll, einzigartig und willkommen zu sein, wird Vertrauen in sich selbst und in das Leben haben.

Er wird sich nehmen, was er braucht und er wird sich Lebensumstände erschaffen, die ihn zufrieden stellen und manchmal auch glücklich machen. Hat jemand im Gegensatz dazu nicht die eigene Selbstwirksamkeit kennenlernen dürfen, weil die Zusammenhänge in seiner Kindheit und Jugend dafür keinen Raum gaben, wird er in sehr viel bescheidenerem Maße in der Lage sein, sich ein Leben aufzubauen, wie es gut für ihn ist. Dennoch bleibt in ihm stets die Sehnsucht nach Rundheit und Vollkommenheit.

Wenn diese nun nicht nach außen getragen werden kann, bleibt häufig nur die Möglichkeit, die Rundheit im eigenen Körper auszudrücken und sie dort anzulegen. Natürlich wohnt allen Menschen auch ein gewisser Lebenshunger inne - die Lust sich auszuprobieren, neue Erfahrungen zu machen, den eigenen Horizont zu überschreiten.

Da sind Eltern und die Schule oft eher ängstlich und bremsen diesen Entdeckergeist. Mahnungen, was alles passieren kann, Moralappelle und Verbote halten diese Energie zurück. Nun ist es in der Psyche so, dass das Zurückgehaltene eine Wirkung entfaltet und oft ist diese umso stärker, je mehr sie zurückgehalten wird.

So kann es passieren, dass der Lebenshunger sich dort Bahn bricht, wo es kaum Widerstände gibt und wo es gesellschaftlich akzeptiert ist: beim Essen. Statt sich in das Leben mit seinen Abenteuern zu stürzen, stürzt man sich auf Sahnetorten und ergeht sich in Geschmacksorgien.

Die amerikanische Psychologie hat bereits eine Diagnose dafür: Bing (= Gelage) Eating Disorder - eine Essstörung, bei der es zu periodischen Heißhungeranfällen (Fressanfällen) mit Verlust der bewussten Kontrolle über das Essverhalten kommt.

In den bisherigen Betrachtungen ist das Übergewicht immer eine Folge von bestimmten psychischen Konstellationen. Denkbar ist jedoch auch, dass das Übergewicht eine spezifische Funktion im Leben des Betroffenen hat. Wer z.B. sehr sensibel ist und wer außerdem über keine adäquaten Möglichkeiten verfügt, sich der gelegentliche Härte des Lebens zu widersetzen, unterliegt leicht der Versuchung, sich einen „Speckmantel“ als Schutz zuzulegen.

Egal ob es sich um widrige Umstände oder um unangenehme Zeitgenossen handelt, sie prallen einfach an dem Fett ab. Gleichzeitige kann man hier von einer externalisierten Verdauung sprechen. Statt sich mit den Einflüssen der Außenwelt auseinanderzusetzen und sie psychisch zu verarbeiten und gewissermaßen zu verdauen, werden diese Einflüsse auf einer körperlichen Ebene abgewehrt - der Mensch bleibt dadurch im Kern unberührt.

Doch vom Leben unberührt zu bleiben, macht unzufrieden. Hinter der oberflächlichen Unverbindlichkeit entsteht der schon bekannte Hunger nach Leben, der wieder auf der körperlichen Ebene ausgelebt wird. Der Teufelskreislauf nimmt seine Fahrt auf. Eine weitere mögliche Funktion des Übergewichts, die hier zur Sprache kommen soll, ist der Ausgleich von Stress durch eine rundliche Gemütlichkeit.

Welche Rolle spielt Stress beim Thema Übergewicht?

Wer viel Stress auf der Arbeit und/ oder in der Familie erfährt, könnte versuchen, diesen beständig negativ erlebten Anforderungen der Umwelt durch sein Gewicht entgegenzusetzen. Dicke gelten als gemütlich.

Dem Stress wirksam zu begegnen, die Stressursachen zu beseitigen, neue Entspannungstechniken zu lernen - sind alles aufwändige Angelegenheiten. Da ist es leichter, ein äußeres Bild von Gemütlichkeit zu produzieren.

Wie kann man Übergewicht wieder in den Griff bekommen?

Lösungen aus eigener Kraft sind befriedigend und wirken nachhaltig! Manche Power-Diäten versprechen eine Gewichtsreduktion in Windeseile. Meistens klappt das dann nicht. Zusätzlich entsteht der Frust, versagt zu haben. Selbst dort, wo eine starke Abnahme gelingt, ist sie meist nicht nachhaltig. Wirkliche Lösungen brauchen Zeit!

Wie bereits beschrieben, greift die Behandlung des Übergewichts auf rein körperlicher Ebene zu kurz. Ein echter Prozess muss in Gang kommen; es geht darum, grundsätzliche Haltungen und Einstellungen zum Leben zu verändern.

Kampf gegen Übergewicht: Der erste Schritt

Wie bei allen Störungen beginnt die Besserung mit dem Annehmen des Problems. Für Menschen mit Übergewicht bedeutet das, die überflüssigen Kilos nicht länger zu bekämpfen, sondern sie als Teil des eigenen Lebens anzunehmen und auch zu respektieren, dass das Übergewicht eine persönliche Geschichte hat und zur Zeit einfach existieren darf.

Allein diese Einsicht, dass diese ungeliebten Pfunde zum eigenen Körper gehören, hat schon bei vielen Menschen große Erleichterung geschaffen, die die ideale Basis für die nächsten Schritte legte. Im Kern geht es darum, das eigene Leben ins Fließen zu bringen. Das Übergewicht ist materialisierte, abgelagerte Lebensenergie. Dieses Überschwängliche auszuleben, statt es anzustauen - darum geht es!

Die Beschäftigung mit den eigentlichen Fragen des Lebens, die Beschäftigung mit Spiritualität, Philosophie und Religion hilft, das Leben zu entfalten und rund zu machen. Sich auf eine höhere Ordnung zu beziehen, löst die Beschränktheit des Alltags und öffnet für befriedigende Gefühle, für neue Lebenslust und Inspiration.

Mit der eigenen Person auseinandersetzen

Jeder Mensch entwickelt auf die Herausforderungen des Lebens seinen persönlichen Charakter. Dieser Charakter ist gewissermaßen das Programm, mit dem wir dem Leben begegnen. Wie jedes Programm ist unser Charakter einseitig.

Immer gibt es weitere Aspekte unserer Persönlichkeit, die irgendwo in der Tiefe unserer Persönlichkeit schlummern. Und wie Kellerkinder sehnen sich diese ungelebten Begabungen nach Erlösung.

Es geht also immer auch darum, bisher ausgeschlossene Aspekte der eigenen Persönlichkeit entdecken und im Alltag zu leben. Diese Erweiterung unserer Lebenskreise schafft innere Erfüllung, die dann die Überfüllung mit Kalorien und Fett erübrigt.

Etwas Erfüllendes in Beruf und Partnerschaft zu finden, ist zudem eine Aufgabe, die Mühe macht und tiefe Zufriedenheit bringt, weil man hier erlebt, wie man sich selbst verwirklicht.

Fazit

Kommen wir noch einmal auf den Kummerspeck zu sprechen. Hier schlummert also eine gewisse Traurigkeit, keine wirkliche Depression, im Hintergrund. Vergeblich wird versucht, mit Überessen das Symptom zu beheben und tatsächlich: im Moment der Nahrungsaufnahme und kurze Zeit danach scheint das Problem behoben.

Von außen betrachtet ist klar, dass diese Lösung nicht von Dauer sein kann. Dauerhaft kann diese Traurigkeit oder Melancholie nur durch Selbstannahme, durch ein mehr an Liebe aufgehoben werden.

Nun ist klar, dass die hier aufgezeigten Lösungen Zeit brauchen. Es handelt sich um tiefgreifende seelische Prozesse, die eine gründliche Auseinandersetzung mit der eigenen Person erfordern, die oft nur im Rahmen einer unterstützenden Psychotherapie gelingt.

Echte Lösungen sind eben nur im eigenen Inneren zu finden und nicht bei diätischen Produkten. Dafür wirken die inneren Lösungen nach außen und verändern in einer guten Weise das Leben und den eigenen Körper.

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