Artikel 18/02/2025

Vitamin C - Was es kann und für wen es sich lohnt

Dr. med. Kai Grimme Praktischer Arzt, Notfallmediziner, Allgemeinmediziner
Dr. med. Kai Grimme
Praktischer Arzt, Notfallmediziner, Allgemeinmediziner

Vitamin C, auch als Ascorbinsäure bekannt, gehört zu den bekanntesten Vitaminen überhaupt. Dennoch gibt es viele verschiedene Meinungen ob und wieviel davon täglich auf dem Speiseplan stehen sollten oder ob sogar eine tägliche Nahrungsergänzung zu empfehlen ist.

Foto von Obst und Gemüse. In der Mitte liegt eine Kreidetafel auf der "Vitamin C" geschrieben ist.

Vor sehr langer Zeit konnten wir Menschen Vitamin C noch selber herstellen, doch haben wir das im Laufe der Evolution „verlernt“. Viele Pflanzen und fast alle Säugetiere können das aber noch. Um auch heute nicht an der Vitamin C Mangelerkrankung Skorbut zu versterben, reichen 1mg pro Kilogramm Körpergewicht (1mg/kg KG) der täglichen Aufnahme aus. Skorbut ist seinerzeit aber nicht nur die bei Seeleuten gefürchtetste Erkrankung gewesen, sondern auch der Namensgeber für unsere heutige Ascorbinsäure (A Skorbut - also gegen Skorbut). Um damit gegenüber aber allen Widrigkeiten, die dem Körper heute in Form von Stress, Erkrankungen und Giftstoffen begegnen, gewappnet zu sein, ist diese Menge nicht ausreichend. Tiere produzieren z.B. 200mg/kg KG und bei Bedarf noch wesentlich mehr, weshalb es auch Befürworter von sehr hoher täglicher Zufuhr für den Menschen gibt.

Nun hat sich der menschliche Körper aber nicht nur zum schlechten entwickelt, sondern gelernt aus seiner Not eine Tugend zu machen. Er ist auf Zellebene nämlich in der Lage „verbrauchtes“ Vitamin C teilweise zu recyceln. Doch dieser Effekt verliert sich nach einigen Durchläufen zunehmend, so dass der tägliche Bedarf, der zugeführt werden muss dennoch sehr hoch sein kann, zumal eine hohe Aufnahme über die reguläre Nahrung ohnehin als nahezu unmöglich gilt. Man geht davon aus, dass die Vitamin C Aufnahme mit der heutigen Ernährung nur noch knapp 80mg pro Tag beträgt, evolutionär betrachtet lag dies aber mal bei rund 600mg pro Tag. Mengen von 1000mg und auch viel mehr gelten als sicher, müssten aber höchst gezielt mit der Nahrung aufgenommen werden.

Um also nur Mengen von 500-1000mg aufzunehmen oder sogar noch mehr, müsste man sehr gezielt und hohe Mengen an Vitamin C reicher Nahrung zu sich nehmen, was praktisch kaum möglich ist.

Einige Nahrungsmittel mit hohem Vitamin C Gehalt (Angabe pro 100g)

  • 2000mg Camu Camu (eine kleine säuerliche Frucht aus Mittel- und Südamerika)
  • 1500mg Acerola (eine kirschähnliche Frucht aus Mittel und Südamerika)
  • 1250mg Hagebutten
  • 250mg Sanddorn
  • 190mg Schwarze Johannisbeeren
  • 140mg Paprika
  • 110mg Brokkoli
  • 50mg Zitronen

Die begrenzte Resorptionsfähigkeit

Vitamin C wird bereits geringgradig über die Mundschleimhaut aufgenommen, in relevanten Mengen aber dann hauptsächlich im Duodenum und oberen Dünndarm. Bei Störungen der Darmabschnitte oder entzündlichen Darmerkrankungen kann diese Aufnahme massiv beeinträchtigt sein. Doch die Aufnahme über Transportproteine und passive Diffusion durch die Darmschleimhaut ist limitiert. Egal ob Ascorbinsäure aus Lebensmitteln stammt, in Kapselform ist oder aus Brausetabletten kommt, die aufgenommene Menge reduziert sich mit der Menge der Einnahme. In verschiedenen Studien hat sich folgende Aufnahmelimitierung gezeigt:

  • Bei Einnahme von ca. 200mg - werden ca. 85-90% aufgenommen
  • Bei Einnahme von ca. 500mg - werden ca. 65-70% aufgenommen
  • Bei Einnahme von ca. 1000mg - werden ca. 45-50% aufgenommen
  • Bei Einnahme von ca. 12 g - werden ca. 15% aufgenommen

Nicht aufgenommenes Vitamin C wird im Dickdarm verstoffwechselt und kann grundsätzlich zu Beschwerden und Durchfall führen. Im Körper verbrauchtes Vitamin C wird dagegen über den Urin ausgeschieden. Und da wäre auch schon die zweit mögliche Nebenwirkung, nämlich die Bildung von Nierensteinen. Dies gilt grundsätzlich aber erstmal nur für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion sowie bereits bestehenden Nierensteinen oder der Neigung dazu. Dies lässt sich aber entsprechend umgehen, sofern es berücksichtigt wird.

Um die o.g. Hürde der begrenzten Aufnahme und damit auch möglicher Darmbeschwerden zu begegnen, gibt es seit einiger Zeit Vitamin C in liposomaler Form. Diese ist wesentlich besser verfügbar und macht entsprechend kaum Nebenwirkungen. Bei 500mg werden rund 90% aufgenommen. Es ist damit auch die beste und verträglichste Variante um Vitamin C einzunehmen. So lassen sich problemlos z.B. 3x 500mg effektiv aufnehmen.

Vitamin C und seine Bedeutung für den menschlichen Organismus

Vitamin C ist ein unglaublich vielseitiges Vitamin und an entsprechend vielen Vorgängen beteiligt. Die Vermeidung der Skorbut ist bei allen heutigen Erkenntnissen schon fast ein Nebensache. Zu den Hauteigenschaften gehören u.a.:

  • Wirkt antioxidativ
  • Wirkt präventiv gegen Krebs
  • Senkt Cholesterin und Histamin
  • Unterstützt das Immunsystem
  • Unterstützt die Hormon- und Neurotransmitterproduktion
  • Essentiell für die Kollagenbildung, Wundheilung und Geweberegeneration
  • Fördert die Eisenaufnahme
  • Notwendig für den Stoffwechsel verschiedener Aminosäuren
  • Reduziert die Glykosylierung (Verzuckerung) von Proteinen

Die regelmäßige Einnahme von 500mg pro Tag kann einer Studie zufolge auch den Blutdruck entscheidend senken. Dies geschieht aber nicht direkt, sondern dadurch, dass Vitamin C über die Aminosäure Arginin das Stickstoffmonoxyd NO, welches gefäßerweiternd ist, erhöht. Vor allem ist Vitamin C auch in der adjuvanten Tumortherapie sehr erfolgreich. Vor allem bei aggressiven ChemotherapienAlkoholkonsum lassen sich die unerwünschten Wirkungen günstig beeinflussen.

Unter bestimmten Umständen, steigt der Bedarf an Vitamin C aber deutlich an. Dazu gehören:

  • Schwangerschaft
  • Wachstum und im Alter
  • Akuter und Chronischer Stress auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene
  • Rauchen und Alkoholkonsum
  • Chronischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus, rheumatische Arthritis
  • Akute Infektionen
  • Nach Operationen, Knochenbrüchen und Muskelverletzungen
  • Erkrankungen des Magens

Mögliche und unscheinbare Symptome eines Vitamin C Mangels, können sich folgendermaßen äußern:

  • Reduzierte Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Erschöpfung, erhöhte Reizbarkeit
  • Infektanfälligkeit, Parodontose, schlechte Wundheilung
  • Histaminempfindlichkeit /-intoleranz
  • Glieder- und Gelenkschmerzen

Ob ein Mangel vorliegt lässt sich von außen betrachtet nicht sagen, sondern muss im Blut bestimmt werden. Doch Vitamin C ist hoch instabil und die sog. Präanalytik entscheidet über eine korrekte Bestimmung, welche immer im Vollblut als Li-Heparinblut erfolgen sollte. Idealerweise erfolgt nach der Abnahme die sofortige Bearbeitung inkl. Zentrifugieren und Tieffrieren.

Kann eine höhere Dosierung von Vitamin C Vorteile bieten?

Während Vitamin C über die Ernährung aufgenommen werden kann, erreichen die Blutspiegel jedoch eine natürliche Grenze. Durch die neue Form in liposomaler Darreichung lässt sich zwar eine beachtliche Steigerung erreichen, doch durch Vitamin C Infusionen können noch wesentlich höhere Konzentrationen erreicht werden. Dies kann unter Umständen einige Vorteile bieten, vor allem auch, wenn der Bedarf gerade besonders hoch ist und die Aufnahme durch z.B. entzündliche Darmerkrankungen nicht gewährleistet ist.

  • Stärkere antioxidative Effekte
  • Förderung der Wundheilung- und Regeneration
  • Günstige Beeinflussung bei chronischen Erkrankungen
  • Als Adjuvans im Rahmen einer Chemotherapie

Die Hochdosis-Vitamin-C Infusion in der Krebstherapie - Ein Sonderfall

Eine ganz besondere Stellung nimmt die sogenannte Hochdosis-Vitamin-C-Therapie ein, die vor allem in der komplementären Krebstherapie immer wieder genannt wird. Der Grund ist verblüffend, denn in sehr hohen Konzentrationen entfaltet Vitamin C keinen antioxidativen Effekt mehr, sondern plötzlich einen prooxidativen Effekt. Auf Grund vollständig umgestellter Stoffwechselaktivität von Krebszellen, können diese im Idealfall kurzfristig die oxidative Kapazität durch Bildung von Wasserstoffperoxid nicht mehr beherrschen und werden in den Zelltod gezwungen. Die normalen Zellen, können mit anderen Antioxidantien der Situation aber Herr werden und nehmen dadurch keinen Schaden. Ob man als Patient dafür in Frage kommt, ob der Tumor im Speziellen dafür geeignet ist usw. muss jeweils im Einzelfall genau und differenziert betrachtet werden. Dabei ist auch zu berücksichtigen in welchem Zellzyklus sich die Tumorzellen gerade befinden und ob gerade eine begleitende Chemotherapie stattfindet. Die oft angebotenen Infusionen mit 7,5g -15g sind keine Hochdosis Therapie und reichen für den genannten Effekt bei einem Erwachsenen nicht aus. Die Dosierungen beginnen hier bei 500mg - 1000mg pro kg Körpergewicht. Die erforderlichen Dosen können daher 30-100g (je nach Körpergewicht) betragen.

Fazit und praktische Relevanz

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Vitamin C eine entscheidende Rolle in unserer Gesundheit und der Prävention von Erkrankungen spielt. Der eingeschränkte Blickwinkel auf die Vermeidung von Skorbut ist nicht mehr zeitgemäß. Relevante Mengen mit der Nahrung aufzunehmen ist nicht ohne Bemühungen zu erreichen, eine solide Versorgung bei einer stressarmen Lebensweise aber durchaus möglich. Wer bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten schnell Vitamin C zuführt, kann die bereits eingetretenen Defizite schnell beseitigen und die Symptome sowie die Krankheitsdauer verkürzen. Wer Vitamin C zur täglichen Ernährung zuführt sollte mittelfristig auf die liposomale Darreichungsform wechseln. Die maximale Aufnahme pro Kapsel sollte bei 500mg liegen, dies kann 2-3 mal pro Tag wiederholt werden.

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