Um das zu verstehen müssen wir ein wenig Einblick in die Anatomie, also den Bauplan der Venen nehmen.
Die unterschiedlichen Venengruppen im Bein
Ganz grundsätzlich gibt es zwei sehr stark sich unterscheidende Venengruppen im Bein:
• Innere Venen
• Äußere Venen
Während die inneren Venen (auch tiefe Venen oder Leitvenen genannt) wenige aber dicke Venen im Inneren der Beine zwischen den Muskeln sind, liegen die äußeren Venen außerhalb der Muskeln unter Haut und sind sehr dünn und sehr zahlreich.
Mehr als 90 % des venösen Blutes soll auf seinem Weg zurück zum Herzen durch die inneren Venen fließen.
Der Rest durch die Äußeren. Während die meisten äußeren Venen nur etwa einen Millimeter stark sind, gibt es zwei Venen, die etwas dicker sind (nämlich 2–3 Millimeter) und die wir deshalb \‘Stammvenen\’ nennen. Es sind die Große Rosenvene (Vena saphena magna) an der Beininnenseite, vom Innenknöchel bis zur Leiste reichen, wo sie in das innere System mündet und die Kleine Rosenvene (Vena saphena parva) auf der Außen- und Rückseite der Wade, welche meist im Bereich der Kniekehle in das innere System mündet.
Zwischen den beiden Venengruppen bestehen sehr zahlreiche Kurzschlüsse in Fortm kurzer, krummer Verbindungsvenen, die man in der Medizin \‘Perforansvenen\’ nennt, weil sie die Muskulatur \‘perforieren\’. In diesen Kurzschlüssen fließt das Blut beim Gesunden stets von außen nach innen.
Damit das Blut effizient herzwärts fließen kann ist die unten beschriebene \‘Muskelpumpe\’ von sehr großer Bedeutung.
Funktionsweise der Venengruppen und der Venenklappen
Um zu gewährleisten, dass das Blut stets in die richtige Richtung (herzwärts), also nach oben und nach innen und nicht fälschlich von oben nach unten oder innen nach außen fließt, besitzen alle Venen alle paar Zentimeter Venenklappen: wir haben also Hunderte von Venenklappen in jedem Bein.
Um sich die Dimension einmal vorzustellen ein Beispiel: die Große Rosenvene trägt meist zwischen 15 und 20 Klappen auf Ihrem Weg zur Leiste. Diese Venenklappen sind dünne Häute, die beim Fluss des Blutes in die gewünschte Richtung zur Seite gedrückt werden und sich beim Rückfluss in die falsche Richtung wie Segelchen blähen und von beiden Seiten der Venenwand kommend diesen Rückfluss verhindern.
Die \'Muskelpumpe\'
Da die inneren Venen (Leitvenen) zwischen den Muskeln der Beine liegen, werden sie bei deren Anspannung – also etwa beim Gehen – gequetscht und „ausgemolken“. So kommt das Blut – immer vorausgesetzt, es besteht ein funktionierender Klappenapparat in dieser Venengruppe – nach oben in Richtung Herz in Bewegung.
Dieser Mechanismus wird noch durch eine sehr blutreiches Venengeflecht im Bereich der Fußsohle unterstützt, das direkt in die inneren Venen führt: durch die Abrollbewegung des Fußes beim Gehen (mehr als beim Laufen, weil der Mensch dort überwiegend den Vorfuß belastet) wird dieses Venengeflecht ausgequetscht und erzeugt eine starke Strömung im inneren Venensystem herzwärts.
Es sind an dem sehr komplexen Vorgang des venösen Rückflusses noch andere Komponenten wie bestimmte Verbindungen zu Gelenkstrukturen, etc. beteiligt, deren ausführliche Darstellung aber nicht weiter zur Klarheit beitragen würde.
Weil aber dieses System der Blutrückführung durch Bewegung in der Einheit Unterschenkel-Fuß so extrem wichtig ist, bezeichnet man es vereinfachend auch schon einmal als das „zweite Herz“.
Weil beim Stehen und Sitzen (womit wir in den Industriestaaten nun einmal den Großteil des Arbeitstags verbringen) dieses „zweite Herz“ nicht betätigt wird, nimmt es nicht Wunder, dass die Beine gegen Abend aufgrund des entstandenen venösen Blutstaus anschwellen.
Die ideale Bewegungsart für alle Arten von Gefäßkrankheiten (auch die arteriellen) ist daher das zügige Gehen. Sehr empfehlenswert ist auch das – korrekt ausgeführte – Nordic Walking: aber bitte eben richtig erlernt und ausgeführt, sonst ist es einem Spaziergang nicht überlegen.
So werden Venen krank
Nun sind leider die Strukturen der Venenwände und Venenklappen dem Verschleiß unterworfen und werden nicht ersetzt, wenn sie einmal kaputt sind. Genetisch vorbestimmt geschieht das beim Einzelnen früher, öfter, ausgeprägter als beim anderen Individuum.
An den Verknüpfungsstellen des äußeren mit dem inneren System - also z.B. an den Mündungen der beiden Stammvenen aber auch an den „Perforansvenen“) gibt es immer besonders wichtige und kräftige Klappenpaare, die hier den Rückstrom aus der Tiefe ins dünnere oberflächliche System verhindern sollen.
Genau hier beginnt in der Regel dann auch die Erkrankung der oberflächlichen Venen: wenn ein solches Klappenpaar etwa am Übergang der Großen Rosenvene in die tiefe Beinvene (Vena femoralis) verschleißt, drückt das Blut aus dem großkalibrigen inneren System in das dünne oberflächliche System und führt dort zu einer Überlastung.
Infolge dieser Überlastung gehen die Venenklappe der betroffenen oberflächlichen Vene (hier also der Großen Rosenvene) von oben nach unten immer mehr kaputt und die Vene erweitert sich und – transportiert dann kein Blut mehr nach oben, weil ihr eben die Klappen fehlen.
Diese Erkrankung der Großen Rosenvene durch einen defekten Mündungsklappenapparat kann man als „klassisches“ Beispiel für eine so verursachte „Stammvarikosis“ anführen – zugleich ist sie auch die häufigste Form.
Was passiert wenn man diese kranken Venen nicht behandelt?
Durch den Stau an „verbrauchtem“ Blut, welches ja nach der Gewebspassage sauerstoffarm und schlackenreich und angesäuert ist, im Bereich der Unterschenkel, wo es sich infolge der Schwerkraft sammelt, kann es von Wasseransammlungen (Ödemen - über Juckreiz bis zur Thrombose oder sogar dem Untergang von Haut und Unterhaut, also dem offenen Bein, kommen.
Werden die kranken oberflächlichen Venen hingegen auf die eine oder andere Weise ausgeschaltet oder entfernt, zirkuliert das Blut wieder besser.
Können die inneren Venen auch krank werden?
Leider ja. Auch die Klappen der inneren Venen können defekt sein – wenngleich sehr viel seltener, als die der äußeren, wenngleich bestimmte Zusammenhänge bestehen.
Wenn der innere Klappenschaden und damit die „inneren Krampfadern“ ausgeprägt sind, kann man diese Venen nicht ausschalten und auch heute noch nur in sehr wenigen Fällen mittels sehr aufwendiger Operationen behandeln, was wiederum bei nicht allen Behandelten zum gewünschten Erfolg führt. Hier bleibt leider tatsächlich oft nur eine Kompressionsstrumpf-Behandlung.
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