Artikel 19/02/2023

Krampfadern – modern und schonend behandeln

Dr. med. Jörg Fuchs Facharzt für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurg, Phlebologe
Dr. med. Jörg Fuchs
Facharzt für Allgemeinchirurgie, Gefäßchirurg, Phlebologe
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Es gibt immer wieder neue Verfahren, die damit werben mit neuester Technik möglichst schonend Krampfadern zu behandeln. Meistens sind es jedoch Abwandlungen der bisher bereits bekannten Verfahren. Oft kommen technisch überarbeitete Laser- oder Radiowellenkatheter zum Einsatz.

Früher gab es Laserkatheter, die nur nach vorne abstrahlten, nun wird das Laserlicht standardisiert kreisförmig auf die Venenwand abgegeben. Auch erfolgten Austestungen verschiedener Lichtenergien (Wellenlängen). Bei der Radiowelle wurden die Katheter-Spitzen verändert, so dass mittlerweile nicht mehr nur fünf Zentimeter, sondern sieben Zentimeter mit einem Energiestoß erhitzt werden.

Alle diese thermischen Katheter-Verfahren haben die Gemeinsamkeit, dass sie mit Hitze arbeiten, also mit 120°Celsius. Hitze schmerzt, deshalb ist eine Betäubung erforderlich und da es auch zu Schwellungenkommen kann, ist eine nachfolgende Kompression ebenfalls notwendig. Auch thermische Verletzungen der direkt umliegenden Lymphwege und Nerven sind einzukalkulieren.

Gängige Methoden zur Behandlung von Krampfadern

Als Goldstandard wird in vielen ambulanten Operationszentren immer noch die Stripping-Operation angeboten, also dass chirurgisch-operative Entfernen der Krampfadern in Narkose und mit einer nachfolgenden Kompression bis hin zu acht Wochen. Teilweise wird diese Behandlung stationär mit Übernachtung in einer Klinik durchgeführt.

Des Weiteren werden auch sogenannte venenerhaltende Operationen angeboten, bei denen Kunststoffpatches an der Leistenmündung der großen Stammvene, der Vena saphena magna, wie ein Schal um die Krampfader geschlagen werden, ein sich nie wieder auflösender Kunststofflappen.

Hiermit soll die Vene erhalten werden, um sie vielleicht als Ersatzteillager bei anderen Gefäßoperationen (Bypass) verwenden zu können. Eine als Krampfader klassifizierte Vene ist jedoch nicht mehr zu verwenden. Eine prophylaktische OP in frühen Krampfaderstadien ist keinesfalls indiziert, denn es handelt sich bei der chronisch venösen Insuffizienz um eine chronische Erkrankung.

Eine weitere Behandlungsmethode, die in den AWMF-Leitlinien (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaft) beschrieben wird, ist der Venenkleber, der seit 15 Jahren schon in den europäischen Behandlungsrichtlinien verankert ist. Hierbei handelt es sich um einen Akrylatkleber, ein Medizinprodukt, welches bereits seit den 1960er Jahren in der Medizin eingesetzt wird. Patienten mit Speiseröhrenkrampfadern bei Leberzirrhose wurden bereits in den 1980er Jahren damit erfolgreich und nachhaltig therapiert.

Seit Ende der 90er Jahre kann jeder in der Apotheke Sprühpflaster kaufen, einen Histoacrylkleber, um damit frische Wunden abzudecken. In der Krampfaderbehandlung kam der Kleber erst spät zum Einsatz. Diesen innovativen Ansatz hatte man schlichtweg nicht im Auge, da es ja genügend Alternativen gab.

Was macht den Venenkleber so interessant?

Es ist schlichtweg der Komfort für den Patienten und die technisch einfache Handhabung in geübten Händen. Zunächst vorweg nochmals eine kurze Einordnung. Bei diesen Symptomen sollten sich Patienten bei einem Spezialisten vorstellen:

  • Krampfadern
  • schwere, müde Beine
  • Offene Hautstellen
  • Juckreiz
  • Ruhelosigkeit
  • Schwellungen
  • Krämpfe
  • Schmerzen

Zu welchem Spezialisten sollte der Hausarzt schicken oder bei wem vereinbart der Patient einen Termin?

Immer wieder kommt es zu Verwechslungen. Nicht beim Venerologen solle sich der Patient vorstellen, denn es handelt sich um Dermatologen und Fachärzte für Haut- und Geschlechtskrankheiten. Richtig ist der Phlebologe, der Experte auf dem Gebiet der Erkennung und Behandlung von Gefäßerkrankungen, insbesondere von Venenerkrankungen wie Venenentzündungen, Krampfadern und Hämorrhoiden.

Wenn der Patient nun beim richtigen Spezialisten war, die Diagnose Krampfadern gestellt wurde und der Patient sich für den Venenkleber entschieden hat, was erwartet ihn nun im Vergleich zu den anderen Vorgehensweisen?

  • ein Nadelstich; nur eine örtliche Betäubung, keine Narkose
  • keine Kompressionsstrümpfe nach der Behandlung
  • keine Einschränkungen

Der Patient kommt selbstständig in das OP-Zentrum, zu Fuß, mit der Bahn, dem Rad oder dem Auto, muss nicht nüchtern sein. Die Vene wird verklebt. Dazu wird wie bei einer richtigen OP alles steril abgedeckt und der Operateur ist auch entsprechend eingekleidet. Der Arzt kann sich die ganze Zeit mit seinem Patienten unterhalten, ihn teilhaben lassen oder durch sein Gespräch ablenken.

Meistens ist nach dreißig Minuten, wenn nur ein Bein behandelt wird, alles vorbei. Bei zwei Beinen duert die Prozedur etwas länger. Dann zieht der Patient sich an und geht nach Hause, und kann dann bereits wieder seinem Alltag nachgehen. Weder ein Stützstrumpf noch eine Ruhephase sind nach dem Eingriff notwendig.

Individuelle Risiken, weshalb der Patient nicht zum Kleber-Eingriff kommen darf, gibt es nicht. Also weder das Alter, ein Diabetes oder Herzschrittmacher, eine Marcumar-Therapie, selbst offene Beine (Ulcus cruris) stellen keinen Hinderungsgrund dar. Die Resultate aller Verfahren sind hervorragend. Vom Kleber bis zur Stripping-OP: Nach fünf Jahren ist bei circa 96 Prozent immer noch ein hervorragendes, Rezidiv-freies Ergebnis zu sehen.

Der Kleber verbleibt nicht im Körper, wie immer wieder unbewiesen behauptet wird. Er wird biologisch abgebaut, verstoffwechselt, ausgeschieden. Wer als Betroffener keine Narkose, keine Klinik, keinen Kompressionsstrumpf und keine Hautschnitte wünscht, für den sollte die Wahl klar sein.

Warum wird diese Methode nur in einzelnen Zentren angeboten wird?

Viele Venenpraxen und ambulante OP-Zentren verfügen über einen Apparat, der seit Jahrzehnten funktioniert. Eingriffe ohne Narkose passen da noch nicht. Auch die Kostenträger sind entscheidend. Wenn endovenöse Verfahren, und dazu gehört auch der Venenkleber, nur vereinzelt über Integrierte Versorgungsverträge abgerechnet werden können, ist es häufig für die OP-Zentren logistisch einfacher, zu operieren, anstatt zu katheterisieren, insbesondere zu kleben.

Wenn die gesetzlichen Krankenkassen von ihrem satzungsgemäßen Recht der Einzelfallentscheidungen Gebrauch machten, könnten sie Geld einsparen und ihre Versicherten wären auch schnell wieder fit, denn nach dem Venenkleber dürfen sie sofort alles. Vielleicht nicht am selben Tag in die Sauna. Aber das ist ja Geschmacksache.

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