Artikel 28/07/2017

Über- und Unterernährung in Deutschland: Ursachen, Symptome und Folgen

Team jameda
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Laut statistischem Bundesamt sind über 50 % der Deutschen übergewichtig. Gleichzeitig leidet jeder vierte Krankenhauspatient in Europa an Unterernährung. Lesen Sie, was Über- und Unterernährung bedeuten und was dagegen hilft.

Definition

Über- und Untergewicht lassen sich anhand des BMIs ermitteln. Der BMI (Body Mass Index) ist eine Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts in Relation zur Körpergröße und kann anhand der folgenden Formel berechnet werden:
BMI = Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch Körpergröße in Metern zum Quadrat

So lässt sich das Gewicht einteilen:

Untergewicht: BMI < 18,5
Normalgewicht: BMI 18,5 - 24,9
Übergewicht: BMI 25 - 29,9
Adipositas Grad I: BMI 30 - 34,9
Adipositas Grad II: BMI 35 - 39,9
Adipositas Grad III: BMI ≥ 40

Darüber hinaus ist auch der Taillenumfang wichtig, weil er laut relevanten Studien häufig mit Begleiterkrankungen verbunden ist. Ist der Taillenumfang bei Männern größer als 94 und bei Frauen größer als 80 Zentimeter, ist das Risiko für metabolische und kardiovaskuläre Komplikationen erhöht. Bei Taillenumfängen über 88 beziehungsweise 102 Zentimetern ist das Risiko noch größer.

Ursachen der Unterernährung

Bei Unterernährung wird dem Körper weniger Energie zugeführt, als er durch Grundumsatz und körperliche Aktivität verbraucht. Die Folge: Gewichtsreduktion. Unterernährung bei Kindern verursacht Beeinträchtigungen der körperlichen und geistigen Entwicklung, zusätzliche schwere Erkrankungen und möglicherweise auch den Tod.

Ursachen für Unterernährung sind die unzureichende Nahrungsverfügbarkeit, mangelnde Kenntnis der richtigen Ernährung und Essstörungen, wie zum Beispiel die Magersucht und die Bulimie.

In Europa leidet zudem jeder vierte Krankenhauspatient an Unterernährung, die zu erhöhten Sterberaten, langen Krankenhausaufenthalten und schlechter Lebensqualität führt. Die meisten Betroffenen sind stark betagt und können nicht mehr richtig kauen oder schlucken, haben Schwierigkeiten, sich Nahrungsmittel zu besorgen oder leiden an Appetitlosigkeit oder Depression.

Bestimmte organische Erkrankungen, wie zum Beispiel Weizen- oder Kuhmilchunverträglichkeit, chronischer Durchfall, Herzschwäche, chronische Leber- und Nierenerkrankungen, bösartige Tumoren oder Schilddrüsenstörungen verursachen auch Untergewicht.

Essstörungen wie Magersucht und Bulimie sind psychische Störungen, die entweder durch unzureichende Nahrungsaufnahme oder selbst ausgelöstem Erbrechen zu erheblicher Gewichtsabnahme führen. Darüber hinaus ist der Missbrauch von Appetitzüglern, Abführmitteln und Diuretika typisch für Essstörungen, genauso wie übermäßige sportliche Aktivität.

Die Magersucht tritt bei weniger als 1 % der jungen Frauen auf und führt zu schweren Komplikationen. Selten sind auch Männer betroffen. Sehr oft beginnt die Erkrankung mit einer Diät, die außer Kontrolle gerät. Die Betroffenen haben eine gestörte Körperwahrnehmung. Sie denken, sie sind zu dick, obwohl sie Untergewicht haben. Zudem haben sie ein gestörtes Selbstwertgefühl, das mit der Kontrolle ihres Körpergewichts zusammenhängt.

Darüber hinaus zeigen relativ neue Studiendaten, dass die Wahl der Nahrungsmittel durch Hirnregionen angetrieben wird, die auch bei Substanzabhängigkeiten aktiviert wird. Folglich ist diese Erkrankung eigentlich eine Sucht.

Die Magersucht zählt zu den psychischen Krankheiten mit der höchsten Sterberate. Etwa 15 % der Erkrankten sterben an den Folgen ihrer Unterernährung oder begehen Selbstmord.

Folgen und Symptome

In der ersten Phase einer Fasten- oder Hungerzeit passt sich der Körper an den Nährstoffmangel an. Die Körperanpassung, auch Hungeradaption genannt, besteht darin, dass der Stoffwechselumsatz auf ungefähr 50 % reduziert wird. Daraufhin verringern sich die Herzfrequenz, der Blutdruck, die Körpertemperatur und der Insulinspiegel.

Zur Deckung des Energiebedarfs und zum Erhalt wichtiger Körperfunktionen werden die eigenen Energievorräte genutzt. Zuerst baut der Körper gespeicherte Kohlenhydrate und Fette ab, danach auch Proteine. Das führt zur Gewichtabnahme, zu Schwächegefühlen und letztendlich zur Kachexie, das heißt zum starken Kräfteverfall, der mit allgenmeiner Schwäche und Blutarmut verbunden ist.

Auswirkungen auf die einzelnen Körpersysteme:

  • Herz und Kreislauf: reduzierte Herzleistung, niedrige Körpertemperatur
  • Abwehrsystem: verzögerte Wundheilung und erhöhte Infektanfälligkeit
  • Muskulatur: reduzierte Muskelmasse und Muskelkraft, zunehmende Schwäche und Gebrechlichkeit
  • Knochen: verminderte Knochendichte
  • Verdauung und Stoffwechsel: Durchfall, Wasseransammlungen an Füßen, Bauch und Gesicht
  • Psyche: Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche, Apathie, Depression

Diagnose und Behandlung

Für die Diagnose untersucht der Arzt folgende Faktoren:

  • Größe, Gewicht, BMI, Gewichtsverlust in den letzten Wochen
  • Erhebung der Anamnese und Einschätzung möglicher Auswirkungen bereits bestehender Erkrankungen
  • Berechnung des Grades der Mangelernährung
  • Ausarbeitung eines Versorgungsplans anhand der medizinischen Leitlinien

Grundsätzlich brauchen unterernährte Menschen eine ausgewogene hyperkalorische, eiweiß-, fett- und vitaminreiche Ernährung. Darüber hinaus müssen Erkrankungen wie Unverträglichkeiten, chronischer Durchfall oder Schilddrüsenstörungen individuell behandelt werden. Wenn eine Essstörung vorliegt, sind langfristige stationäre Psychotherapie und Selbsthilfegruppen ebenfalls wichtig.

Eine Studie an Kindern mit einer schweren akuten Unterernährung in Malawi zeigte, dass eine zusätzliche antibiotische Therapie die Gewichtszunahme verbessert und die Sterberate reduziert.

Sowohl Über- als auch Untergewicht können zu schweren Folgeerkrankungen und zum Tod führen. Während in Entwicklungsländern jeden Tag tausende Kinder verhungern, sind in Deutschland jetzt schon mehr als 50 % der Erwachsenen und 10 - 20 % der Kinder übergewichtig. Kinder sind unsere Zukunft, daher ist es wichtig, sie richtig zu informieren und zu ernähren und ein gutes Vorbild für sie zu sein. Sonst wird Deutschland bald die Nation ,der dicken kranken Menschen‘‘.

Häufigkeit und Symptome der Überernährung

Adipositas gehört zu den größten Epidemien des 21. Jahrhunderts. Die Zahl der übergewichtigen und adipösen Menschen hat sich seit 1980 weltweit verdoppelt und in Europa verdreifacht. Wenn das so weitergeht, wird wohl mehr als die Hälfte der Europäer im Jahr 2030 adipös sein.

Laut statistischem Bundesamt sind über 50 % der Deutschen übergewichtig, davon sind 21 % adipös. Im Jahr 2014 litten 62 % der Männer und 43 % der Frauen an Übergewicht.

Eine Studie aus dem Jahr 2015 zeigte, dass viele Europäer typische Folgeerkrankungen der Adipositas nicht kennen und ihr eigenes Körpergewicht falsch einschätzen:

  • Rund 75 % der Übergewichtigen fühlen sich ,normalgewichtig‘‘.
  • Ungefähr 80 % der adipösen Menschen schätzten sich als ,übergewichtig‘‘ ein.
  • Mehr als die 50 % der Befragten wussten nicht, dass Adipositas das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Schlaganfall erhöht.

Folgen der Adipositas sind schwerwiegende Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Zuckerkrankheit, Atemstillstand beim Schlaf, Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Lebererkrankungen, Schlaganfall, Lungenembolie, Asthma, Arthritis, Krebs und Infertilität.

Zudem ist Adipositas eine stigmatisierende Erkrankung, die von der Gesellschaft nicht akzeptiert wird, was adipöse Menschen oft zum sozialen Rückzug zwingt und psychologische Erkrankungen verursacht.

In Deutschland sind 10 – 20 % aller Kinder und Jugendlichen übergewichtig. Stark übergewichtigen Kindern drohen schon im frühen Erwachsenenalter kardiovaskuläre Erkrankungen, Zuckerkrankheit sowie Nieren – und Lebererkrankungen.

Ursachen der Überernährung

Die Folgen der Überernährung sind Übergewicht und Adipositas. Nicht nur zu viele Kalorien, sondern auch Bewegungsmangel ist in der Regel schuld an den Gewichtsproblemen.

Übergewicht, das innerhalb einer Familie gehäuft auftritt, ist auf genetische Veranlagung und schlechte Essgewohnheiten zurückzuführen. Kinder solcher Familien brauchen bereits als Babys eine ausgewogene Ernährung.

Laut Weltgesundheitsorganisation und der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ist die Adipositas eine endokrine Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit.

Bestimmte Krankheiten und Medikamente wie die mangelnde Funktion der Schilddrüse oder die Einnahme von Kortison führen auch zu Übergewicht und Adipositas. Solche Fälle sind jedoch selten.

Vorbeugung und Behandlung

Die Vorbeugung der Adipositas umfasst eine gesunde und ausgewogene Ernährung kombiniert mit regelmäßiger körperlicher Aktivität. Kinder sind noch stärker von einer ausgewogenen Ernährung abhängig, weil sie noch wachsen.

Bei Adipositas helfen keine Diäten mehr. Auch bei extremer Fettleibigkeit führen herkömmliche Diäten langfristig in der Regel nicht zum gewünschten Ergebnis, denn bei einem BMI von über 40 kg/m2 ist eine Gewichtsabnahme von 50 Kilogramm oder mehr notwendig. Dieses Ziel ist nicht einmal unter strenger Aufsicht von Ernährungstherapeuten und Ärzten zu erreichen, weil der Körper nicht ausgehungert werden möchte und versucht, Energiereserven zu erhalten.

Basierend auf den aktuellen medizinischen Leitlinien sind chirurgische Maßnahmen zur Reduzierung des Übergewichts, auch bariatrische Operationen genannt, unter bestimmten Voraussetzungen die wirksamste Therapie der Adipositas.

Beispiele für solche Eingriffe sind ein Magenbypass, die Bildung eines Schlauchmagens oder eines Magenbandes sowie die Resektion eines Teiles des Magens. Alle relevanten chirurgischen Verfahren haben das Ziel, den Magen zu verkleinern und das hormonbedingte Sättigungsgefühl zu beeinflussen.

Darüber hinaus wird bei den sogenannten ,malabsorptiven‘‘ Verfahren teilweise der normale Verdauungsvorgang beeinträchtig. Der Eingriff bewirkt, dass aus der aufgenommenen Nahrung weniger Nährstoffe in den Körper gelangen.

Die Voraussetzungen für chirurgische Eingriffes sind:

  • BMI ≥ 50 kg/m2
  • BMI ≥ 40 kg/m2, wenn alle konservativen Maßnahmen wie Diät und regelmäßige Bewegung gescheitert sind
  • BMI zwischen 35 und 40 kg/m2 und eine oder mehrere Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Zuckerkrankheit oder Bluthochdruck

Die Wahl des Operationsverfahrens ist immer auf den einzelnen Patienten zugeschnitten.

Bei der Mehrzahl der Patienten führt die Adipositaschirurgie nicht nur zu einem nachhaltigen Gewichtsverlust, sondern auch zur Verbesserung der Lebensqualität und der Begleiterkrankungen. In einer Studie mit adipösen Patienten, die in 169 deutschen Kliniken operiert wurden, sind bei ungefähr 20.000 Patienten folgende Resultate dokumentiert worden:

  • Bei Patienten mit Bluthochdruck:

- bei 27,7 % Verbesserung der Erkrankung und Reduktion der Bluthochdruck-Medikamente
   - bei 36,7% vollständige Rückbildung

  • Bei insulinbedürftigen Patienten mit Zuckerkrankheit:

- bei 37 % bildete sich die Erkrankung vollständig zurück
    - bei 26.4 % verbesserte sich die Erkrankung und die Patienten brauchten weniger Insulin

  • Bei nicht-insulinbedürftigen Patienten mit Zuckerkrankheit:

- bei 55,3% bildete sich die Erkrankung vollständig zurück
   - bei 15.9% verbesserte sich die Erkrankung und die Patienten brauchten weniger Antidiabetika

  • Bei Patienten mit Atemstillstand während des Schlafes:

- vollständige Rückbildung bei 38,1% der Fälle
    - deutliche Verbesserung bei 26,9% der Fälle

Die Studie zeigte auch, dass die Operationsergebnisse im Alter mit einer geringeren Gewichtsreduktion und einer schlechteren Rückbildung der Begleiterkrankungen verbunden sind, weil ältere Patienten in der Regel länger adipös sind, unter mehr Begleiterkrankungen leiden und eine höhere Sterberate aufweisen.

Wegen der sozialen Ausgrenzung leiden viele adipöse Menschen auch psychisch. Ihre Mitmenschen habe kein Verständnis für ihr Übergewicht und meinen, dass sie selbst schuld sein, was nicht immer der Wahrheit entspricht. Hier helfen Selbsthilfegruppen und psychologische Unterstützung.

Links:

Essstörungen - Umfassende Informationen der der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Kinder stark machen… für ein Leben ohne Sucht und Drogen - Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Cinderella - Beratungsstelle für Essstörungen des Aktionskreises für Ess- und Magersucht
Bundes Fachverband Essstörungen
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (Lipid-Liga)
Deutschen Adipositas Gesellschaft
Deutsches Ernährungsberatungs- und -informationsnetz (DEBInet)
Deutsche Gesellschaft für Ernährung
Deutsches Institut für Ernährungsforschung

Quellen:

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