Team jameda
Ein Todesfall, eine Fehlgeburt oder die Trennung vom langjährigen Lebenspartner – die Trauer nach solchen Ereignissen scheint zunächst unüberwindbar. Welchen Weg Trauernde hinter sich bringen müssen, um ihr Leben wieder neu ausrichten zu können, beschreibt die jameda Gesundheitsredaktion in diesem Gesundheitsspecial.
Trauerbewältigung verlangt dem Trauernden viel Arbeit ab
Trauer beschreibt den seelischen Schmerz, den man beim Verlust eines geliebten Menschen oder in ähnlich extremen Situationen durchlebt. Als Trauer wird aber auch der Prozess bezeichnet, in dem man das einschneidende Erlebnis verarbeitet. Diese Trauerbewältigung fordert vom Trauernden einen aktiven Einsatz, die Trauerarbeit. Der Umgang mit Tod, Trauer und Verlust variiert von Mensch zu Mensch, auch die Kultur beeinflusst das Trauerverhalten. Wie lange ein Mensch trauert, hängt ab von der Art des traurigen Ereignisses und von der Fähigkeit des Betroffenen, Krisen zu meistern und das eigene Gleichgewicht wieder herzustellen. Der eine braucht mehr Zeit, ehe er den Schmerz überwunden hat, der andere findet recht schnell einen Weg, Abschied zu nehmen und neu zu beginnen.
Gründe für Trauer: Todesfälle, Trennung, Vertreibung …
Der Anlass für Trauer kann ein Todesfall in der Familie, eine Fehlgeburt oder ein Verlust im Freundes- oder Bekanntenkreis sein. Auch der Tod eines Haustieres schmerzt tief. Die Trennung vom Lebenspartner oder eine Ehescheidung wie auch der Verlust von Heimat durch Krieg und Vertreibung oder das Aufgeben eines lang gehegten Wunsches versetzen Menschen in Trauer. Katastrophen weltweiten Ausmaßes wie Terroranschläge, Verkehrsunfälle mit vielen Opfern oder schwere Verbrechen können neben Fassungslosigkeit auch Trauer auslösen, obwohl man nicht unmittelbar betroffen ist.
Die vier Phasen der Trauer nach Verena Kast
Obwohl jeder Mensch ganz individuell trauert, lassen sich Phasen der Trauer feststellen, die jeder Mensch mehr oder weniger stark durchlebt. Die Schweizer Psychologin Verena Kast hat ein Modell von vier Trauerphasen beschrieben. Es beinhaltet die erste Phase des Nicht-wahr-haben-wollens, danach den Zeitraum, in dem Gefühle verschiedenster Art aufbrechen können. Es schließt sich die Phase des Suchens und Findens an und im letzten Trauerabschnitt kann sich der Trauernde wieder neu orientieren.
Abwehrhaltung: Trauernde wollen das Ereignis nicht wahrhaben
Die erste Reaktion auf ein einschneidendes Erlebnis von Tod, Abschied oder Verlust ist oft eine Art Schockzustand. Betroffene können und wollen das traurige Ereignis nicht akzeptieren. Viele sind wie erstarrt, fühlen sich gelähmt, können nicht einmal weinen. Bis der Trauernde das Ereignis annehmen kann, vergehen einige Tage, bei unerwarteten Ereignissen dauert diese Phase oft einige Wochen.
Wenn Gefühle sich ihren Weg bahnen
In der zweiten Phase erlebt der Trauernde eine Flut von Gefühlen wie Wut, Zorn, Verzweiflung, Angst, Hilflosigkeit und Erleichterung. Die Gefühle können abwechselnd auftreten und äußern sich z. B. durch Wein- und Lachkrämpfe, Toben, Schreien oder Rückzug. Oftmals sucht der Trauernde nach einem Schuldigen. Er macht sich selbst für das Ereignis verantwortlich, aber auch Ärzte, Pflegepersonal, Familienangehörige oder Gott werden mit Schuldzuweisungen konfrontiert. Wichtig für eine erfolgreiche Trauerarbeit ist, die aufbrechenden Gefühle zuzulassen, um sie verarbeiten zu können. Werden die Gefühle verdrängt oder betäubt, überdauern sie und können u. a. Depressionen auslösen. Die Phase der aufbrechenden Gefühle kann einige Wochen bis Monate dauern.
Den Verlorenen suchen, finden und sich wieder von ihm trennen
Für den Trauenden beginnt nun eine Phase des Suchens, Findens und des erneuten Abschiednehmens. Er sucht und findet den Verstorbenen bzw. den vermissten Menschen in seiner Erinnerung, in Fotos und Gegenständen. Auch gemeinsame Freunde, Orte und Rituale führen zum Verstorbenen. Der Trauernde übernimmt Äußerungen und Angewohnheiten des geliebten Menschen, oft führt er Zwiegespräche mit ihm. Vielen Trauernden hilft es, ihre Gedanken und Gefühle in einem Tagebuch festzuhalten. Während dieser Wochen, Monate oder Jahre kann die Trauer immer wieder durchbrechen. Das kann ganz unvorbereitet geschehen oder zu besonderen Anlässen wie Jubiläums-, Geburts- oder Feiertagen. Im Suchen und Finden fühlt sich der Trauernde dem Vermissten oft tief verbunden, zugleich nimmt er erneut Abschied von ihm und lässt ihn an einem speziellen Ort der Erinnerung weiterleben. Nach dieser Phase ist der Trauernde bereit, seinem eigenen Leben wieder eine neue Richtung zu geben.
Neue Träume und Ziele entwickeln
In der letzten der vier Trauerphasen kann der Trauernde sein eigenes Leben wieder in den Mittelpunkt stellen. Er entwickelt Träume und Ziele, oft hat er durch die erlebte Trauer eine neue Lebenseinstellung gewonnen. Die Gewissheit, dass der Vermisste stets ein Teil seiner selbst sein und in der Erinnerung weiterleben wird, gibt dem Trauernden die Freiheit, sich neu zu orientieren.
Wie kann man einen Trauernden unterstützen?
Trauernde brauchen Unterstützung, wie sehr, ist individuell verschieden. Wer helfen möchte, sollte Nähe und Mitgefühl zeigen, viel zuhören und einfach da sein. Praktisch unterstützen kann man z. B. bei der Vorbereitung einer Beerdigung oder bei täglichen Dingen des Haushalts. Brechen Gefühle beim Trauernden aus, sollte man diese zur Kenntnis nehmen, jedoch nicht bewerten. Geht es dem Trauernden zusehends schlechter oder äußert er Selbstmordgedanken, darf man den Betroffenen nicht alleine lassen. In besonderen Situationen, z. B. wenn Kinder einen Elternteil verlieren oder beim Verlust eines Menschen durch Selbstmord, kann eine professionelle Trauerbegleitung sinnvoll sein, hier helfen speziell ausgebildete Trauerbegleiter in allen vier Phasen der Trauer. In der vierten Phase sollte man als Helfer die Neuorientierung des Trauernden fördern und gleichzeitig akzeptieren, dass man als helfende Hand immer weniger gebraucht wird.
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