Team jameda
Es pfeift, piept, zischt oder rauscht und lässt einem keine Ruhe mehr. 5 Millionen Menschen leiden alleine in Deutschland unter einem chronischen Tinnitus und der einzige Kommentar der Ärzte ist häufig immer noch: „Da kann man sowieso nichts machen. Am besten, Sie gewöhnen sich daran“. Dabei gibt es heute viele Möglichkeiten, auch einen chronischen Tinnitus effektiv zu behandeln. Es kommt nur auf das richtige Konzept an.
Erster Schritt ist dabei immer die Aufklärung. Wie bei vielen anderen chronischen Erkrankungen auch muss der Betroffene wissen, was mit ihm geschieht und wie er sich selber helfen kann. Nur so kann er lernen, den Tinnitus zu beherrschen, statt sich vom Tinnitus beherrschen zu lassen. Eine ausführliche Aufklärung bieten z.B. Patientenvorträge.
Anschließend muss ein individuelles Therapiekonzept entwickelt werden, das sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt. Dabei müssen alle Bereiche, die für das komplexe Beschwerdebild eines chronischen Tinnitus verantwortlich sind, berücksichtigt werden, damit die Therapie erfolgreich ist. Vier große Bereiche lassen sich unterscheiden:
Akustische Therapie
Ruhe entsteht für einen Tinnituspatienten paradoxerweise nur durch andere Geräusche. Wie das Schmerzmittel beim Schmerzpatienten unterdrücken sie die Weiterleitung der eigenen Ohrgeräusche und lindern den Beschwerdedruck. Und genau wie bei einem chronischen Schmerzpatienten sollten die Geräusche nicht erst angewendet werden, wenn der Tinnitus stört, sondert präventiv eingesetzt werden.
Gerade in letzter Zeit sind hierfür viele erfolgsversprechende Verfahren entwickelt worden (siehe auch Artikel „Akustische Tinnitustherapie“). So kombiniert eine akustische Therapie verschiedene akustische Verfahren, um bei einem tonalen Tinnitus diesen frequenzspezifisch auf neuronaler Ebene zu unterdrücken. Aber auch eine Hörverbesserung kann, in Fällen einer bereits bestehenden Hörschädigung, den Tinnitus effektiv lindern. Im Falle einer Geräuschüberempfindlichkeit muss diese allerdings vor der akustischen Therapie mit einem Hörtraining behandelt werden.
Vegetative Entspannung
Tinnitus macht Stress und Stress macht Tinnitus. In diesem Teufelskreis bewegen sich viele Tinnituspatienten und entwickelt daher im Laufe der Zeit weitere Symptome wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Reizbarkeit und Verspannungen. Da die Aktivierung des vegetativen Nervensystems auch die Hörverarbeitung negativ beeinflusst und zu einer Verstärkung von Tinnitus und Geräuschüberempfindlichkeit führt, ist sie sozusagen der Lautstärkeknopf für den Tinnitus. Entspannungsmaßnahmen und ein verbessertes Stressmanagement gehören daher zu jeder Tinnitustherapie.
Muskuläre Entspannung
Innere Anspannung verursacht äußere Verspannung. Das ist die Software, die wir noch aus der Steinzeit haben, und die eigentlich dafür sorgen soll, dass wir bei Gefahr schnell reagieren können („fight or flight“). Da Verspannungen gerade im Bereich der Kiefergelenks- und Nackenmuskulatur aber Tinnitus verursachen oder verstärken können, sind eine aktive Entspannung in diesen Bereichen und eine ausreichende Bewegungstherapie sehr wichtig.
Psychotherapie
Bei dauerhaftem Stress treten irgendwann auch psychische Probleme auf und diese müssen behandelt werden, weil sie sonst zu einem starken Therapiehindernis werden können. Vor allem lösungsorientierte Verfahren wie Verhaltens- oder Gesprächstherapien sind geeignet, psychische Blockaden zu lösen und eine Eskalation des Beschwerdebildes zu verhindern.
Welche dieser Therapiebausteine im Einzelfall sinnvoll sind, lässt sich nach einem Gespräch mit einem spezialisierten HNO-Arzt klären. Da es sich um ein chronisches Krankheitsgeschehen handelt, ist die Behandlung auch mittelfristig ausgerichtet. Eine Besserung lässt sich aber regelmäßig bereits nach wenigen Wochen erreichen.
Es ist also keinesfalls so, dass „man nichts machen kann“, sondern im Gegenteil, es gibt sehr viele Möglichkeiten, die in der richtigen Kombination auch zum dauerhaften Erfolg führen.
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