Mehr als 60.000 Männer werden in Deutschland jedes Jahr mit der Diagnose ‘Prostatakrebs’ konfrontiert und stehen somit vor der schwierigen Aufgabe, die „richtige“ Behandlung zu wählen. Ist der Tumor auf die Prostata beschränkt (lokalisiertes Prostatakarzinom), stehen dem Betroffenen z.B. die Brachytherapie (inneren Bestrahlung), die äußere Bestrahlung oder die Operation als etablierte Therapiemethoden zur Verfügung.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit besteht darin, Tumore mit einem geringen Risiko engmaschig zu überwachen (Active Surveillance) und erst bei Fortschreiten der Erkrankung eine Therapie zu initiieren.
Das oberste Ziel der Behandlung sollte immer lauten: Bei größtmöglicher Aussicht auf Heilung unnötige Nebenwirkungen vermeiden und gleichzeitig die Lebensqualität erhalten. Doch in Deutschland greifen Ärzte immer noch vorschnell zum Skalpell und entfernen überstürzt die Prostata.
Hinzu kommt, dass Männer in Hinblick auf eine OP schwere Nebenwirkungen in Kauf nehmen müssen: In erster Linie besteht die Gefahr der langfristigen Harninkontinenz – sie beträgt je nach Studie bis zu 40 %.
In 70-100 % der Fälle kommt es zudem zu drastischen Einschränkungen oder komplettem Verlust der Erektionsfähigkeit in Folge von Nerven- und Gefäßverletzungen. Auch die oft empfohlene roboterassistierte Da-Vinci-Operation kann die propagierten Vorteile gegenüber den herkömmlichen Operationstechniken nicht erreichen. So zeigt eine aktuelle Studie keine Unterschiede in Bezug auf Potenzverlust und Harninkontinenz gegenüber der offenen Operation (ASCO 2017).
Ist der Tumor auf die Prostata begrenzt, stehen dem Betroffenen neben der Operation auch schonendere Behandlungsoptionen zur Verfügung, da sie mindestens die gleichen Heilungsraten erzielen. Dazu zählen vor allem die Brachytherapie und die äußere Bestrahlung oder eine aktive Überwachung.
So kann es laut Empfehlung der aktuellen Leitlinie bei Männern, deren Prostatakarzinom nur eine geringe Aggressivität aufweist und noch sehr klein ist, sogar ausreichend sein, den Tumor engmaschig zu kontrollieren.
Wird jedoch eine lokale Behandlung notwendig, bietet insbesondere die Brachytherapie als minimal-invasives Verfahren bestmögliche Heilungsraten bei gleichzeitig sehr geringen Nebenwirkungen (Hamdy FC et al. 2016).
Die Brachytherapie ist eine hochmoderne Bestrahlungstechnik, bei der winzige Strahlenquellen (Seeds) in die Prostata implantiert werden. Durch die exakte Platzierung der Strahlendosis wird der Tumor punktgenau bestrahlt, ohne umliegende Strukturen wie Harnblase, Darm oder Schließmuskel zu schädigen.
Die üblichen Nebenwirkungen einer herkömmlichen Operation wie Potenzprobleme und Harninkontinenz spielen bei der Brachytherapie eine weitaus geringere Rolle.
Ein weiterer Pluspunkt der Brachytherapie ist, dass es sich um einen kleinen schonenden Eingriff handelt. Berufliche und private Aktivitäten können deshalb schon nach wenigen Tagen wiederaufgenommen werden.
Bei Patienten, deren Tumor bereits weiter fortgeschrittenen ist, erzielt die temporäre Brachytherapie, das so genannte Afterloading-Verfahren, in Kombination mit einer äußeren Bestrahlung die besten Ergebnisse. So können bösartige Zellen, die sich bereits außerhalb der Prostatakapsel befinden und mit einer Operation nicht erreicht werden, ebenfalls zerstört werden.
Die größte internationale Meta-Studien (Grimm et al 2012) konnte belegen, dass genau die Kombination aus Brachytherapie und Bestrahlung nicht nur deutlich geringere Nebenwirkungen als eine Operation hat, sondern ihr auch in Bezug auf die Heilungsaussichten klar überlegen ist.
Lassen Sie sich durch die Diagnose „Prostatakrebs“ nicht unnötig unter Zeitdruck setzen. Denn anders als bei anderen Krebserkrankungen handelt es sich beim Prostatakarzinom in der Regel um eine relativ langsam wachsende Tumorart.
Die Therapieentscheidung sollte unabhängig vom Tumorstadium immer gut informiert und mit einem „guten Gefühl“ getroffen werden. Ratsam ist es daher, sich von Ärzten verschiedener Fachgruppen (Urologen/ Strahlentherapeuten/ Onkologen) beraten zu lassen.
Achten Sie bei der Wahl des zu behandelnden Arztes immer darauf, dass er über ausreichend Erfahrung in der von ihm angebotenen Therapie verfügt.
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