Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Norbert Kmoch interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Hals-Nasen-Ohrenarzt.
jameda: Herr Dr. Kmoch, was hat Sie motiviert, Hals-Nasen-Ohrenarzt zu werden?
Herr Dr. Kmoch: In erster Linie bin ich Arzt, wenn auch anscheinend einseitig nur für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten (HNO). HNO-Krankheiten haben aber zum großen Teil einen ursächlichen Zusammenhang mit Erkrankungen auf anderen Fachgebieten, u. a. der Allergologie, Nervenheilkunde, Psychiatrie, Inneren Medizin, sogar Frauenheilkunde und weiteren Fachrichtungen. Das verlangt Basiswissen in anderen Fachbereichen und auf jeden Fall auch der Pharmakologie. Als HNO-Arzt versorgt man Patienten aller Altersgruppen beider Geschlechter. Diese Patientenvielfalt und das vielseitige Wissen mit „Blick über den Tellerrand“ bei der Untersuchung, Klärung von Krankheitsursachen und Therapie waren für mich motivierend.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Dr. Kmoch: Eine große erste Herausforderung sehe ich darin, meinen Patienten zuzuhören, auf ihre Beschwerden und Probleme einzugehen und diese zu lösen. Natürlich ist dies das erste Ziel der ärztlichen Untersuchung und Behandlung, entscheidend ist aber die zweite Herausforderung: die Klärung der Ursachen einer Erkrankung und möglichst deren Beseitigung. Das verlangt ärztlich-detektivische Fähigkeiten und mindestens das oben genannte Basiswissen auf allen anderen Fachgebieten. Es macht mir Freude, wenn Patienten nicht nur die Symptombehandlung, sondern auch die Botschaft der Ursachenbehandlung verstehen und wir gemeinsam ein zufriedenstellendes gesundheitliches Ergebnis erreichen.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Dr. Kmoch: Bisher wurden von meinen Patienten keine beachtenswerten Vorurteile geäußert. Gelegentlich fehlt jedoch, insbesondere bei Selbstzahlern ohne Erstattungsanspruch, die Einsicht, dass sich selten allein aus der Vorgeschichte mit Aufzählung der Beschwerden, dem Hineinschauen in Mund, Kehlkopf, Nase und Ohren eine sichere Diagnose stellen und damit eine wirksame Behandlungsempfehlung geben lassen.
Um Organfunktionen, z. B. bei Schwerhörigkeit, Schwindel, Infekten, Allergien usw., zu überprüfen, müssen u. U. ergänzende Untersuchungen mit teuren Geräten durchgeführt werden, die natürlich auch nicht kostenfrei sind. Trotz umfangreicher Aufklärung kann dies zum Vorwurf führen, dass sie überflüssig gewesen seien, vor allem bei normalem Befundergebnis, was jedoch in jedem Fall wünschenswert wäre.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Dr. Kmoch: Hörsturz und Tinnitus z. B. sind häufig nicht gezielt, Schwindel, Infekte gelegentlich schwierig und Allergien oft nur langwierig behandelbar. Dies erfordert Geduld und Einsicht, vor allem beim Patienten. Oft bleibt auch nur ein operativer Eingriff.
Ich rate meinen Patienten nach eingehender Aufklärung zu dieser Einsicht und der Geduld. Ärzte und Medizin sind nicht allwissend und nicht unfehlbar, jedenfalls noch nicht. Eine Garantie, wie bei anderen Dienstleistungen oder Gerätefunktionen in der Wirtschaft, kann deshalb nicht gegeben werden. Dies ist dem Arzt aus Wettbewerbsgründen sogar bei Strafe untersagt. Es ist jedoch jedem Patientenüberlassen, sich bei anderen Ärzten eine zweite oder sogar dritte Meinung zu holen.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Dr. Kmoch: Befolgen Patienten den von mir empfohlenen Therapieplan nicht, muss das keine Nachlässigkeit oder Böswilligkeit sein. Ich hinterfrage die Gründe. Zum Beispiel: Liegt eine Unverträglichkeit von Medikamenten mit Nebenwirkungen vor, die dem Patienten Angst machen? Ist der Patient überfordert und „kriegt die Kurve nicht“? War der Therapieansatz meinerseits nicht in Ordnung? Im Rahmen einer Kontrolle sollten der oder die Fehler erkannt und besprochen werden und es sollte eine Korrektur erfolgen.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Dr. Kmoch: Verständnis, Übersicht, Konsequenzen und Einsicht obliegt denjenigen, die das Sagen haben. Man hört und merkt, dass das Gesundheitswesen zunehmend kommerzialisiert, gesetzlich und organisatorisch verkompliziert wird. Der medizinische Fortschritt ist nicht aufzuhalten und verteuert Diagnose und Therapie. Ich bin der Meinung, dass jeder für seine Gesundheit mitverantwortlich ist. Es sei denn, er ist nicht gesund geboren oder schicksalshaft erkrankt.
Ich bin für Grundversorgung für alle, Zuschuss für finanziell Schwache, eine effektive Information für einen gesunden Lebensstil ab Kindergarten und Schule und eine bessere Überwachung der Lebensmittelindustrie. Insbesondere absolut transparente und wahrhaftige Information über den Zustand des Gesundheitswesens und seine Grenzen.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Dr. Kmoch: Kein Mensch ist perfekt, auch Ärzte nicht. Sicher gibt es auch fachliches Verbesserungspotential. Ärzte sind jedoch aus gesundheitspolitischen Gründen nicht mehr Herr ihrer Zeit und arbeiten z. T. an ihrem zeitlichen Limit. Zeit ist aber das beste Geschenk, was der Arzt einem Patienten neben seinem Wissen und Können geben kann.
Das Verbesserungspotential liegt jedoch in diesem Fall nicht bei den Ärzten. Das Verbesserungspotential mögen auch diejenigen ausschöpfen, die es soweit haben kommen lassen, dass Arztpraxen ohne Nachfolger geschlossen werden und viele Patienten u. U. auch aus anderen Gründen lange Wartezeiten, aber nur kurze Sprechzeiten bekommen.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapien oder Geräte, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Dr. Kmoch: Wir konzentrieren uns neben der im Akutfall notwendigen symptomatischen Behandlung auf die Klärung der Krankheitsursache. Wir verfügen neben der für die HNO-Heilkunde notwendigen Einrichtung, insbesondere für Schwindel, u. a. zur Bestimmung der Sturzgefahr und die Tinnitusdiagnostik, über Untersuchungsverfahren. Mit ihrer Hilfe können wir Risiken für und Ursachen von Erkrankungen erkennen, vorbeugen und ursächlich behandeln.
Dies sind die Bestimmung des Ernährungszustandes, des biologischen Alters (älter oder jünger als im Pass steht), des oxidativen Stress bei Vitaminmangel, der Belastung durch psychosozialen Stress und mehr. Wir nutzen Geräte für eine alternative „sanfte Medizin“, z. B die Bioresonanz und Aktivsauerstoff-Inhalation für Hörsturz und Tinnitus.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Kmoch: Ich hatte eine ältere Patientin mit uncharakteristischem Schwindel in der Praxis, schon bekannt aus meiner Assistentenzeit in der HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover. Wir führten bei ihr 15 Jahre vorher wegen eines Hörsturzes eine Komplettuntersuchung durch und fanden keine Komplikation. Ich vermutete jetzt „Altersschwindel“ und führte wegen der früheren doch unauffälligen Befunde keine neue Komplettuntersuchung durch, wie normalerweise z. B. zur Tumorabklärung bei einseitiger Schwerhörigkeit, Tinnitus und Schwindel. Auch um die alte Dame nicht zu belasten. Ihr Internist belehrte mich ein halbes Jahr später des Besseren: Es war ein zu operierender Tumor des Gleichgewichtsnerven. Ich tendiere bei den o. g. Beschwerden seitdem zu umfangreicher Diagnostik.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dr. Kmoch: Achten Sie auf Ihren Lebensstil, insbesondere auf die Ernährung, trainieren Sie Ihren Kreislauf und Ihre Muskeln, Sie sind keine unbewegliche Pflanze mit Wurzeln. Meiden Sie Stress, sowohl Ernährungsstress, als auch psychosozialen Stress. Achten Sie, darauf, was Sie und wieviel Sie essen. Übertreiben Sie nicht bei Genussgiften (Alkohol, Tabak). Nutzen Sie Vorsorgeuntersuchungen. Ein hoher Prozentsatz von Erkrankungen ist lebensstilbedingt (man schätzt bis 60 %) und nicht erblich. Wir beraten Sie gern. Als HNO-Arzt rate ich Ihnen: Meiden Sie gehörschädigenden Lärm (Disco, Konzerte, MP3-Player, berufliche Lärmarbeit) und wenn, dann mit Gehörschutz.
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