Artikel 22/04/2024

Wie man schwierige Gespräche konfliktfrei führt

Julia Karrasch Heilpraktiker für Psychotherapie
Julia Karrasch
Heilpraktiker für Psychotherapie

Konflikten begegnen wir ständig und überall: in der Familie, in der Partnerschaft, in freundschaftlichen Beziehungen und auf der Arbeit.

Konflikte entstehen immer dann, wenn mindestens zwei unterschiedliche Welten aufeinandertreffen. Jeder Mensch hat seinen eigenen, einzigartigen Lebensweg. Auf diesem Weg lernt jeder sogenannte „Überlebensstrategien“ im Umgang mit herausfordernden Situationen. Den Umgang mit kritischen Situationen oder Konflikten lernt man bereits im Elternhaus. Dort schaut man sich ab:

  • wie die Eltern miteinander sowie mit anderen erwachsenen und jungen Menschen umgehen;
  • ob die Wünsche und Bedürfnisse des Gegenübers wahrgenommen und respektiert werden;
  • in welchem Ton die Erwachsenen sich unterhalten und wann sie das gewünschte Ergebnis bekommen;
  • ob die Kommunikation auf Augenhöhe oder von oben herab stattfindet, und vieles mehr.
Fotomontage zweier Hände, die sich die Hand reichen. Die eine Hand ist schemenhaft von ländlicher Landschaft erfüllt, die andere mit einer Skyline. Nutzen Sie die Grundlagen der Kommunikation, wie Empathie, aktives Zuhören und „Ich“-Botschaften, um dem Anderen zu signalisieren, dass man ihm zuhört und seine Perspektive versteht.

Ob ein Gespräch, wo zwei unterschiedliche Meinungen aufeinandertreffen, zu einem Konflikt eskaliert oder konstruktiv verläuft, lässt sich bereits in den ersten drei Minuten des Gesprächs feststellen. Es hängt viel davon ab, wie man das Gespräch beginnt.

Eine weitverbreitete Art, ein Gespräch zu einem heiklen Thema anzufangen, ist, dem Gegenüber „Vorwürfe“ zu machen und in die sogenannte Angriffsposition zu gehen: „Warum hast du dies und das nicht gemacht?“ „Ich habe dich doch darum gebeten, aber du machst es nie“. Wenn man sich attackiert fühlt, dann ist oft die Verteidigung die erste spontane Reaktion. Somit bringt man den sogenannten kommunikativen „Teufelskreis“ ins Rollen. Man konzentriert sich zu sehr darauf, die eigene Meinung zu verteidigen und hat keine Kapazitäten übrig, um die Perspektive des anderen wahrzunehmen.

Es passiert sehr oft und fast unbewusst, dass, während die andere Person redet, man sich selbst darauf konzentriert, was man als nächstes antworten möchte, was die eigene Position zum Thema ist oder wie man sich falls notwendig verteidigt. Somit verpasst man die Chance, dem Anderen wahrhaft und interessiert zuzuhören und etwas über seine Perspektive zu lernen - ohne sie sich notwendigerweise zu eigen zu machen. Statt eines Dialogs zweier Menschen entstehen zwei alleinstehende Monologe.

Es gibt viele Kommunikationsratgeber und viele Psychologen und Psychotherapeuten weltweit haben sich mit dem Thema Kommunikation beschäftigt. Viele haben zu diesem Thema geforscht und Ihre Lösungen vorgeschlagen. Trotz der Vielfalt der Theorien sind die Grundlagen ziemlich ähnlich, dazu gehören unter anderem Empathie, aktives Zuhören, und „Ich“- statt „Du“-Botschaften.

Für ein gelungenes Gespräch bei einem schwierigen Thema ist es einerseits wichtig, bei sich zu bleiben und anderseits dem Anderen offen zuzuhören.

Bei sich zu bleiben bedeutet, dass:

  • man beim „Ich“ bleibt und versucht „Du“-Botschaften zu vermeiden,
  • man über eigene Gefühle und Befindlichkeiten spricht,
  • man eigene Bedürfnisse erkennt und diese klar und deutlich äußert,
  • man Teilverantwortung für die aktuelle Situation übernimmt,
  • man eventuell Erwartungen oder Wünsche in positiver Form an den Gesprächspartner so deutlich wie möglich formuliert.

Dem Gesprächspartner offen zuzuhören bedeutet, ehrlich zu versuchen zu verstehen, wie es dem Anderen geht und warum es ihm so geht. Es ist enorm wichtig dem Gegenüber das Gefühl zu vermitteln, dass man ihm zuhört und die andere Perspektive des Geschehens zumindest teilweise nachvollziehen kann. Wenn man aufmerksam zuhört, seine Empathie zeigt, dann vermittelt es dem Anderem das Gefühl, ernst genommen zu werden. Es entschärft die mögliche Eskalation und sorgt für eine vertrauensvolle Atmosphäre. Beim Zuhören hilft es sehr, wenn man eigene Argumente erstmals bei Seite legt und versucht die Sichtweise des Anderen nachzuvollziehen und die Bedürfnisse hinter dem Konflikt zu verstehen. Denn wie Dr. John Gottman, ein weltweit renommierter Paartherapeut, sagt: „Hinter jedem Konflikt steht ein Bedürfnis.“ Dabei soll man sich bewusst sein, dass der Gesprächspartner bestimmt seine Gründe für seine Wahrnehmung der Situation hat. Diese andere Wahrnehmung oder Perspektive basiert auf seinen eigenen Lebenserfahrungen und Lösungsstrategien, die er im Laufe des Lebens gesammelt hat und diese sind bei jedem Menschen einzigartig.

Es kann hilfreich sein, wenn man sich vorstellt, dass der Gesprächspartner einem nichts Böses wünscht und seinem Gegenüber positiv eingestellt ist. Sehr oft ist es in einem Streitgespräch sehr schwierig eine solche Perspektive einzunehmen, aber unmöglich ist es nicht. Die positive Perspektive erleichtert das Zuhören und reduziert das Bedürfnis nach einem Angriff oder einer Verteidigung.

Das Ziel des schwierigen Gesprächs ist es, aus einer Sackgasse raus zu kommen und zu einem Dialog überzugehen. Dialog bedeutet in dem Fall nicht unbedingt, dass man eine für beide Parteien zufriedenstellende Lösung finden muss, sondern, dass man die jeweils andere Position nachvollziehen kann und bereit ist nach einem Kompromiss zu suchen. Dialog bedeutet, dass man die Position des anderen nicht herabwürdigt, sondern auf Augenhöhe spricht. Dialog bedeutet, dass man gemeinsam überlegt, wie man trotz (bleibender) Meinungsverschiedenheiten mit der Situation umgehen und die Beziehung aufrecht erhalten kann.

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