Artikel 22/07/2021

Kniearthrose (Gonarthrose) und Sport: Passt das zusammen?

Dr. med. Sebastian Fritz Orthopäde & Unfallchirurg, Akupunkteur, Chirotherapeut
Dr. med. Sebastian Fritz
Orthopäde & Unfallchirurg, Akupunkteur, Chirotherapeut
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Die Antwort hierauf ist denkbar einfach: ja – und unbedingt. Es gilt: viel bewegen, wenig belasten. Ziel ist es, die Schmerzen zu lindern und zu erreichen, dass Sie sich wieder besser bewegen können. Häufig kann eine Operation vermieden oder zumindest aufgeschoben werden.

Was sollte ich aber beachten? Welche Sportarten sind geeignet? Wie komme ich überhaupt in die Bewegung, wenn das Knie schmerzt und schlecht beweglich ist? Was kann ich selber tun?

Die Beantwortung dieser Fragen ist jedoch deutlich vielschichtiger.

Was sind die Hintergründe beim Knieverschleiß, der sogenannten Gonarthrose?

Bei einer Arthrose des Kniegelenkes nimmt die schützende und als Gleitschicht wirkende Knorpelschicht zunehmend ab. Am Schluss steht wortwörtlich Knochen auf Knochen. Hier spricht man medizinisch dann von einer endgradigen oder auch viertgradigen Arthrose des Kniegelenkes.

Mit dem Verschleiß einhergehend kommt es immer häufiger zu schmerzhaften Entzündungsreaktionen des Kniegelenkes, die die Lebensqualität und auch die Beweglichkeit massiv einschränken können. In diesem Fall spricht man von einer sogenannten aktivierten Arthrose.

Mit zunehmendem Verschleißgrad geht häufig auch eine Abweichung der Beinachse in ein O- oder X-Bein einher und es kann zu einer zunehmenden Instabilität des Kniegelenkes kommen.

Die schmerzfreien oder schmerzarmen Zeiten nehmen ab, die schmerzbedingte Bewegungseinschränkung tritt zunehmend in den Vordergrund und bestimmt den Alltag.

Und genau dies gilt es zu unterbrechen. Umso wichtiger ist daher, eine situationsgerechte Therapie und eine angepasste Bewegung und Sport, abhängig vom Aktivitätsgrad der Arthrose.

Bevor zu spezifischem Maßnahmen geraten werden kann, sollte daher eine genaue Diagnostik stehen, um auch weiteren Problemen vorbeugen zu können.

Hierzu zählen:

  • die Vorgeschichte (Anamnese), insbesondere: Wann treten Schmerzen auf? Wie lange bestehen schon Schmerzen? Gab es ein Ereignis, ab dem die Beschwerden auftraten?
  • die Untersuchung des Gelenkes. Insbesondere auf die Beweglichkeit, mögliche Instabiliät, Abweichungen der Beinachse, Reizerguss, Gelenkblockaden und provozierbare Schmerzsymptomatik. Auch gilt es, andere Ursachen wie einen Meniskusriss oder Bandverletzungen auszuschließen.
  • Weitere diagnostische Maßnahmen: Häufig reicht eine einfache Röntgenaufnahme unter Belastung des Kniegelenkes aus. Sie kann bei Bedarf noch durch eine MRT/CT-Untersuchung ergänzt werden.
  • Von besonderer Bedeutung ist auch eine differenzierte Bewegungsanalyse/Ganganalyse: Sie kann häufig Fehlstellungen und auch Fehlbelastungen aufdecken. Ist der Knieverschleiß Folge oder Ursache einer Fehlbelastung? Besteht eine Fußfehlstellung? Wie verhalten sich Becken, Hüftgelenk und Wirbelsäule im Stand und in der Bewegung?
  • Gerade in Bezug auf den Knieverschleiß ist eine ganzheitliche Betrachtung (Ernährung, berufliche Belastung, Sport, Verletzungen, vorherige Operationen, Fehlbelastungen, Fehlstellungen etc.) sinnvoll, um nicht nur eine rein symptomatische Therapie einzuleiten.

Nicht jede Arthrose verursacht Schmerzen

Besteht ein Knieverschleiß, können zwar Bewegungseinschränkungen und Abweichungen in ein O- oder X-Bein auftreten. Knieschmerzen müssen jedoch nicht unbedingt damit einhergehen.
Auch die Schmerzsymptomatik passt nicht immer zum Verschleißgrad des Kniegelenkes. Es kann durchaus sein, dass ein Mensch mit einer I-II-Arthrose wesentlich mehr Schmerzen verspürt als ein Mensch mit einer IV Arthrose und einem deutlichen X- oder O-Bein.

Entscheidend ist vielmehr das Aktivitätsniveau/Entzündungsniveau der Arthrose. Ist dieses Niveau sehr hoch, spricht man von einer aktivierten Arthrose.

Was tun bei einer aktivierten Arthrose?

In dieser aktivierten Entzündungssituation sind reizlindernde Maßnahmen (Kühlen, reizlindernde Medikamente), kombiniert mit einer moderaten Bewegung wie Pendelübungen, wenn möglich Radfahren ohne Belastung, leichte Spaziergänge und moderate gymnastische Übungen ratsam. Auch Wassergymnastik oder leichtes Kraulschwimmen und moderate Physiotherapie können die Reizung lindern und die Bewegungsfunktion erhalten.

Weitere spezifische Therapieoptionen sind Hyaluron- sowie Eigenblutbehandlungen des Kniegelenkes, Lasertherapie oder auch eine pulsierende Magnetfeldtherapie, um die Reizung zu reduzieren und die Regeneration zu beschleunigen.

Sprechen Sie Ihren behandelnden Orthopäden an, damit er Ihnen aus dieser Schmerzphase helfen kann und Sie wieder in die Bewegung kommen.

Auch lohnt es sich, die Ernährung in Bezug auf eine entzündungshemmende Ernährung umzustellen mit viel Gemüse, insbesondere mit:

  • Brokkoli
  • Kurkuma
  • Zimt
  • Walnüsse
  • Speiseleinöl
  • wenig Fleisch
  • wenig Weizenprodukte

Was tun bei einer nichtaktiven Arthrose?

Auch wenn momentan keine Beschwerden bestehen, aber eine fortgeschrittene Arthrose bekannt ist, gilt es vor allem, einer aktivierten Arthrose vorzubeugen.

Am einfachsten ist es, wenn Sie diese Maßnahmen in Ihren Alltag integrieren. Und das Gute: Auch noch jede so kleine Bewegung zählt. Dies ist möglich durch tägliche gymnastische Übungen zum Beispiel vor oder nach dem Zähneputzen, der Spaziergang am Abend oder Morgen, die tägliche Runde mit dem Fahrrad oder auch die Schwimmeinheit (am besten Kraul- oder Rückenschwimmen) an festen Wochentagen.

Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse wie z. B.

  • Brokkoli
  • Zwiebeln
  • Erbsen
  • Knoblauch
  • Spargel
  • Ingwer

Reduzieren Sie außerdem Fleisch und Weizenprodukte.

Meine Gelenke schmerzen, kann und soll ich trotzdem Sport machen?

Grundsätzlich ist die Bewegung der Gelenke immens wichtig. Sie ernährt den Knorpel sowie den Meniskus am Handgelenk und bewahrt ihre Elastizität. Außerdem erhält und verbessert sie die Bewegungsumfänge des Gelenkes.

Je nach Schwergrad der Arthrose ist eine adaptierte sportliche Betätigung sehr förderlich, um den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Schmerzen und auch Bewegungsfunktion zu verbessern.

Selbst nach Verletzungen, Brüchen und Operationen versucht man in der modernen Orthopädie und Unfallchirurgie aus oben genannten Gründen die Zeiten der Ruhigstellung zu vermeiden oder möglichst kurz zu halten.

Welche Sportarten sind bei einer Kniearthrose geeignet?

Hier gilt die oben genannte Regel: viel Bewegen und wenig belasten.

Bei den Sportarten sind nach Möglichkeit Sportarten zu bevorzugen, die keine starken Start-Stopp-Bewegungen beinhalten. Am besten mit einer kontinuierlichen Bewegung ohne wesentliche Belastung:

  • Radsport
  • Schwimmen (Kraul- oder Rückenschwimmen)
  • Wandern/Spazieren
  • Crosstrainer
  • Spez. Arthrosetraining (Faszientraining, Dehnungsübungen, Mobilisationen)
  • Nordic-Walking
  • Skilanglauf (klassisch)

Besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Orthopäden, welche Sportarten er in Ihrem individuellen Fall für sinnvoll erachtet.

Sind manche Sportarten „verboten“ bei Gelenkarthrose?

Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung.

Es macht meines Erachtens aus mehreren Gründen wenig Sinn, bei Arthrose bestimmte Sportarten zu „verbieten“. Erstens ist jeder selbst mündig und aus orthopädischer Sicht sehe ich hier eher einer beratende ggf. auch empfehlende Aufgabe. Zweitens kann durchaus die „Lieblingssportart“ im guten Trainingszustand lange fortgeführt werden, auch wenn ein fortgeschrittener Verschleiß besteht. Drittens bedeutet die Fortführung der geliebten Sportart auch ein erhebliches Maß an Lebensqualität und dies sollte mit allen Maßnahmen unterstützt werden.

Es hängt dazu noch sehr davon ab, wie weit die Arthrose fortgeschritten ist und auch, wie groß die Beschwerden sind und wie eingeschränkt die Bewegungsfunktion ist.

Sportarten mit einer hohen Start-Stopp-Bewegung wie bei den Ballsportarten etc. können zu einer Verstärkung der Beschwerden führen. Dennoch empfehle ich an dieser Stelle eher ein individuelles und persönliches Beratungsgespräch mit Ihrem Orthopäden. Er kann Ihnen anhand der Stadieneinteilung der Arthrose hierzu auch hilfreiche Tipps geben.

Es gilt aber auch: Wenn Sie Ihren Lieblingssport noch schmerzfrei ausführen können, spricht aus orthopädischer Sicht nichts dagegen, dies auch noch weiter fortzuführen. Denn es gilt: Jede Bewegung ist besser als keine Bewegung.

Fazit

Ihre Gelenke lieben die Bewegung. Das ist nötig, um den Knorpel und Meniskus zu ernähren, Abfallprodukte abzubauen und sich zu regenerieren. Auch bei einer aktivierten Arthrose macht es Sinn, vorsichtige Bewegungsübungen durchzuführen.

Häufig macht eine individuelle und spezifische Bewegungs- und Ganganalyse Sinn, um die Probleme definieren zu können und Lösungen zu finden.

Sprechen Sie bei akuten Beschwerden Ihren behandelnden Orthopäden an. Er kann Ihnen helfen, die aktivierten Arthrosebeschwerden zu lindern, so dass Sie in Bewegung bleiben.
Kleine Schritte können am Schluss ein großer Schritt gegen die Arthrosebeschwerden sein. Fangen Sie noch heute an und feiern Sie sich für jeden Fortschritt!

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in Ihnen!

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