Nicht immer müssen Schmerzen das erste Anzeichen dafür sein, dass sich der Fuß verändert oder etwas nicht stimmt. Manchmal ist es eine schleichende Veränderung der Form und Stellung des Fußes, ohne dass ein konkretes Ereignis wie ein Unfall oder eine Verletzung dafür vorliegt.
Der Fuß wirkt platter oder breiter als früher und knickt nach innen ein. Manchmal sind Veränderungen an den Schuhen erkennbar, weil die Sohlen asymmetrisch abgelaufen sind. Dann kann eventuell ein Knicksenkfuß vorliegen.
Der gesunde Fuß bildet auf der Innenseite ein sogenanntes Längsgewölbe. Dieses Längsgewölbe stützt den Fuß und federt ihn beim Gehen und Stehen ab. Durch das Fußgewölbe entsteht der typische Fußabdruck, bei dem der mittlere, innere Bereich der Fußsohle vom Boden abgehoben ist.
Der Knicksenkfuß besteht im Grunde aus zwei kombinierten Fußfehlstellungen: dem Senkfuß und dem Knickfuß. Unter dem Senkfuß versteht man die Abflachung des Fußlängsgewölbes. Der Fußinnenrand kann sich so stark absenken, dass die Fußsohle vollständigen Kontakt zur Bodenfläche hat.
Ist die Abflachung so ausgeprägt, dass das Längsgewölbe vollständig zusammengebrochen ist, wird dies als Plattfuß bezeichnet. Gleichzeitig kommt es in den meisten Fällen zu einem Knickfuß. Hierbei knickt der Fuß sichtbar nach innen ein und der Innenknöchel tritt deutlich nach innen heraus. Beim stehenden Patienten erkennt man in der Ansicht von hinten, dass die Ferse in einer X-Stellung steht.
Unterschieden werden die erworbene Form des Knicksenkfußes, die erst im Laufe des Lebens auftritt und die angeborene Form. Eine angeborene Fehlstellung ist seltener und tritt z. B. auf bei neurologischen Erkrankungen oder bei angeborenen Knochenfehlstellungen. Viel häufiger ist die erworbene Knicksenkfußfehlstellung, die sich als Folge einer Schwäche und Funktionsstörung der Muskeln und Sehnen entwickelt.
Eine zentrale Schlüsselrolle spielt hierbei die Sehne des Musculus tibialis posterior, die vom Unterschenkel kommend hinter dem Innenknöchel zum Fußinnenrand verläuft. Die Spannung dieser Sehne ist beim gesunden Fuß für die Aufrechterhaltung des Fußlängsgewölbes verantwortlich. Lässt die Spannkraft der Tibialis-posterior-Sehne nach, sinkt das Längsgewölbe immer weiter nach unten.
Ein Funktionsverlust der Tibialis-posterior-Sehne kann auch durch eine Verletzung der Sehne entstehen, wenn die Sehne teilweise oder vollständig reißt. In den meisten Fällen tritt ein Funktionsverlust der Sehne allerdings durch chronische Entzündungen der Sehne oder der Sehnenscheide (Sehnenhülle) auf infolge von Überlastungen. Chronische Sehnenentzündungen können auch auftreten im Rahmen von rheumatischen Erkrankungen.
In sehr seltenen Fällen verursachen Medikamente den Sehnenschaden: die Einnahme bestimmter Antibiotika über einen längeren Zeitraum oder durch mehrfache Kortisoninjektionen direkt an die Sehne. Eine X-Bein-Deformität kann die Entwicklung eines Knicksenkfußes ebenfalls begünstigen.
Die erworbene Knicksenkfußfehlstellung tritt meist zwischen dem 40. und 50.Lebensjahr auf. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer.
Der angeborene Knicksenkfuß ist bereits im Kindes- und Jugendalter erkennbar. Im jungen Alter ist es wichtig, die krankhafte Fehlstellung abzugrenzen von einem vorübergehenden Knicksenkfuß, der bei Kindern in der normalen Entwicklung bis zum Schulalter erkennbar ist.
Es gibt unterschiedliche Ausprägungsgrade der Knicksenkfußdeformität. Geringgradige Fehlstellungen verursachen meist noch keine Schmerzen. Das erste Anzeichen ist dann oftmals lediglich eine Veränderung des getragenen Schuhwerks. Der Innenrand der Schuhsohlen ist vermehrt abgelaufen und das Fußbett ist auf der Innenseite des Schuhs durchgetreten. Der Fuß knickt leichter nach innen weg.
Im weiteren Verlauf treten Schmerzen bei Belastung des Fußes auf. Zunächst sind um den Innenknöchel herum und am Fußinnenrand. Aufgrund der Überbeanspruchung und Veränderung der Tibialis-posterior-Sehne tritt oftmals eine Schwellung auf der Innenseite am Sprunggelenk und Fuß auf. Je weiter die Fehlstellung fortschreitet, desto häufiger treten dann auch Probleme in anderen Bereichen des Fußes auf.
Ist die Knicksenkfußdeformität stark ausgeprägt und besteht eine Fehlbelastung über einen längeren Zeitraum, kann dies zu Verschleißveränderungen (Arthrose) an den Fuß- und Sprunggelenken führen. Anfänglich ist die Fehlstellung noch flexibel und die Gelenke sind uneingeschränkt beweglich. Im weiteren Verlauf kann die Gelenkbeweglichkeit abnehmen und manchmal sogar einsteifen, so dass der Fuß in der Knicksenkposition fixiert steht. Das frühzeitige Erkennen der Diagnose ist daher wichtig.
Das frühzeitige Erkennen einer Knicksenkfußfehlstellung ist wichtig. Denn die Behandlungsmöglichkeiten einer Knicksenkfußdeformität hängen wesentlich davon ab, wie fortgeschritten die Fehlstellung ist und ob der Fuß noch flexibel ist. Im Anfangsstadium ist es hilfreich, spezielle Schuheinlagen zu tragen, um das Längsgewölbe stützen und die korrekte Achse der Ferse bzw. des Rückfußes wiederherzustellen und zu stabilisieren. Die Einlagen sollten dem Fuß individuell angepasst werden und am Fußinnenrand deutlich erhöht sein.
Ein gezieltes Übungsprogramm kann bei einer intakten Tibialis-posterior-Sehne unterstützend wirken, das Fußlängsgewölbe zu stabilisieren. Um die Symptome der entzündlichen und schmerzhaften Veränderungen der Tibialis-posterior-Sehne zu lindern, können Ultraschallbehandlungen, manuelle Therapie und Stoßwellentherapie hilfreich sein.
Im fortgeschrittenen Stadium wird häufig eine Operation erforderlich. Je nach Ausmaß der Sehnenschädigung und der Fehlstellung werden verschiedene Techniken einzeln oder kombiniert angewendet. Bei leichten Fehlstellungen können Eingriffe an der Tibialis-posterior-Sehne ausreichend sein. Ist die Sehne stark beschädigt, muss sie ggf. durch ein körpereigenes Sehnentransplantat oder durch die Umlenkung einer anderen Sehne ersetzt werden.
Ziel des operativen Eingriffs ist es, den verkippten Rückfuß wieder ins Lot zu bringen. Das gelingt entweder mit einer Umstellung und Verschiebung des Fersenbeines nach innen (Fersenbeinosteotomie) oder mit einer verlängernden oder anhebenden Korrektur am Fußaußenrand. In Fällen mit stark ausgeprägten und fixierten Fehlstellungen oder wenn bereits eine fortgeschrittene Arthrose der Gelenke vorliegt, ist eine Arthrodese (Gelenkversteifung) erforderlich.
Die Wahl des geeigneten Therapieverfahrens wird bei jedem Patienten individuell anhand der Befunde getroffen.
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