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Es gibt viele Mythen über Hochbegabte: Sie seien Überflieger, Genies, Alleswisser. Hochbegabte selbst sprechen von ihrer Hochbegabung als Segen und Fluch zugleich. Die Definition von Hochbegabung ‘IQ über 130’ ist zu einfach.

Hochbegabung: Typische Symtome

Hochbegabung ist keine Zahl, sie ist eine besondere Persönlichkeitsstruktur, die man an folgenden Symptomen erkennt:

  • hohe Sprachkompetenz im zweiten und dritten Lebensjahr und selbständiges Lesenlernen
  • hohe Auffassungsgabe
  • sehr gute Gedächtnisleistung
  • überdurchschnittlich hohe kognitive Leistungen
  • Sprachkomplexität
  • hohe emotionale Wahrnehmung
  • komplexes und vernetztes Denken
  • reiches Innenleben
  • Interesse an tiefgreifenden philosophischen und psychologischen Fragen
  • starke Selbstzweifel und Selbstkritik
  • hohes Detailwissen in Einzelbereichen
  • hohes Wertebewusstsein

Ist Hochbegabung ein Fall für die Psychiatrie oder für die Beratung?

Hochbegabte sind nicht nur überdurchschnittlich begabt, sondern oft auch überdurchschnittlich empfindsam. Diese erhöhte Kränkbarkeit ist bei der Durchführung des Tests mit zu berücksichtigen.

Hochbegabung und Psychiatrie gehören nicht eng zusammen. Eine unerkannte Hochbegabung kann zum einen zu Fehldiagnosen und dementsprechend falscher Behandlung führen. Zum anderen kann sie durch die Nicht-Passung in die Gesellschaft zu Gefühlen des Andersseins, des sozialen Rückzugs, zu psychosomatischen Erkrankungen und Depression führen.

Die Hochbegabung ist als eine neurologische Besonderheit und Ressource zu verstehen, die nicht eines Psychiaters bedarf, sondern einer zutreffenden Einschätzung und ganz sicher einer angemessenen Förderung. Hochbegabte haben ein Recht darauf, ihre Begabung zu leben. Aus dem englischsprachigen Ausland weiß man, dass die persönliche Mentorenschaft über Jahre hinweg ein entscheidendes Kriterium für eine gelungene Betreuung von hochbegabten Menschen ist.

Welche Aussichten haben Hochbegabte in Beruf und Alltag?

Ein psychiatrischer Blick auf das ‘normale’ Phänomen Hochbegabung lohnt sich dennoch. Laut Jugendpsychiater Dr. med. Meusers lebt die Hälfte aller Hochbegabten ihre besondere Begabung gut aus. Grob geschätzt hat die andere Hälfte der Hochbegabten schon im Kindesalter seelische Schwierigkeiten, so dass psychiatrische oder psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen wird.

Welche Begleiterscheinungen können mit Hochbegabung einhergehen?

Statistisch signifikant ist die erhöhte Anzahl emotionaler Störungen bei Hochbegabten, insbesondere in Form von Depression und sozialem Rückzug. Die rasche Auffassungsgabe bewirkt bei manchen Kindern auch eine hohe motorische Unruhe und kann zu Verwechslungen mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und Hyperaktivität führen.

Wie wirkt sich Hochbegabung in den verschiedenen Lebensabschnitten aus?

Wesentliches Merkmal Hochbegabter ist die erhöhte Erregbarkeit und besondere Empfindsamkeit von der Kindheit bis ins hohe Alter. Allein mit dieser Eigenschaft unterscheiden sich Hochbegabte von anderen Menschen.

Als Kinder und Jugendliche, und nicht selten als Erwachsene, fallen sie aus Gemeinschaften Gleichaltriger heraus. Sie haben ein höheres Risiko, Einzelkämpfer zu sein. Schon im Kindergarten fühlen sie sich fremd, aber auch in der Schule und manchmal auch im eigenen Elternhaus.

Da sie empfindsamer sind, reagieren sie oft heftiger und sind manchmal schneller gekränkt. Insofern haben sie in der Tat ein höheres Risiko, als Folge ihrer Hochbegabung psychisch zu erkranken. Eine frühe Diagnosestellung ist wichtig, da sie eine differenzierte Beratung der Eltern und der Umgebung ermöglicht.

Fazit

Gemäß dem Leitsatz ‘Wir Menschen sind alle verschieden anders’ ist die Hochbegabung weder die Ursache für eine Krankheit noch Garant für ein besonderes Leben. Bleibt sie unerkannt, kann sie Krisen und/oder eine Krankheit hervorrufen. Wird die Hochbegabung erkannt, ist sie eine große Chance, sich zu verwirklichen und gesund zu leben.

Von Dr. med. univ. Solmaz Golsabahi -Broclawski und Frau Alma Drekovic

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