Team jameda
Es wird zunehmend anerkannt, dass das Herz im Verlauf der COVID-Infektion beeinträchtigt werden kann.
Es gibt zwei bekannte Formen der Herzbeteiligung. Zum Einen während der akuten Erkrankung, die bei Patienten mit vorbestehenden Herzproblemen oft schwerer verläuft. Bei diesen Patienten leidet das Herz unter der Belastung der fiebrigen Erkrankung, weil es viel mehr arbeiten muss. Außerdem mangelt es den Patienten durch die COVID19-Pneumonie an Sauerstoff, was dem Herzen ebenfalls schaden kann.
Die Infektion und die systemische Entzündung gehen auch mit einer gesteigerten Blutgerinnung (Hyperkoagulabilität) einher, was Gefäßkomplikationen durch Gerinnsel auslösten kann. Die Patienten, bei denen bereits Herzerkrankungen wie Bluthochdruck (Hypertonus) oder Herzinsuffizienz bekannt sind, müssen häufiger auf der Intensivstation betreut werden und haben öfter einen schlechteren Ausgang. Das Alter spielt insbesondere bei der akuten COVID-19 Erkrankungen eine große Rolle, da ältere Menschen meistens mehr Vorerkrankungen haben.
Die zweite Art der Herzbeteiligung beginnt erst ein paar Wochen nach der Genesung. Dies ist auf überschießende Entzündungsreaktionen zurückzuführen, die aus dem Gleichgewicht geraten zu sein scheinen. Obwohl der ganze Prozess bisher noch nicht gut verstanden wurde, kommt es grob dazu, dass der Körper zunächst das Virus abwehrt und dabei Auto-Antikörper bildet, die sich dann gegen die eigenen Organe richten, die dann, nachdem das Virus bereits beseitigt ist, angegriffen werden.
Dies führt auch zur Herzmuskelentzündung, hier spricht man von Myokarditis, sowie Herzbeutelentzündung, dann spricht man von Perikarditis.
Als Konsequenz fühlen sich viele Patienten ausgeprägt erschöpft, müde, kurzatmig und bekommen Herzrasen, oft schon bei alltäglichen Aufgaben. Oft haben sie Mühe, wieder das gleiche Fitness-Niveau wir vor der Infektion zu erreichen. Viele berichten von anhaltendem trockenen Husten und manche entwickeln zum ersten Mal auch erhebliche asthmatische Symptome.
Manche Patienten bemerken auch Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit, Kribbeln und Tinnitus. Häufig haben sie auch mit pustulären (pustelartigen) oder erythematösen Hautausschlägen zu kämpfen. Die weitere Besonderheit dieses so genannten Long- oder Post-COVID-Syndroms ist die Fluktuation der andauernden Beschwerden, so dass eine Zeit lang mit guten und schlechten Tagen zu rechnen ist. Bei Long-COVID stellen wir fest, dass relativ junge Patienten zwischen 35 und 55 Jahren am häufigsten betroffen scheinen.
Nach einer Covid-19-Infektion kann es zu Herzschädigungen kommen. Von anderen Formen der Myokarditis wissen wir, dass die Herzmuskelentzündung das Herz beeinträchtigen und vernarben kann. Mit COVID lernen wir nun zum ersten Mal in Echtzeit, wie das geschieht. Unsere frühen Daten zeigen, dass sich zunächst mehr Wasser im Herzgewebe befindet, was einem Ödem des Herzmuskels entspricht.
Das Ödem erhöht die Steifigkeit des Herzmuskels, was der Grund dafür ist, dass die Patienten sich nicht belasten können, auch wenn die Pumpleistung erhalten bleibt. Denn die begrenzte diastolische Entspannung verhindert, dass sich das Herzvolumen bei Anstrengung erhöht. Perikarditis äußert sich durch die positionsabhängigen, oder sogar wandernden, Schmerzen in der Brust oder im Rücken.
Wir gehen zwar davon aus, dass sich das Ödem bei den meisten Patienten zurückbildet und das Herz von selbst heilt. Dennoch besteht Sorge, dass das Ödem bei einigen Patienten das Gewebe beschädigt, was eine dauerhafte Beeinträchtigung zur Folge hat. Wie oft und in welchem Ausmaß dies geschieht, wissen wir aus derzeit bestehenden Daten noch nicht.
Eine Kardio-MRT-Untersuchung bei Patienten mit einem Post-Covid-Syndrom kann mehrere wichtige Aussagen liefern. Erstens hilft eine kardiale MRT, die Herzbeteiligung zu klären. Die meisten Patienten sind durch ein besseres Verständnis ihrer Symptome erleichtert, auch wenn die Diagnose Myokarditis beängstigend klingt. Das liegt an dem traditionellen Verständnis von Myokarditis. Das betrifft insbesondere Kardiologen, die häufig wirklich kranke Patienten sehen, die akut kurz vor der Herzinsuffizienz stehen und invasive Eingriffe wie Endomyokardbiopsien erfordern.
Im Gegensatz dazu können die empfindlichen Messungen mittels kardialer MRT eine frühere Erkennung von kleinen Veränderungen unterstützen. Das bedeutet, dass wir mit MRT auch Patienten mit milderen Formen der Myokarditis diagnostizieren. Im Gegenteil dazu ist der Ultraschall des Herzens nicht sensitiv genug.
Diese Früherkennung ist wichtig, denn Patienten müssen darauf hingewiesen werden, sich zu schonen und dem Herzmuskel zu erlauben, sich zu erholen. Weiterhin wird bei Patienten mit frühen Anzeichen einer Herzschädigung oder sogar Symptomen einer Herzinsuffizienz eine sogenannte ‘anti-remodeling therapy’ eingeleitet, z. B. mit ACE-Hemmer oder AR-Blocker.
Dadurch bilden sich die Veränderungen oft zurück. Letztendlich kann eine kardiale MRT mit Kontrastmittel durch ‘pericardial enhancement’ auch eine Herzbeutelentzündung sehr gut erkennen. Auch dies lässt sich gut behandeln. Bei gelegentlichen Beschwerden sind einfache Analgetika, wie Paracetamol oder Ibuprofen, bei Bedarf hilfreich. Eine länger andauernde Perikarditis kann in vielen Fällen durch eine Behandlung mit niedrig dosiertem Kolchizin beendet werden.
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