Artikel 06/07/2021

Das jameda-Interview: 9 Fragen an Herrn Dr. med. Holger Wienss

Team jameda
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. med. Holger Wienss interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Orthopäde & Unfallchirurg.

jameda: Herr Dr. Wienss, was hat Sie motiviert, Orthopäde & Unfallchirurg zu werden, und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?

Herr Dr. Wienss: Die Kombination aus Anatomie, Biomechanik, Funktion und Handwerk hat mich immer fasziniert. Im Laufe der Facharztausbildung habe ich früh meine Passion für die Handchirurgie entdeckt. Durch viel Glück und Fügung, aber auch Einsatz, hatte ich immer wohlgesonnene und unglaublich versierte Mentoren. Dafür bin ich unendlich dankbar – ich verdanke ihnen meine berufliche Existenz. Unser Motto lautete immer „Einsatz gegen Lehre’.

Den Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie habe ich vor allem gemacht, um danach die Weiterbildung Handchirurgie absolvieren zu können. Die insgesamt 11 Jahre Ausbildung gipfelten im „European Diploma in Hand Surgery’ unserer übergeordneten Europäischen Fachgesellschaft.

Danach arbeitete ich als Assistenzarzt in der Plastischen Chirurgie, um mein Wissen und meine Fähigkeiten zu erweitern. Die Handchirurgie ist für mich die wunderbarste Möglichkeit, Fertigkeiten aus der Unfallchirurgie, Orthopädie, Plastischen Chirurgie und Mikrochirurgie zu kombinieren.

jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht ihn so besonders?

Herr Dr. Wienss: Ich bin mit Leib und Seele Handchirurg und nehme auch fast nur Fälle aus diesem Fachbereich an. Seit 2011 operiere ich ausschließlich „Hände“, mit momentan etwa 1.200 Eingriffen im Jahr. Durch diese Spezialisierung, sehr fokussierte Weiterbildungen sowie Optimierung der Abläufe im Team biete ich in meinem Fachgebiet routinierte Diagnostik und das gesamte Spektrum der konservativen und operativen Therapiemöglichkeiten.

Hierbei steht immer der Bedarf des Patienten im Vordergrund, den wir in eingehenden Gesprächen eruieren. In dieser Nische fühle ich mich sowohl in der Diagnosestellung als auch in der Umsetzung der Eingriffe extrem sicher.

jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?

Herr Dr. Wienss: Absolut. Mit Hippokrates hat es angefangen, schon er fordert im Hippokratischen Eid, seine Lehrer „den Eltern gleich’ zu achten. Ich hatte das unwahrscheinliche Glück, von wirklichen Koryphäen der Handchirurgie zu lernen und konnte eine tiefe Freundschaft mit meinen Mentoren aufbauen.

Hier nenne ich vor allem Dr. Martin Richter, ehemals Präsident der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie und Prüfungsvorsitzendem des „Diploma in Hand Surgery’ der FESSH, im Weiteren Dr. Thomas Bayer-Sandow und Dr. Oluf Hübner. Dankbar bin ich auch allen Autoren von Fachpublikationen und Kongressreferenten, die mit uns ihr Wissen teilen. Nur so mehren wir es.

jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?

Herr Dr. Wienss: Wir versuchen sowohl fachlich als auch in Bezug auf die Ausstattung up to date zu bleiben. Hier geht es um Optimierung von Arbeitsabläufen, Qualitätsmanagement und Einrichten von Standards, alles zum Schutz des Patienten, aber auch unserer Mitarbeiter und Vermeidung von Müll.

Wir verwenden re-sterilisierbare Abdeckmaterialien, kompostierbare Schienen und sind ökostromzertifiziert (EWS Schönau). Und wissen Sie was? Es wird dadurch gar nicht teurer. Ich will da gerne missionieren …

jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?

Herr Dr. Wienss: Die größte Herausforderung wird sein, dass die Handchirurgie in ihrer Wertigkeit endlich anerkannt wird. Ein Handchirurg, der es wirklich ernst nimmt mit seiner Berufung, muss große Umwege gehen, um dorthin zu kommen wohin er will. Die Handchirurgie ist ein unwahrscheinlich großes Fach. Sie verlangt subtile Fähigkeiten aus orthopädisch-traumatologischem, plastischem und mikrochirurgischem Fachgebiet; viele Patienten leiden unter Rheuma oder Tumoren. Wir benötigen unbedingt die frühzeitige Spezialisierung und den Facharzt für Handchirurgie. Nur so bekommen wir eigene Lehrstühle und Forschungsmittel – zum Wohle der Patienten.

jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?

Herr Dr. Wienss: Ich glaube durch meine Spezialisierung und Erfahrung gibt es wenig, was mir fremd oder neu ist. Dadurch kann ich mich immer neugierig in jeden Fall stürzen, um die bestmögliche Therapie anbieten zu können. Das macht selbstsicher, und die dadurch bestehende Ruhe kann ich an meine Patienten weitergeben.

Ich bin dankbar für das entgegengesetzte Vertrauen. Ich habe das große Glück, meinen Beruf als wirkliche Berufung zu empfinden und hoffe, den Beruf noch lange ausüben zu können. Die Freude an meinem Job darf ich an meine Patienten weitergeben. Ich mache ja auch nur Handchirurgie, viele Eingriffe sind sehr dankbar.

jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?

Herr Dr. Wienss: In meinem Beruf sehe ich Patienten jeden Alters und in allen Lebensphasen. Das macht meinen Beruf sehr abwechslungsreich und spannend. Jede Lebensphase hat andere Anforderungen. Die Patienten erlauben mir, sie in sensiblen Situationen zu begleiten. Das gelingt am besten mit gegenseitigem Respekt, und manchmal auch Humor. Besonders freut es mich, wenn freundlicher Umgang gespiegelt wird – durch freundliche Worte, kleine Aufmerksamkeiten fürs Team oder gute Bewertungen. Meine Patienten sind alles „Typen“ – es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten.

jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?

Herr Dr. Wienss: Klar. Ich habe insgesamt einen sehr dankbaren Job, die Ergebnisse zeigen sich oft sehr schnell und es freut mich, wenn ich – meist ja durch Routineeingriffe – helfen konnte. Aber es ist schon ein besonderes Erlebnis, einem Patienten, dem die Kreissäge alle Finger einer Hand zerschmettert hat, wieder zu einer funktionsfähigen Hand zu verhelfen - indem man mal so richtig tief in die Trickkiste greifen kann. Sowas geht nur im Team, aber sowas sind schon richtige „Ego-Booster’.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Herr Dr. Wienss: Ich warne vor Tischkreissägen, Holzspaltern und allem, was explodieren kann. Meistens verliert man.

Zur Person

  • 46 Jahre, verheiratet, 4 Kinder, lebe im Siebengebirge
  • Zivildienst im Naturschutz in Neustadt/Weinstraße
  • Studium der Biologie in Mainz, Vordiplom in Biologie,
  • Medizinstudium in Rostock und Frankfurt
  • Promotion 2005
  • Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie 2011
  • Zusatzbezeichnung Handchirurgie 2013
  • European Diploma in Hand Surgery FESSH 2013
  • selbstständig in Bad Honnef seit 2017
  • Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie (DGH), Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Federation of Hand Surgery Societies of Europe (FESSH)

Zur Praxis

  • wunderschöne Lage im Stadtpark Bad Honnef im alten Bäderhaus
  • behindertengerecht,
  • seit 2017 kontinuierlich renoviert
  • eigene OPs und Sterilisation
  • eigene Röntgenabteilung
  • Kooperation in GbR mit Dr. Maria Lempa
  • Allgemeinchirurgin
  • Viszeralchirurgin und Fußchirurgin sowie eine angestellte Handchirurgin Dr. Barbara Bardenheuer, seit 2021
  • Insgesamt ca. 2.800 ambulante Operationen im Jahr
  • 11 Angestellte
  • Zugelassen als Handchirurg der Berufsgenossenschaften
  • Behandlung gesetzlich und privat Versicherter sowie von Selbstzahlern

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