Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Gabriele Waldherr interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Heilpraktikerin.
jameda: Frau Gabriele Waldherr, was hat Sie motiviert, Heilpraktikerin zu werden, und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?
Frau Waldherr: Die Heilpraktikerausbildung habe ich gleich nach meinem BWL-Studium begonnen, zunächst vor allem aus großem Interesse an der Naturheilkunde und irgendwie auch als Gegenentwurf zum eher „trockenen“ Studium. Im Nachhinein bin ich über meine in der freien Wirtschaft gemachte Berufserfahrung sehr dankbar, weil ich vieles von dem, was Menschen in der Arbeitswelt bewegt, aus eigener Erfahrung kenne.
Außerdem konnte ich bei meiner doch insgesamt 10 Jahre währenden Tätigkeit in verschiedenen Wirtschaftsunternehmen feststellen, dass ich sozusagen ein „Händchen für den Umgang mit Menschen“ besitze. Ende der neunziger Jahre ist mir dann endlich die Systemische Therapie über den Weg gelaufen und es war Liebe auf den ersten Blick: Das positive Menschenbild, die Ressourcenorientierung und die teilweise doch recht ungewöhnlichen Methoden.
jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht ihn so besonders?
Frau Waldherr: Meine Arbeitshaltung entspricht den Grundsätzen systemischer Therapie und Beratung. Vorwiegend kommen Einzelne und Paare, vom Alter her derzeit zwischen 15 und 66 Jahren. Bei Jugendlichen lade ich auch die Eltern zu regelmäßigen Gesprächen mit ein.
Zu Beginn der Behandlung stehen eine ausführliche Anamnese und eine gründliche Auftragsklärung im Vordergrund. So kann ich mein therapeutisches Angebot den Anliegen der unterschiedlichen Menschen möglichst individuell anpassen. Im Laufe der Jahre habe ich mir ein fundiertes und breites Methodenspektrum angeeignet, um Beschwerdebilder wie Akut-Trauma, Ängste, Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, PTBS und Trauer zu behandeln.
jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?
Frau Waldherr: Die Arbeit von Insoo Kim Berg und ihrem Ehemann Steve de Shazer hat mich sehr beeindruckt. Die beiden haben mit ihren Patient*innen oder Kund*innen, wie sie hier genannt werden, lösungsorientierte Kurzzeit-Therapien durchgeführt und nach Prämissen behandelt wie: „Repariere nichts, was nicht kaputt ist.“ oder „Wenn etwas funktioniert, mach mehr davon, wenn etwas nicht funktioniert, mach’ etwas anderes.“
Das klingt jetzt vielleicht sehr nüchtern, ist aber sehr effektiv. Insbesondere wenn die Therapeut*in eine gelassene und präsente Haltung zeigt, kann das für die Patient*innen oder eben Kund*innen sehr anregend zum Erfinden einer passenden Lösung sein.
jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Frau Waldherr: Ich denke, das ist die Pandemie und ihre kurz- und langfristigen Folgen auf die Psyche. Unterschiedliche Angststörungen, Zwänge, Depressionen und auch Essstörungen sind auf dem Vormarsch. Gleichzeitig ist klar, dass das Angebot an kassenfinanzierten Therapieplätzen nicht ausreichen wird.
Fakt ist auch, dass viele Menschen, die Psychotherapie bräuchten, sich meine Dienste oder die meiner Kolleg*innen als Selbstzahler gar nicht leisten können. Die Bundesregierung schließt Heilpraktiker*innen und Heilpraktiker*innen für Psychotherapie hartnäckig aus der Regelversorgung aus.
jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?
Frau Waldherr: Meine unkomplizierte, herzliche Art, glaube ich, und dass ich durch meine langjährige Erfahrung den Eindruck vermittle, für die jeweilige Behandlung kompetent zu sein. Und ich glaube, dass bin ich oft, und wenn nicht, dann sage ich das den Leuten auch und biete weiterführende Adressen an.
jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?
Frau Waldherr: Die Menschen, die zu mir kommen, sind mir allesamt auf ihre ganz persönliche Weise sympathisch. Und umgekehrt ist das genauso – sonst geht die Arbeit, die wir psychotherapeutisch Arbeitenden machen, gar nicht. Außerdem sind bei mir das Altersspektrum und die Themenvielfalt groß.
Wie vorhin schon erwähnt, arbeite ich mit Jugendlichen ab 13 Jahren und die derzeit älteste Klientin ist 66 Jahre alt. Derzeit kommen allerdings meist Leute, die zwischen Anfang 20 und Mitte 30 sind. Das hat sich die letzten Jahre stark gewandelt. In dieser Generation ist die Inanspruchnahme psychologischer Beratung und Psychotherapie kein Stigma mehr.
jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Frau Waldherr: Ja, erst kürzlich, als eine junge Frau mit ihrem fast zweijährigen Sohn bei mir zu Besuch in die Praxis kam. In der Vergangenheit durfte ich sie einige Jahre auf ihrem Weg in ein zufriedenes Erwachsenenleben begleiten. Ihr Besuch nach fast zwei Jahren hat mich total gefreut und war ein großer Vertrauensbeweis für mich.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Frau Waldherr: Ein kurzer oder längerer Gang in der Natur, bei der alle Sinne auf das, was gerade gehört, gerochen, gesehen und gespürt werden kann, ist Erste Hilfe bei psychischen Verstimmungen.
Und ein Tagebuch, um unzensiert alles aufschreiben zu können, wovon man sich belastet fühlt, aber auch, wofür man dankbar ist. Beide Handlungen sind sowohl präventiv als auch kumulativ in ihrer Wirkung zu sehen – das meint, je öfter sie vorgenommen werden, desto nachhaltiger ist ihre positive Wirkung!
Mitgliedschaften
Fortlaufende Qualitätssicherung durch kontinuierliche Fort- und Weiterbildung und Zertifizierung durch die EAP – European Association of Psychotherapy.
Mitten in München-Schwabing nahe Elisabeth- und Kurfürstenplatz im charmanten Hinterhaus einer Praxisgemeinschaft mit insgesamt drei Kolleginnen.
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