Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Dr. med. Ulrike Walter interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Hals-Nasen-Ohren-Ärztin.
jameda: Frau Dr. Walter, was hat sie motiviert, Hals- Nasen- Ohren-Ärztin zu werden?
Dr. Walter: Das HNO-Fachgebiet hat mich besonders fasziniert, da es hier besonders um unsere Sinne geht. Gleich vier Sinne sind in diesem Bereich auf örtlich engem Raum vertreten: Hör-, Gleichgewichts-, Geruchs- und Geschmackssinn. Außerdem haben wir gerade im Kopfbereich vielfältige Berührungen mit anderen Fachgebieten. Dazu gehören Augen- und Zahnheilkunde, Kieferchirurgie und Orthopädie, Neurologie und natürlich auch Psychosomatik. Das macht das Fachgebiet spannend und vielfältig.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dr. Walter: Ich liebe es, Patienten helfen zu können, indem ich versuche, die wahre Ursache ihrer Beschwerden herauszufinden. Denn es ermöglicht mir, sie dann auf möglichst natürliche Weise zu behandeln. Das ist die tiefe Motivation für all meine vielen Fortbildungen. Denn nur dann meine ich, kann gerade bei chronischen Beschwerden eine Behandlung langfristig Besserung bringen. In manchen Fällen auch wirkliche Heilung. Aber dazu bedarf es immer auch des Patienten selber – heil werden kann nur er. Der Arzt kann immer nur Hilfestellung sein. Das ist für mich die größte Herausforderung und stachelt mich immer weiter dazu an, mein Wissen zu vermehren.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Walter: Dass Infekte nur gut durch Antibiotika zu behandeln seien.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Dr. Walter: Ich rate meinen Patienten sich selber folgende Fragen zu stellen:
Nach Beantwortung dieser Fragen weiß man ziemlich genau, wie hoch der Stellenwert der Beschwerden wirklich ist.
Natürlich gibt es aber auch Patienten, die wirklich eine unglaubliche Disziplin und Kraft mitbringen und trotzdem nicht zur Heilung kommen. Ihnen gilt meine besondere Empathie und man sollte sie sehr auf der menschlich zugewandten Art und mit stärkenden Substanzen unterstützen.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Walter: Selbstverständlich freundlich und zugewandt, denn anscheinend hat er entweder kein Vertrauen in die Therapie. Dann liegt es an mir, ihm diese nochmals zu erläutern und nahezubringen.
Oder aber er verspürt nicht den nötigen Leidensdruck, um Dinge ändern zu wollen. Dann ist es doch auch nicht verwerflich, wenn er sich anders entscheidet. Ich setzte doch keine Dogmen oder glaube, dass mein Weg der einzige ist. Wie gesagt, die Natur jedes Menschen ist es, die heilen kann. Ich bin doch nur ein Guide.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Walter: Jeder Mensch sollte mehr in die Eigenverantwortung seiner Gesundheit und der seiner Kinder kommen. Dazu bedarf es viel mehr Aufklärungsarbeit.
Dazu müssten erst mal Voraussetzungen geschaffen werden. Nämlich dass wir überhaupt wieder an gesunde Nahrungsmittel herankommen, die sich jeder leisten kann. Genauso sollte es in unserer Gesellschaft wieder selbstverständlich sein, dass wir uns Ruhepausen zugestehen. Dazu braucht es mehr Wir-Gefühl und die Bereitschaft, das Ego auch mal zurückzustellen. Die Ganzheitsmedizin sollte viel mehr unterstützt werden. Es sollte mehr Lehrstühle dafür geben, mehr Forschungsgelder bereitgestellt werden.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Walter: Die Ärzte sollten viel mehr prophylaktisch tätig sein können und auch dafür bezahlt werden. Nicht erst für die Behandlung eines Diabetes oder Bluthochdrucks.
Gegen Qualitätskontrollen habe ich nichts – sowohl in der Schulmedizin als auch Komplementärmedizin. Überhaupt sollte diese Trennung langsam verschwinden zum Wohle der Patienten. Denn natürlich haben beide Linien ihre Berechtigung und Erfolge. Nur jemand, der nicht über seinen Tellerrand hinausblicken kann, verurteilt von Vorneherein irgendeine Methode, die er nicht erforscht hat. Nach meiner Erfahrung haben wir die besten Möglichkeiten in der Nutzung des Wissens und der Erfahrung von beiden Seiten. Zusätzlich würde bei dem einen oder anderen etwas mehr menschliche Kompetenz nicht schaden.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapien oder Geräte, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Dr. Walter: Wir sind gerätetechnologisch auf modernstem Stand. Zusatzverfahren wenden wir vor allem in der Schwindeldiagnostik. Dazu gehören der computergesteuerte Videokopfimpulstest, die posturografische Schwindelplatte und die haptische Vertikale.
Wir bieten auch eine Videolaryngoskopie (Kehlkopfuntersuchung mit Kamera und Bildschirm) an.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Dr. Walter: Ich erinnere mich gerne an viele einzelne Geschichten und Erlebnisse mit Patienten, tragische und komische – wie das Leben eben ist. Sie sind mir alle wichtig. Ich freue mich immer, wenn ein Patient glücklicher von mir geht als er kam.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Walter: Achten Sie auf den wichtigsten Menschen in Ihrem Leben – nämlich auf sich selbst.
Halten Sie täglich kurz inne, um zu spüren, was wirklich wichtig ist und handeln Sie immer mehr danach.
Laden Sie sich mit positiven Gefühlen und Menschen auf und trennen Sie sich von Dingen, die Ihnen nicht gut tun.
Tun Sie das, was Sie wirklich wollen, nicht das, was andere denken, das Sie tun sollten.
Leben Sie Ihr Leben in Fülle – Sie haben alles in sich.
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