Team jameda
Nicht selten fühlen sich werdende Väter während der Schwangerschaft ähnlich wie ihre Partnerin: Sie schlafen schlecht, leiden unter Übelkeit und bekommen einen dicken Bauch. Was sich hinter dem Couvade-Syndrom verbirgt, erklärt die jameda Gesundheitsredaktion in diesem Gesundheitsspecial.
Couvade-Syndrom: Der Vater „brütet“ auch
Der Begriff Couvade-Syndrom kommt aus dem Französischen (couver – ausbrüten) und beschreibt eine Anzahl von Symptomen, die werdende Väter während der Schwangerschaft ihrer Partnerin an sich selbst feststellen können. Es sind Veränderungen, die auch werdende Mütter durchleben, z. B. Gewichtszunahme, Übelkeit und Erbrechen, Schlafstörungen oder Kopf-, Zahn- oder Rückenschmerzen.
Vaterschaftsrituale verschiedener Kulturen
Den Begriff Couvade prägte der Anthropologe E. B. Taylor (1832-1917), als er Vaterschaftsrituale verschiedener Kulturen beschrieb. Dabei berücksichtigte er Kulturen aus verschiedenen Epochen wie z. B. das alte Griechenland, das antike Rom, asiatische Kulturen, indianische Stämme und Völker in Südamerika. Ein sehr eindrückliches Ritual vollziehen Männer beispielsweise in Papa Neu Guinea: Hier baut der Mann abseits des Dorfes eine Hütte, in der er sich niederlegt, sobald die Wehen seiner Frau einsetzen. Er versetzt sich in die Situation der Gebärenden, er empfindet ihre Schmerzen nach. Diese Rituale erfüllen je nach Kultur unterschiedliche Zwecke. So kann der Mann beispielsweise die Aufmerksamkeit böser Geister auf sich ziehen und somit Mutter und Kind schützen. Auch soll die Verbindung zwischen Vater und Geistern/Göttern auf diese Weise gestärkt werden, um dem Kind den besten Weg durchs Leben zu ermöglichen. Auch stellt der Vater mit seinem Ritual klar, dass er der Erzeuger ist, zugleich kann ihn das Ritual von den Strapazen seiner Partnerin ablenken und ihm die Angst nehmen.
Sympathiepfunde in der Co-Schwangerschaft des Vaters
In den modernen westlichen Gesellschaften haben sich Vaterschaftsrituale verloren. Der Begriff Couvade bezieht sich hier auf eine Gruppe von Schwangerschaftssymptomen. Am häufigsten bemerkt man, dass der werdende Vater zeitgleich mit der Mutter einige „Sympathiepfunde“ zulegt. Aber auch andere Beschwerden können ihm zu schaffen machen, z. B. Übelkeit und Erbrechen, Magenkrämpfe, Durchfall, Verstopfung, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Heißhunger, Kopf-, Zahn- und Rückenschmerzen, Nasenbluten und Juckreiz. Die Symptome sind individuell verschieden, meist sind sie so leicht, dass der Mann deswegen nicht zum Arzt geht. Auch die Länge der „Leidenszeit“ variiert von Mann zu Mann. Ob die Beschwerden beim ersten Kind stärker auf als bei nachfolgenden Geburten auftreten, ist ebenfalls vom Typ abhängig. Ist das Kind zur Welt gekommen, verschwinden die Symptome meist.
Während einer Schwangerschaft tauchen unbekannte Gefühle auf
Eine Schwangerschaft verändert das Leben der werdenden Eltern. Kein Wunder also, dass beide unterschiedlichste Gefühle erfahren. Neben Freude und Glück können sich auch Angst, Verunsicherung und Hilflosigkeit einstellen, sodass das seelische Gleichgewicht leidet und sich Verhaltensweisen ändern. Man könnte die Beschwerden des Vaters in Eifersucht auf das Kind begründet sehen, da es nun als „Rivale“ ebenfalls Liebe und Aufmerksamkeit von der Mutter erhält. Eifersucht aber auch auf die Frau, die Kinder gebären kann, was dem Mann nicht möglich ist. Auch Schuldgefühle und Konkurrenzgedanken können den werdenden Vater in seinem Verhalten beeinflussen. Untersuchungen, wonach sogar der Hormonhaushalt werdender Väter verändert ist, also weniger Testosteron und mehr Estradiol aufweist, muss noch in weiteren Studien bestätigt werden.
Die Männer nehmen ihre neue Rolle wahr
Das Verhalten von Männern während einer Schwangerschaft zeigt auch den Wandel der Geschlechterrollen. Im Zuge der Gleichberechtigung und neuen Rollenverteilung können sich Väter stärker an Schwangerschaft und Geburt beteiligen, als das noch vor Jahrzehnten der Fall war. Viele Männer nehmen mit ihren Partnerinnen an Geburtsvorbereitungskursen teil und stehen der Mutter während der Niederkunft helfend zur Seite. Dass sie sich durch diese intensive Beschäftigung mit den „anderen Umständen“ verändern, ist gut nachvollziehbar.
Was hilft gegen die Couvade-Symptome?
Das Couvade-Syndrom ist vollkommen ungefährlich und bedarf im Normalfall keiner ärztlichen Behandlung. Viele Beschwerden können symptomatisch behandelt werden. Bei Übelkeit und Erbrechen helfen Tees mit Ingwer, Pfefferminze und Kamille. Rückenschmerzen können mit Wärmepflastern oder schmerzstillenden Einreibungen gelindert werden, bei Zahn-und Kopfschmerzen helfen kurzfristig Schmerztabletten. Schlafstörungen können mit pflanzlichen Schlafmitteln, autogenem Training und Schlafhygiene gebessert werden. Die emotionale Beteiligung an Schwangerschaft und Geburt kann dazu führen, dass man sich auch als Mann mehr Sorgen macht. Kurse, Ratgeber, Dokumentationen und Vorträge zum Thema können neben willkommenem Wissen auch Hinweise auf Risiken und Gefahren vermitteln. Hier helfen klärende Gespräche mit der Hebamme oder dem behandelnden Frauenarzt. Auch Entspannungstechniken wie Meditation und Yoga verschaffen Ruhe und Gelassenheit.
Nach der Geburt: Weg mit dem Speck!
Mit der Geburt des Kindes verschwinden die Couvade-Symptome meist, Freude und Erleichterung halten Einzug. Bis der weibliche Körper seine ursprüngliche Form und Funktion wieder erreicht hat, dauert es in der Regel noch einmal neun Monate bzw. bis nach dem Abstillen. Viele Frauen unterstützen durch Rückbildungsgymnastik und Sport diese Umstellung. Hier sollten sich auch die Väter anschließen. Manche Kurse für Rückbildung werden sogar schon für Mütter und Väter angeboten. Eine gesunde ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung im Alltag tragen dazu bei, dass auch der Vater sein Babybäuchlein wieder verliert.
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