Artikel 31/05/2024

Metaanalyse bestätigt Wirkung: Botulinumtoxin effektiv gegen Bruxismus

Dr. med. Günther Riedel Plastischer & Ästhetischer Chirurg, Handchirurg
Dr. med. Günther Riedel
Plastischer & Ästhetischer Chirurg, Handchirurg

Botulinumtoxin effektiv gegen Bruxismus

Kopf- und Gesichtsschmerzen, Zahnschäden und Schlafstörungen sind nur einige der Beschwerden, unter denen Menschen mit Bruxismus leiden. Dahinter steckt das unwillkürliche Zähneknirschen oder Zusammenpressen der Kiefer im Schlaf oder im Wachzustand. Behandelt wird mit Entspannungstechniken und Zahnschienen. Doch mehr und mehr kristallisiert sich heraus, dass auch die Injektion von Botulinumtoxin in die verspannten Muskeln das Leiden verringert.

Zu sehen ist eine rothaarig-gelockte Frau mit einem schmerzvollen Gesichtsausdruck. Die Hände sind am Kopf und die Finger berühren die Stirn. Viele Menschen leiden unter Kopfschmerzen aufgrund von Zähneknirschen.

Ursache weitgehend unbekannt

Bruxismus kommt im Schlaf und im Wachzustand vor. Er kann vom Durchbruch der Zähne bis ins hohe Alter auftreten, wobei er im Lebensverlauf hin eher seltener wird. An einem Schlafbruxismus sollen je nach Untersuchung bis zu 56,5 % der Kinder leiden. Unter den Erwachsenen sind etwa 13 % von einem Schlafbruxismus und bis zu 31 % von einem Wachbruxismus betroffen.

Starke Schmerzen in Kopf und Kiefer

Zu den typischen Beschwerden gehören erhebliche Schmerzen in den Kiefergelenken, der Kaumuskulatur oder in der Nackenmuskulatur. Kopfschmerzen im Schläfenbereich treten vor allem beim Aufwachen auf. Die Zähne leiden häufig mit: Ihre Hartsubstanz wird abgerieben, manchmal lockern sie sich auch durch die mechanische Beanspruchung und fangen an zu wackeln, ohne dass andere Ursachen wie Parodontose oder Karies vorliegen.
Die üblichen Behandlungsmethoden sind Entspannungsübungen und das Tragen von Zahnschienen. Weil sie häufig nicht erfolgreich sind, wurden immer wieder andere Verfahren ausprobiert. Dazu gehört auch die Injektion von Botulinumtoxin in die angespannte Kiefermuskulatur.

Botulinumtoxin an fast 300 Patienten geprüft

Botulinumtoxin (Botox) ist eine Substanz, die vorübergehend Muskeln lähmt und diese dadurch entspannt. In der ästhetischen Medizin wird Botox seit Jahrzehnten erfolgreich und sicher zur Behandlung von Falten eingesetzt. Seit geraumer Zeit kommt Botulinumtoxin auch beim Bruxismus zum Einsatz. Wie gut die Methode wirkt, hat ein italienisch-rumänisches Team anhand der Analyse von 12 Studien mit fast 300 Betroffenen recherchiert.

Die Patienten litten unter einem unterschiedlich stark ausgeprägten Bruxismus mit Schmerzen, Problemen, den Mund weit zu öffnen und/oder Schlafstörungen. Die Botox-Dosierungen, die Häufigkeit der Spritzen und die Injektionsorte variierten in den Studien: Manche Patienten bekamen das Mittel wiederholt nur in den kräftigsten Kaumuskel, den Massetermuskel, injiziert. In anderen Fällen wählten die Ärzte für die Injektion den Schläfenmuskel oder den M. pterygoideus (beides ebenfalls Kaumuskeln, die an den Kieferknochen ansetzen). Die Wirkung der Botulinumtoxininjektionen wurde durch verschiedene objektive und subjektive Verfahren erfasst. Dazu gehörten die regelmäßige Befragung der Patienten und die Erhebung der Schmerzen mittels visueller Analogskala. Außerdem wurden die Patienten klinisch untersucht und in einigen Fällen die Muskelaktivität per Elektromyographie gemessen. In Studien, in denen der Schlaf kontrolliert wurde, geschah dies mithilfe der Polysomnographie.

Schmerzen gelindert, Schlaf verbessert

Die Behandlung erwies sich in allen zwölf Studien als erfolgreich. Die durch den Bruxismus ausgelösten Schmerzen wurden deutlich gelindert, der Schlaf besserte sich. In den Fällen, in denen die Kaumuskelanspannung gemessen wurde, ließ diese deutlich messbar nach. Die Dauer der Effekte variierte, da unterschiedlich hohe Dosen verwendet wurden und sich auch die Anzahl der Injektionen unterschied.
Unerwünschte Wirkungen traten in allen Studien auf. Am häufigsten handelte es sich dabei um vorübergehende Schmerzen an der Einstichstelle. Offenbar waren diese jedoch erträglich, denn nur einer der Patienten zog es vor, auf weitere Botox-Injektionen zu verzichten. Andere Beschwerden waren Mundtrockenheit und eine zeitweilige Kaumuskelschwäche, die von den meisten Patienten jedoch gut toleriert wurde. Allergische Reaktionen traten nicht auf. Schmerzen gelindert, Schlaf verbessert.

Alternative für Patienten, die keine Schiene tragen wollen

Botulinumtoxininjektionen entspannen die Kaumuskulatur und lindern bruxismusbedingte Kopf- und Kieferschmerzen, folgern die Autoren der Metaanalyse. Höhere Dosierungen und mehrere Injektionsorte (z. B. in alle drei Kaumuskeln) scheinen den Effekt insbesondere im ersten Wirkungsmonat zu verbessern.
Im Allgemeinen ist etwa nach sechs Monaten eine weitere Injektion erforderlich. Damit ist Botulinumtoxin ein praktikables Behandlungsverfahren bei ausgeprägtem Bruxismus - vor allem für diejenigen Patienten, denen andere Methoden keine Linderung verschaffen oder die eine Zahnschiene nicht tragen möchten. Um die Techniken und Dosierungen zu optimieren und zu standardisieren, empfehlen die Autoren, weitere Studien durchzuführen.

Malcangi, G. et al, J. Clin. Med. 2023, 12(14), 4586; https://doi.org/10.3390/jcm12144586

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