Artikel 01/08/2020

Neue Chancen für geschädigten Knorpel dank autologer Knorpelzelltransplantation

Oleh Maykan Orthopäde & Unfallchirurg, Spezieller Unfallchirurg, D-Arzt
Oleh Maykan
Orthopäde & Unfallchirurg, Spezieller Unfallchirurg, D-Arzt
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Wie wichtig unsere Gelenke für ein unbeschwertes Leben sind, merken wir oft erst, wenn es in ihnen knirscht und knackt. Der Alltag wird stark eingeschränkt, wenn Bewegungen nur noch unter Schmerzen möglich sind. Wir wollen alle ein aktives Leben führen, sind den ganzen Tag auf den Beinen, lieben es, Sport zu treiben.

Doch dabei ist es leider schnell passiert: Wir stürzen oder erleiden andere Unfälle, bei denen wir uns Knie, Hüfte, Ellenbogen oder Schulter verletzen. Dabei wird oft auch der Knorpel in den betroffenen Gelenken in Mitleidenschaft gezogen. Auch Fehlstellungen können diese Folge haben.

Das ist ein Problem, denn die Knorpelschicht sorgt dafür, dass wir unsere Gelenke geschmeidig bewegen können. Leider ist der Körper nicht in der Lage, verletzten Knorpel zu reparieren. Im Gegenteil: Der Schaden wird mit der Zeit immer größer, es droht Arthrose und nach vielen Jahren vielleicht sogar die Notwendigkeit, einen künstlichen Gelenkersatz zu bekommen.

Die gute Nachricht: Orthopäden können Patienten mit einer modernen, präventiven Therapie helfen: der Knorpelzelltransplantation.

Viele Therapien lindern die Beschwerden nur

Vor der Einführung dieser innovativen Methode gab es schon andere Verfahren, um den Knorpel zu retten. Sie sind immer noch im Einsatz, kommen aber im Ergebnis nicht an die Erfolge heran, die mit einer Knorpelzelltransplantation erzielt werden können. Eine Therapie ist die sogenannte Refixation.

Dabei befestigen Ärzte den abgelösten Knorpel wieder, indem sie ihn kleben oder nähen. Doch dafür ist es nötig, das Gelenk zu öffnen. Zweiter Nachteil des Verfahrens: Man kann nicht alle Knorpelbereiche wieder befestigen. Danach wurde das Tissue-Response-Verfahren, auch Mikrofaktorierung genannt, entwickelt.

Hier piekst oder bohrt der Arzt die Knorpelschicht leicht an. Dadurch treten Stammzellen aus dem Blut aus, die die Korpelschicht zumindest ein wenig begradigen. Das macht den Knorpel zwar wieder belastbarer, aber eine Reparatur findet nicht statt.

Ein drittes Verfahren ist die autologe Knorpel-Knochen-Transplantation (OATS), auch Mikroplastik genannt: Der Arzt entnimmt Zylinder mit Knorpel aus einem nicht belasteten Bereich des Gelenks und verpflanzt sie in den geschädigten Bereich. Doch dabei handelt es sich um sogenannten Mischknorpel und der bringt keine ausreichende Stabilität. Der Patient hat deshalb weiter Schmerzen.

Das Gelenk muss nicht geöffnet werden

All diese Verfahren sind zwar ein Versuch, den Knorpel wieder zu heilen, doch das gelingt oft nur in Maßen. Bei der neuesten Therapie, der autologen Knorpelzelltransplantation, ist das in den meisten Fällen anders: Mit diesem Verfahren können auch große Knorpeldefekte mit körpereigenen Zellen repariert werden.

Und das funktioniert so: Mit einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) entnehmen Ärzte Zellen aus Bereichen des Gelenks, die wir Menschen bei Bewegungen nicht belasten. Dabei handelt es sich um eine minimal-invasive Methode, der Arzt muss das Gelenk also nicht öffnen.

Die entnommenen Zellen werden in ein spezielles Labor geschickt, wo daraus neue Knorpelzellen gezüchtet werden. Bei einem zweiten minimal-invasiven Eingriff werden diese neuen Zellen ins Gelenk eingebracht. Zwischen den beiden Eingriffen liegen zwei bis drei Wochen, denn so lange dauert es, die Zellen zu züchten.

Als diese Methode noch in den Kinderschuhen steckte, brauchte das Labor dafür sechs Wochen. Die autologe Knorpelzelltransplantation hat sich in den letzten Jahren also enorm weiterentwickelt.

Auch Begleiterkrankungen können mitbehandelt werden

Was Patienten wissen müssen: Ein Knorpelschaden tritt nur sehr selten alleine auf. Bei Unfällen oder Fehlstellungen zieht man sich fast immer auch Begleiterkrankungen wie Verletzungen des Kreuzbandes oder der Menisken zu.

Vielleicht sind X- oder O-Beine die Ursache. Diese Probleme kann man während der Knorpelzelltransplantation sehr gut mitbehandeln. Fazit: Es gibt viele gute Argumente für die autologe Knorpelzelltransplantation.

Ein entscheidender Vorteil für den Patienten ist, dass der Arzt das Gelenk nicht mehr öffnen muss. Das verringert das Infektionsrisiko und die Gefahr von Verwachsungen. Es entstehen keine Blutergüsse im Gelenk und der Patient hat weniger Schmerzen als bei den anderen Verfahren. Am Ende ist er deutlich schneller auf den Beinen und kann wieder seinen ganz normalen Alltag leben.

Innovative Therapie wird in spezialisierten Zentren angeboten

Die Knorpelzelltransplantation ist eine präventive Therapie. Ärzte können damit verhindern, dass Patienten frühzeitig ein künstliches Gelenk benötigen. Mehr noch: In manchen Fällen können sie damit den Einsatz einer Endoprothese sogar ganz überflüssig machen.

Nach einer erfolgreichen Knorpelzelltransplantation kann man das Gelenk bewegen wie vor der Erkrankung. Patienten können wieder wandern, tanzen oder Tennis spielen – und das ganz unbeschwert ohne Schmerzen.

Allerdings darf man nicht den richtigen Zeitpunkt für die Therapie verpassen. Lebt man zu lange mit den Schmerzen und unternimmt nichts, sinken die Erfolgschancen. Es ist also ratsam, frühzeitig einen Orthopäden zu konsultieren.

Er kann den Patienten auch dabei helfen, das richtige Zentrum für diese Therapie zu finden. Denn die Knorpelzelltransplantation wird in Deutschland in nur wenigen spezialisierten Kliniken und Praxen angeboten.

Die Kostenübernahme ist auch für Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen kein Problem, wenn das Knie betroffen ist. Am Sprunggelenk, der Schulter und der Hüfte zahlt die Krankenkasse in der Regel aber nicht.

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