Artikel 09/07/2013

Schützt Alkohol vor dem Herzinfarkt? (Teil 1)

Dr. med. Boris Leithäuser Internist, Kardiologe, Angiologe
Dr. med. Boris Leithäuser
Internist, Kardiologe, Angiologe
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Der erste Bundespräsident Theodor Heuss soll einmal gesagt haben „Wer Wein säuft sündigt, wer Wein trinkt betet“. Wer regelmäßig Rotwein trinkt soll ja - ob mit oder ohne göttlichen Beistand - vor Herzinfarkten geschützt sein. Ist das der Grund warum Herzinfarkte in Nordirland doppelt so häufig sind, wie in Frankreich?

Eine Studie hat die Trinkgewohnheiten von 2400 Männern in Belfast mit denen von 7300 Franzosen in Strasbourg, Lille und Toulouse über 10 Jahre verglichen. Die Nordiren trinken im Schnitt 22 Gramm Alkohol pro Tag während die Franzosen 33 Gramm verköstigen. Allerdings genießen dreiviertel der Franzosen jeden Tag ein bisschen, während über 80 % der Nordiren meist am Samstag die ganze Wochenration verschlucken. Unter Männern in Belfast kommt es zwanzig Mal häufiger als in Frankreich zu Trinkgelagen - das sind Gelegenheiten bei denen mehr als 50 Gramm Alkohol pro Nase getrunken werden.

Zwei Umstände sind entscheidend dafür, ob der Genuss von Alkohol sich günstig oder ungünstig auf die Gesundheit auswirkt: Die getrunkene Gesamtmenge und die Verteilung der Menge über einen Zeitraum. Zeitgenossen, die täglich eine geringe Menge an Alkohol zu sich nehmen schneiden in Bezug auf das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen tatsächlich besser ab, als diejenigen, die gar keinen Alkohol trinken.

Eine geringe Menge bedeutet 5-25 Gramm pro Tag. Dabei ist es unbedeutend in welcher Form der Alkohol genossen wird - Bier, Wein oder Hochprozentiges. Zwanzig Gramm Alkohol sind enthalten in einem halben Liter Bier, etwa 0,2 Liter Wein oder 60 Milliliter Whisky. Bei Überschreiten dieser Menge überwiegen die schädigenden Wirkungen (die Franzosen haben mehr Lebererkrankungen!). Wer in kurzer Zeit große Mengen alkoholischer Getränke zu sich nimmt - Stichworte Koma-Saufen oder „binge drinking“ - und sich damit zielgerichtet in den Rausch trinkt, verkehrt die durchaus positiven Wirkungen des Alkohols ins Gegenteil.

„Binge drinking“ gab es schon in der Antike. Der Begriff Symposium - heute verstehen wir darunter meist eine wissenschaftliche Konferenz oder ein Künstlertreffen - geht zurück auf den altgriechischen Begriff Symposion und bedeutet sinngemäß übersetzt „gemeinsames, geselliges Trinken“. In der Heilkunst des Altertums wurde dem Alkohol eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Für die alten Römer war die tägliche Verabreichung von Wein ein wichtiger Bestandteil der ärztlichen Behandlung.

In europäischen Krankenhäusern hat sich diese therapeutische Maßnahme bis zum Beginn der Neuzeit gehalten. Wer kennt nicht den Jubiläums Akvavit aus Dänemark, abgeleitet von lateinisch „aqua vitae“ zu Deutsch „Lebenswasser“. Der „gebrannte Wein“ (Branntwein) ist ein Produkt der mittelalterlichen Alchimie und galt als „balsamus universalis“, als Universalheilmittel. Allerdings besagt ein aus dem Jahre 1532 überlieferter Ausspruch des protestantischen Reformpredigers Sebastian Franck über das Heilmittel: „Wenig getrunken ist gesund, und ein arczney den menschen zu erhalten erschaffen. Zu vil ist aber gyfft“.

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