Team jameda
Die Ressourcen-Therapie hilft zum Beispiel, alte Verhaltensmuster zu verändern. Dieser Artikel verrät, wie sie funktioniert.
Die deutschen Krankenkassen bezahlen die Psychoanalyse und die Verhaltenstherapie. Die Psychoanalyse geht auf die Arbeit von Sigmund Freud zurück, der psychische Probleme als unverarbeitete Konflikte in der Kindheit ansah. Die Verhaltenstherapie entwickelten verschiedene Therapeuten. Sie basiert auf den Prinzipien der Lerntheorie, d.h. durch konditioniertes Lernen kann Verhalten verändert werden. Ein typisches Beispiel sind die pawlowschen Hunde.
Jedoch wurden seit der Jahrtausendwende verschiedene neue Therapieansätze entwickelt. Dazu zählen die Ego-State-, die Schema- und die Ressourcen-Therapie. Alle diese Ansätze haben gemeinsam, dass die Persönlichkeit aus verschiedenen Anteilen besteht. Sie bestimmen unsere Gefühle und unser Verhalten. Die einzelnen Ansätze unterscheiden sich in ihren Einsatzgebieten und Grundannahmen.
Die Ressourcen-Therapie wurde von Dr. phil Gordon Emmerson in Australien entwickelt und 2014 bekannt gemacht. Zuerst ist es wichtig, einige Begriffe der Ressourcen-Therapie zu klären.
Eine Ressource ist ein Persönlichkeitsanteil, der entsteht, wenn ein bestimmtes Verhalten wiederholt ausgeführt wird, um eine Situation zu bewältigen. Sie existiert auf der physischen Ebene in Form von Axonen, Dendriten und Synapsen im Nervensystem. Jede Ressource hat eigene Fähigkeiten, eigene Gefühle und eine eigene Intelligenz, die sie für ihre Aufgabe braucht. Wenn ein Mensch wach ist, dann ist immer eine Ressource im Bewusstsein aktiv.
Das Bewusstsein ist die Selbst-Wahrnehmung, die durch die aktive Ressource bestimmt wird. Dieser aktive Persönlichkeitsanteil nimmt die Situation wahr, so wie er es erlernt hat, und benimmt sich gemäß seinen Fähigkeiten und Gefühlen. Wenn eine andere Ressource aktiv wird, dann ändern sich unsere Wahrnehmung, Gefühle und Fähigkeiten.
Die meisten Ressourcen entwickeln sich während der Kindheit und im frühen Jugendalter. Jedoch können unter bestimmten Voraussetzungen auch neue Ressourcen im Erwachsenenalter entstehen. Je häufiger ein Verhalten wiederholt wurde, desto stärker ist dessen physische Ausbildung im Nervensystem.
Die Summe der Ressourcen ergibt unsere Persönlichkeit. Die Persönlichkeitsanteile können grob in zwei Typen eingeteilt werden. In Oberflächenanteile, die häufig verwendet werden, und in Tiefenanteile, die selten in Gebrauch sind. Nur einer dieser Persönlichkeitsanteile ist zu einem Zeitpunkt im Bewusstsein aktiv. Die Ressourcen können schnell wechseln. Jeder Mensch besitzt viele verschiedene Ressourcen im zweistelligen Bereich, manchmal auch mehr.
Die Persönlichkeit besteht aus verschiedenen Anteilen. Es ist immer ein einzelner Persönlichkeitsanteil aktiv und steuert unser Verhalten.
Klienten reagieren unterschiedlich, je nachdem welcher Persönlichkeitsanteil gerade aktiv ist.
Persönlichkeitsanteile können gesund oder pathologisch sein, d.h. krank.
Pathologische Anteile werden in folgende Kategorien eingeteilt:
4.1. Überflutet: Diese Anteile lösen unerwünschte Gefühle aus.
4.2. Überaltert: Diese Anteile verursachen ein unerwünschtes Verhalten.
4.3. In Konflikt stehend: Persönlichkeitsanteile haben einen Konflikt untereinander.
4.4. Unstimmig: Der falsche Persönlichkeitsanteil versucht, eine Aufgabe zu lösen. Dieser Persönlichkeitsanteil ist dafür jedoch wenig geeignet und fühlt sich unwohl.
Überflutete Anteile sind Persönlichkeitsanteile, die ungelöste Gefühle beinhalten und deshalb zu psychologischen Problemen führen. Sie können Themen aufbringen, die dem Klienten unangenehm oder sogar schädlich für ihn sind, wenn sie aktiv im Bewusstsein aufkommen oder vermieden werden. Überflutete Anteile können auf zwei Arten problematisch sein.
Ein überfluteter bewusster Anteil bringt negative Gefühle ins Bewusstsein. Symptome sind:
Ein überfluteter vermeidender Anteil umgeht negative Gefühle durch einen überalterten Anteil. Symptome sind:
Es gibt zwei unterschiedliche Typen von überalterten Anteilen:
Dieses Verhalten wird gezeigt, wie es in der Kindheit genutzt wurde, um schwierige Situationen zu meistern. Für Erwachsene ist es allerdings unpassend oder sogar falsch. Beispiele für diese überalterten Ursprungsanteile sind asoziales oder passiv-aggressives Verhalten, Schmollen, Zicken, Wut oder alle Persönlichkeitsstörungen.
Beide überalterte Anteile können mit einer gezielten Ressourcen-Therapie behandelt werden. Jedoch wird ein überalternder vermeidender Anteil wieder zurückkommen, wenn der darunterliegende überflutete Anteil noch krank ist.
Erst wenn der überflutete Anteil geheilt ist, wird der überalternde vermeidende Anteil mit seinem Verhalten aufhören. Beispielsweise wird ein Spieler erst von seiner Sucht ablassen, wenn die Angst geheilt ist, die das Spielen auslöst.
In Konflikt stehende Anteile führen manchmal auch zur Therapie. Anteile können einen Konflikt miteinander haben, der eine emotionale Krise auslöst. Klienten mit in Konflikt stehenden Anteilen führen einen inneren Kampf, wie das Verschieben von Aufgaben, Schlafstörungen oder die Angst davor, Entscheidungen zu treffen. Diese Personen sagen: „Ich wünschte, ich hätte es nicht gemacht.“ oder „Ich hasse mich, wenn ich so bin.“ Solche Aussagen sind Hinweise auf ein entweder überaltertes Verhalten oder in Konflikt stehende Anteile.
Unstimmige Anteile sind gesunde Anteile, die zum falschen Zeitpunkt im Bewusstsein aktiv werden. Sie können deshalb die Leistung stark beeinträchtigen. Klienten mit unstimmigen Anteilen sind enttäuscht darüber, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten oder wie sie Fähigkeiten ausüben, die ihnen Freude machen. Beispiele sind Beziehungen oder Sport.
Alle Persönlichkeitsanteile wollen den Menschen darin unterstützen, sein Leben bestmöglich zu meistern. Sie sind unsere inneren Ressourcen. Die Ressourcen-Therapie führt zu einer genauen Diagnose der pathologischen Persönlichkeitsanteile. Einmal richtig klassifiziert, wird ein klarer Therapieprozess zur Heilung dieser Anteile angewandt. Das Ziel der Therapie ist, dass sie wieder zu hilfreichen, gesunden Ressourcen der Persönlichkeit werden.
Der Ressourcen-Therapie-Prozess ist einfach und sehr kraftvoll. Der Therapeut fokussiert sich auf drei Schritte, um sich den Themen des Klienten anzunehmen:
Die meisten Behandlungen erfolgen auf der Basis von standardisierten RT-Techniken. Die erste Technik ist die richtige Diagnose und die Anwendung der entsprechenden Techniken für den pathologischen Anteil. Die 11 weiteren RT-Techniken sind:
1. Spezifisches Wiedererleben: Diese Technik bringt eine Ressource an die Oberfläche des Bewusstseins, damit der Therapeut direkt mit ihr arbeiten oder damit eine Brücke zum Ursprungserlebnis schlagen kann.
2. Brücke schlagen: Diese Technik bringt den Klienten zurück zu dem Moment, in dem das Ursprungserlebnis entstanden ist. Der Klient erlebt diese Erfahrung im Hier und Jetzt. Das ist wichtig, damit der überflutete Anteil geheilt werden kann.
3. Ausdruck: Diese Technik ist die wichtigste im Heilungsprozess von überfluteten Anteilen. Dabei wird der Ressource aufgezeigt, dass die Erlebnisse eine innere Illusion und damit eine Wahrnehmung sind, die keine Macht mehr hat. Sie sind schon lange vorbei.
4. Innere Aussprache: Diese Technik erlaubt es der Ressource, ein tieferes Verständnis für die Situation zu entwickeln. Die an dem Ursprungserlebnis beteiligten Personen können ihre Sicht und Gefühle ausdrücken. Die Heilung setzt häufig durch den Perspektivenwechsel ein, nachdem die anderen Personen geredet haben.
5. Entfernen: Diese Technik dient dazu, dass sich der frühere überflutete Anteil mächtig und sicher fühlt. Nach der inneren Aussprache fühlt sich der Anteil stärker als die am Ursprungserlebnis beteiligten Personen. Deshalb kann die Ressource jetzt eine Entscheidung treffen, welche der Personen unter welchen Umständen bleiben dürfen und welche gehen müssen. Dadurch fühlt sich der Ort des Ursprungserlebnisses sicher an. Die Ressource ist in Kontrolle der Situation.
6. Erleichterung: Diese Technik bringt eine nährende, erleichternde Ressource des Klienten zu dem ehemaligen überfluteten Anteil, damit er sich sicher und beschützt fühlt. Das ist wichtig, nachdem es zum Ausdruck und Entfernen kam.
7. Ressource finden: Diese Technik findet eine Ressource, die für die Situation besser geeignet ist als der ehemals überflutete Anteil und bringt sie ins Bewusstsein. Das ist eine sehr nützliche Technik.
Ein mit Angst überfluteter Anteil kommt beispielsweise immer ins Bewusstsein, wenn der Klient versucht, in der Öffentlichkeit zu reden. Dieser Anteil ist höchstwahrscheinlich sehr zerbrechlich und nach der Heilung wohl ungeeignet für öffentliche Reden. Nun geht es darum, einen Anteil zu finden, der gerne und gut in der Öffentlichkeit spricht. Dieser Anteil wird dann zukünftig die Aufgabe des geheilten Anteils übernehmen. Der geheilte Anteil erhält dafür eine Aufgabe, wofür er aufgrund seiner Gebrechlichkeit gut geeignet ist.
8. Stühle wechseln: Diese kraftvolle Technik kann an verschiedenen Stellen der Therapie eingesetzt werden. Es ist eine Grundtechnik für Anteile, die mit Verwirrung überflutet sind. Sie kann sehr hilfreich sein, wenn mit verschiedenen Anteilen gearbeitet wird. Dadurch kommt es zu einem tieferen Verständnis mit unterschiedlichen Wahrnehmungen, die durch verschiedene Einflüsse in den Ressourcen aufgenommen wurden.
9. Verhandlung mit überaltertem Anteil: Überalterte Anteile zeigen ein Verhalten auf, das die anderen Anteile missbilligen. Die Technik der Verhandlung ist ein Gespräch mit diesem Anteil, damit er glücklich und von den anderen Anteilen akzeptiert wird. Dadurch ändert der Anteil sein missbilligtes in ein gewünschtes Verhalten. Der überalterte Anteil kann seine Aufgabe jetzt hilfreich ausüben.
10. Verhandlung mit in Konflikt stehenden Anteilen: In Konflikt stehende Ressourcen haben eine krankhafte Uneinigkeit. Beispielsweise möchte ein Anteil gerne arbeiten, während der andere Anteil schlafen möchte. Dann fühlt sich der Klient unwohl, vielleicht sogar ängstlich oder seine Gesundheit nimmt Schaden. Manchmal steht ein überfluteter Anteil einer Lösung im Weg. Dann muss er zuerst geheilt werden.
11. Gedankliche Überprüfung: Das spezifische Wiedererleben wurde verwendet, um einen überfluteten Anteil zu finden, der Heilung brauchte. Die gedankliche Überprüfung dient dazu, um festzustellen, ob die Situation noch dieselben negativen Gefühle auslöst. Wenn die Gefühle jetzt neutral oder positiv sind, war die Therapie erfolgreich. Außerdem stärkt diese Technik den Klienten für vergleichbare zukünftige Situationen.
Eine gute, zielführende Therapie heilt die pathologischen Anteile. Die Therapie ist beendet, wenn alle pathologischen Anteile geheilt sind und alle Ressourcen in einer guten Kommunikation untereinander stehen.
Quellen:
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