Artikel 30/09/2015

Hilft Osteopathie wirklich?

Team jameda
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Ohrgeräusche, Rückenschmerzen und Migräne… Die Osteopathie wird in vielen Bereichen eingesetzt, wo funktionelle Störungen Beschwerden verursachen. Ob die Wirksamkeit osteopathischer Verfahren durch Studien beleget werden kann, erläutert die jameda Gesundheitsredaktion in diesem Gesundheitsspecial.

Osteopathie: Komplementärmedizinische, manuelle Therapie

Der Begriff „Osteopathie“ besitzt keine weltweit einheitliche Definition, auch bestehen je nach Land Unterschiede in der osteopathischen Behandlungsweise. Bezeichnungen wie „osteopathische Verfahren“ und „osteopathische Medizin“ werden oft synonym gebraucht. Man kann die Osteopathie als eine komplementärmedizinische Therapie beschreiben, bei der der Therapeut mit seinen Händen sanfte Berührungen und Gewebeverschiebungen durchführt und so gestörte Körperfunktionen wieder herstellt. Wichtige Grundprinzipien der Osteopathie sind die Ganzheitlichkeit, die Stärkung der Selbstheilungskräfte und das störungsfreie Zusammenspiel aller Gewebestrukturen. Die Heilkunde unterteilt sich in drei Bereiche, dabei befasst sich die parietale Osteopathie mit den stützenden Strukturen wie Knochen, Muskeln und Bindegewebe, die viszerale Osteopathie zielt auf die inneren Organe und ihre Bindegewebsaufhängungen ab. Einfluss auf das System aus Schädel, Gehirn, Nervensystem, Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit und Kreuzbein nimmt die kraniosakrale Osteopathie. Als Heilkunde darf die Osteopathie in Deutschland von Ärzten und Heilpraktikern, teilweise auch von Physiotherapeuten, ausgeübt werden.

Wie kann man die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode bestimmen?

In der Schulmedizin hat sich das Prinzip der Evidenz etabliert, um Wirksamkeit und Nutzen von Behandlungsmethoden zu beurteilen. Dabei werden alle verfügbaren Daten zu dem Thema gesammelt und auf ihre wissenschaftliche Aussagekraft geprüft. Anhand dieser Daten wird ermittelt, ob ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen Anwendung der Methode und Wirkung besteht. In der Alternativmedizin vertraut man dagegen oft nicht oder nur teilweise auf Evidenz, vielmehr akzeptiert man auch positive Einzelfallberichte sowie langjährige Traditionen und Erfahrungen als Nachweis für die Wirksamkeit. Zudem werden philosophische Konzepte und Weltanschauungen, die mit den Behandlungsmethoden einhergehen, in der Alternativmedizin leichter angenommen, auch wenn diese sich wissenschaftlichem Verständnis entziehen.

Wie ist die Studienlage zur Wirksamkeit der Osteopathie?

Die deutsche Ärztekammer hat 2009 zur Wirksamkeit und Sicherheit von osteopathischen Verfahren Stellung genommen. Sie stützte sich dabei auf Gutachten, die vom Wissenschaftlichen Beirat der Ärztekammer gefertigt wurden. Der Wissenschaftliche Beirat ist ein Gremium, das aus Medizinern verschiedener Fachrichtungen besteht und die Ärztekammer in medizinisch-wissenschaftlichen Fragen berät. Zur Beurteilung osteopathischer Verfahren hat das Gremium vorhandene Studien, Metaanalysen und wissenschaftliche Arbeiten ausgewertet und eine Beurteilung nach dem Prinzip der Evidenz vorgenommen.

Das Gedankengebäude der Osteopathie ist der Schulmedizin vertraut

Die Osteopathie lässt sich in vielen Teilen gut mit der Schulmedizin vereinbaren, da sie eine naturwissenschaftliche Grundlage besitzt, d. h. auf dem Wissen über Anatomie und Physiologie des Körpers beruht. Auch die drei Grundprinzipien der Osteopathie Ganzheitlichkeit, Stärkung der Selbstheilungskräfte und störungsfreies Zusammenspiel aller Gewebestrukturen gelten in anderen Therapierichtungen als wichtig und grundlegend.

Wirksamkeit bei Halswirbelsyndrom am besten belegt

Wissenschaftlich belastbare Aussagen zur Wirksamkeit der Osteopathie liegen nur für wenige Erkrankungen vor. Am besten belegt sind Erfolge der parietalen Osteopathie bei Störungen im Bereich der Halswirbelsäule (chronisches Halswirbelsyndrom), dazu gehören z. B. Bandscheibenvorfall, Schleudertrauma, Verspannungen der Nackenmuskulatur und Gelenkblockaden. Weniger aber dennoch positive Hinweise für eine Wirkung finden sich für die viszerale Osteopathie, die auf die inneren Organe gerichtet ist. Als Anwendungsgebiete werden die Bewegungseinschränkung älterer Menschen, Fibromyalgie, wiederkehrende Mittelohrentzündungen, Asthma bei Jugendlichen und Dreimonatskoliken bei Säuglingen genannt. Für die Wirksamkeit der kraniosakralen Osteopathie fehlen wissenschaftlich belastbare Daten.

Haben osteopathische Verfahren Nebenwirkungen?

Eine systematische Erfassung von Nebenwirkungen der Osteopathie liegt nicht vor. Erfahrungsberichte zeigen aber, dass die Nachwirkungen einer osteopathischen Behandlung denjenigen einer manuellen Therapie gleichen. So können Muskelkater, Schmerzen oder Unsicherheit in den Gelenken nach Lösung einer Blockade auftreten. Schwerwiegende Komplikationen sind sehr selten. Um unerwünschte Wirkungen und Komplikationen zu verhindern, ist vor Therapiebeginn eine eingehende Untersuchung wichtig, die Vorerkrankungen und vorgeschädigte Strukturen erkennt. Die Gefahr, dass Beschwerden sich nicht bessern oder sogar verstärken, kann gegeben sein, wenn beispielsweise die kraniosakrale Osteopathie angewandt wird, deren Wirksamkeit bisher nicht belegt ist, und sich dadurch eine wirksame Behandlung verzögert.

Vielfältige Anwendung der Osteopathie trotz mangelnder Evidenz

Auch wenn die Osteopathie bei vielen Anwendungsgebieten ohne wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis bleibt, wird sie doch aufgrund positiver Erfahrungsberichte vielfältig eingesetzt, z. B. bei Kopfschmerzen, Migräne, Rückenschmerzen und chronischen Gelenkserkrankungen. Auch Ohrgeräusche, chronische Sinusitis, Verdauungsstörungen, Prostataleiden und sexuelle Fehlfunktion sind Anwendungsgebiete. Dazu kommen nervöse Unruhe und Schlafstörungen, Hormonschwankungen, Kreislaufprobleme und Blasenschwäche. Vielfach kommt sie auch in der Säuglings- und Kinderheilkunde wie auch zur Geburtsvorbereitung und –nachsorge zum Einsatz.

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