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Artikel 14/04/2018

Wann ist eine Zweitmeinung vor einer orthopädischen OP sinnvoll? 5 Fragen, die Sie beantworten sollten

Dr. med. Marco Gassen Arzt, Sportmediziner, Chirotherapeut
Dr. med. Marco Gassen
Arzt, Sportmediziner, Chirotherapeut
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Immer wieder lesen wir davon, dass in Deutschland bei orthopädischen Beschwerden zu viel und zu schnell operiert wird. Ist es sinnvoll, eine Zweitmeinung einzuholen?

Wieso sind Operationen auf dem Vormarsch?

Die Gründe sind schnell gefunden. In den letzten Jahrzehnten haben sich die operativen Bereiche in der Orthopädie extrem weiterentwickelt und spezialisiert. Es gibt nur noch wenige Ärzte, die nicht operativ tätig sind, noch weniger, die sich auf konservative Behandlungsverfahren konzentrieren oder sogar spezialisiert haben. Dabei haben sich auch in diesem Bereich die Kenntnisse, Erfahrungen und Therapiemöglichkeiten wesentlich erweitert und verbessert.

Durch die gezielte Anwendung und Kombination verschiedener Behandlungsverfahren, der sogenannten multimodalen Therapie, konnten die Ergebnisse nicht-operativer Behandlungen wesentlich verbessert werden. Der Zugang zu dieser bestmöglichen, nicht-operativen Behandlung ist aber für die meisten Patienten noch schwierig.

Wieso gerät die konservative Therapie oft in den Hintergrund?

Es gibt nur wenige spezialisierte Zentren und die Klärung der Kostenübernahme ist oft umständlich. Demgegenüber ist eine Operation im ersten Schritt viel einfacher und selbst die Kosten einer zweiten oder dritten Operation werden von den Krankenkassen ohne Nachfragen übernommen. Wohingegen für die konservativen Behandlungen, z.B. oft schon beim zweiten Rezept Krankengymnastik, aufwändige Begründungen erforderlich sind.

Natürlich ist die Spezialisierung und Weiterentwicklung der operativen Techniken aus medizinischer Sicht hervorragend, denn das hat die Operationsergebnisse wesentlich verbessert.

Es gibt jedoch auch Studien, die deutlich zeigen, dass z.B. bei bestimmten abnutzungsbedingten Veränderungen die nicht-operativen Behandlungen langfristig mindestens genauso gute Ergebnisse zeigen. Dabei lassen sich aber die Komplikation einer Operation wie Zwischenfälle oder Infektionen vermeiden.

Was sollte ich tun, bevor ich eine Operation durchführen lasse?

Informieren Sie sich deshalb vor einer Operation genau. Wenn Sie Zweifel haben, lassen Sie sich eine zweite oder dritte Einschätzung geben. Denn je nach Erfahrung und fachlicher Ausrichtung können auch Operateure beim gleichen Patienten durchaus unterschiedliche Meinungen haben.

Bei eindeutigem Befund sollte man erwarten, dass die Empfehlungen nicht so weit auseinander liegen. Am besten, Sie bereiten sich auf den Termin für eine weitere ärztliche Einschätzung vor.

Diese fünf Fragen sollten vor einer Operation beantwortet sein

1. Sind die sinnvollen nicht-operativen Behandlungsmaßnahmen wirklich ausgeschöpft?

Hier benötigen Sie einen auch in den konservativen Behandlungsverfahren ausreichend erfahrenen Arzt. Das muss kein Operateur sein, der Arzt sollte aber mehrere nicht-operative Maßnahmen beherrschen und einen Überblick über unterschiedliche Therapiemöglichkeiten geben können. Ein nur auf eine Behandlung spezialisierter Arzt oder Therapeut, sei es für AkupunkturOsteopathie oder Manualtherapie, ist dafür zumeist nicht geeignet.

2. Ist der Bereich des Gelenkes, der operiert werden soll, tatsächlich für meine Beschwerden verantwortlich?

Das ist oft die schwierigste Frage. Bei manchen Beschwerden, z.B. bei einem umgeschlagenen Meniskus mit eingeschränkter Beweglichkeit des Kniegelenkes, ist der Sachverhalt offensichtlich und die Operationsindikation klar. Bei den meisten anderen Beschwerden ist die Zuordnung oft schwierig und unsicher.

Sehr viele Menschen haben z.B. Abnutzungen oder kleine Risse im Meniskus, Bandscheibenvorfälle oder Arthrose an den Gelenken, ohne dass sie jemals Beschwerden gehabt haben. Es bedarf viel Erfahrung, einer sehr genauen Untersuchung und wenn möglich ergänzender Diagnostik, um herauszufinden, ob die Abnutzung tatsächlich für die Symptomatik verantwortlich ist.

3. Führt die Operation auch langfristig zu einer Verbesserung meiner Beschwerden?

Hier stoßen wir auf das Problem, dass die Operation kurzfristig eine Verbesserung erzielt, die Gesamtsituation aber langfristig verschlechtern kann.

Beispiel: Wird ein Teil des Meniskus oder der Bandscheibe entfernt, führt das in der Regel dazu, dass die Stabilität in diesem Bereich abnimmt und dadurch langfristig schneller eine Arthrose entsteht.

Hier gilt, je mehr das gesamte Gelenk oder der Wirbelsäulenbereich bereits abgenutzt ist, desto genauer sollte eine Operation auch in ihrer langfristigen Wirkung abgewägt werden.

4. Ist die vorgeschlagene Operationsmethode die bestmögliche für mich in meiner Situation?

Durch die hervorragende Spezialisierung haben sich viele sehr differenzierte Operationsmethoden entwickelt. Ein bestimmter Arzt kann die einzelnen Bereiche in der Regel nicht mehr bestmöglich bedienen. Es macht deshalb Sinn, sich bei einem Spezialisten vorzustellen und von ihm eine zusätzliche Meinung einzuholen.

5. Welche Belastungen sind nach einer Operation noch möglich?

Die Theorie und das, was im Einzelfall wirklich möglich ist, liegt manchmal weit auseinander. Lassen Sie sich genau beraten, welche Belastungen erfahrungsgemäß noch gut, eingeschränkt oder nicht mehr möglich sein werden - besonders, wenn Sie weiterhin sportlich aktiv sein wollen.

Bei starken Arthrosen, z.B. am Hüftgelenk, sind die Einschränkungen nur gering. Oft ist viel mehr möglich, als man vorher vermutet. Wenn das Schulter- oder Kniegelenk ersetzt wird, gibt es schon deutlich größere Einschränkungen und hohe individuelle Unterschiede. Das sollte vor einer Operation auch ausführlich besprochen werden.

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