Die Wurzelkanalbehandlung – oft auch schlicht „Wurzelbehandlung“ genannt – ist das Schreckgespenst vieler Zahnarztpatientinnen und -patienten. Dabei haben die meisten Patienten falsche Vorstellungen vom Behandlungsablauf.
Vor allem wissen sie nicht, dass Wurzelbehandlung nicht gleich Wurzelbehandlung ist: Es gibt gute und weniger gute Therapien. Und nicht jeder Zahnarzt leistet vernünftige Aufklärungsarbeit.
Eine endodontische Behandlung (endodontisch = das Zahninnere betreffend) wird allgemein mit langen Sitzungen, über Wochen andauernden Beschwerden und starken Schmerzen bei der Behandlung in Verbindung gebracht. Was genau bei einer Wurzelkanalbehandlung passiert und worauf es dabei ankommt, weiß indes kaum jemand. Verständlich – das Thema ist schließlich kein angenehmes und entsprechend wenig reizvoll ist es für Laien, sich darüber zu informieren.
Für Betroffene wäre es aber sehr sinnvoll, sich nach der ersten Akutversorgung über Wurzelkanalbehandlungen schlauzumachen. Erstens wüssten sie dann, dass eine solche Behandlung keinesfalls eine Tortur sein muss, und zweitens würden sie das Vorgehen ihres Arztes besser beurteilen können.
Eine Entzündung der Zahnwurzel muss nicht sofort starke Schmerzen verursachen – sie kann auch über Jahre hinweg versteckt ablaufen. Irgendwann ist der Schmerz aber da, und dann ist auch für Angstpatienten der Gang zum Zahnarzt unumgänglich. Der Versuch, das Problem mit diversen Schmerzmitteln in Eigenregie in den Griff zu bekommen, ist immer zum Scheitern verurteilt. Wenn der Patient dann zum ersten Mal auf dem Behandlungsstuhl Platz nimmt, ist das Schmerzniveau häufig unerträglich hoch und die Angst des Patienten naturgemäß groß.
Ergibt die Diagnose eine Entzündung des Zahnmarks, muss der Zahn endodontisch behandelt werden. Dazu muss der Zahnarzt den Zahn zunächst öffnen und ihn mechanisch von innen reinigen, d. h., er muss das entzündete oder bereits nekrotische (abgestorbene) Gewebe entfernen. Danach werden die Kanäle mit desinfizierenden Lösungen gespült. Dies stellt eine Art chemische Reinigung dar. Anschließend wird in die Wurzelkanäle ein antibakterielles Medikament eingebracht und der Zahn wird provisorisch verschlossen. Damit ist die Akutbehandlung beendet.
Ein paar Tage später folgt die Weiterbehandlung: Das Innere des betroffenen Zahns wird nochmals mechanisch und chemisch gereinigt und es werden Röntgenaufnahmen gemacht. In der letzten Sitzung werden die Wurzelkanäle mit einem speziellen Material gefüllt und die Wurzelkanaleingänge werden speicheldicht versiegelt. Gegebenenfalls muss zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Kompositrestauration erfolgen oder der Zahn muss überkront werden.
Eines vorweg: Jeder Zahnarzt, der seinen Job versteht, kann einen Zahn mit entzündetem Nerv so weit behandeln, dass der Patient erst einmal keine Schmerzen mehr hat. Wenn der Arzt richtig betäubt, ist diese Akutbehandlung auch nicht schmerzhaft. Den Zahnschmerz abzustellen, ist aber bei Weitem nicht das einzige, worauf es bei einer Wurzelkanalbehandlung ankommt.
Wichtig ist außerdem,
Akut entzündete Zähne sind schwierig zu betäuben, weil das örtliche Betäubungsmittel durch die Entzündung teilweise „neutralisiert“ wird. Diesem Umstand muss entweder durch mehrmaliges Nachspritzen oder durch eine sogenannte intraligamentäre Anästhesie Rechnung getragen werden. Endodontie-Spezialisten sind mit dieser Betäubungsproblematik vertraut und betäuben stets mit entsprechender Sorgfalt. Sie arbeiten bei der anschließenden Behandlung außerdem mit einem anderen Instrumentarium als Zahnärzte ohne Endodontie-Spezialisierung: Während nicht spezialisierte Zahnärzte häufig nur die Lupenbrille zu Hilfe nehmen, um alle Wurzelkanäle zu finden, verwenden Spezialisten ein hochauflösendes Operationsmikroskop. Damit lassen sich selbst feinste Kanäle und Seitenkanäle aufspüren.
Um die Länge der Kanäle exakt bestimmen zu können, verwenden Endodontie-Spezialisten zudem ein Gerät zur elektronischen Längenmessung. (Eine genaue Kenntnis der Wurzellängen ist die Voraussetzung für optimales Reinigen und Verfüllen des Zahns.) Des Weiteren arbeiten sie mit Feilen aus hochflexiblen Materialien, mit denen sie auch das Innere von stärker gekrümmten Seitenkanälen erreichen. Beim Verfüllen der Wurzelkanäle verwenden Endodontie-Spezialisten keine Stifte, denn diese lassen Spalträume (und damit ein Reinfektionsrisiko) zu, sondern erwärmtes Wurzelfüllmaterial. Dadurch erzielen sie optimale Dichtigkeit.
Endodontische Behandlungen sind nicht immer von Erfolg gekrönt. Manchmal kehrt die Entzündung zurück und der betroffene Zahn muss am Ende doch gezogen werden. Je kompetenter aber der behandelnde Zahnarzt ist, desto geringer ist das Risiko späterer Komplikationen. Bei einer optimalen Wurzelkanalbehandlung durch einen erfahrenen Endodontologen betragen die Heilungschancen rund 90 Prozent. Was also sollten Patienten tun und was können sie überhaupt tun?
Wer an einer Zahnwurzelentzündung leidet und akute Zahnschmerzen hat, wird natürlich erst einmal seinen Hauszahnarzt aufsuchen. Ist der Hauszahnarzt ein verantwortungsvoller Arzt (der selbst aber keine besondere Endodontie-Kompetenz hat), wird er bei Vorliegen einer Zahnwurzelentzündung nach der Akutbehandlung darauf hinweisen, dass es Endodontie-Spezialpraxen gibt.
Idealerweise sollte er für die Weiterbehandlung eine entsprechende Überweisung ausstellen. Gibt der Zahnarzt keine Empfehlung ab, sollten Patienten nach der Akutbehandlung selbst das Thema Endodontie-Spezialisierung zur Sprache bringen. Patienten, die nach einer Wurzelkanalbehandlung unter wiederkehrenden Schmerzen leiden, sollten ihren Zahnarzt darauf ansprechen oder im Internet gezielt nach einer Praxis mit Endodontie-Spezialisierung suchen.
Grundsätzlich sind endodontische Behandlungen eine Leistung, die von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt werden. Kommen bei der Behandlung allerdings besondere Methoden oder Instrumente zum Einsatz, durch die sich der Zeitaufwand für den Arzt erhöht, fallen Zusatzkosten an. Diese werden von den Kassen nicht erstattet.
Folgende Leistungen sind normalerweise nicht im Erstattungskatalog der Kassen enthalten:
Die Möglichkeiten der Wurzelkanalbehandlung werden durch neue Instrumente und Techniken immer besser. Leider lässt die diesbezügliche Patientenaufklärung bei vielen Zahnärzten zu wünschen übrig, insbesondere bei Ärzten, die selbst keine ausgewiesenen Endodontie-Experten sind.
Patienten mit diagnostizierter Wurzelentzündung tun deshalb gut daran, aktiv nach spezialisierten Praxen zu fragen bzw. zu suchen. Denn die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Behandlung nebst Zahnerhalt erhöht sich durch eine fortschrittliche Behandlung enorm.
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