Team jameda
Eine Verstopfungsneigung wird häufig bagatellisiert. Der Reizdarm mit Schmerzen, Blähungen und Durchfällen bemitleidet. Die Betroffenen haben einen hohen Leidensdruck, finden aber im Umfeld häufig wenig Verständnis. Konsultierte Ärzte strahlen häufig eine Hilflosigkeit aus und verordnen Hilfsmittelchen nach Gutdünken, die nicht wirklich dauerhaft funktionieren. Jeder geht doch aufs Klo und es geht doch nur um Entleerung.
Im Folgenden möchte ich die Mechanismen zur Entstehung und Aufrechterhaltung darlegen und mich deutlich von den gängigen Empfehlungen zu ballaststoffreicher Kost und viel Trinken abheben.
Eine effektive Therapie ist möglich. Hierfür müssen das Blickfeld geweitet und die Zusammenhänge verstanden werden.
Der Darm ist kein Schlauch, in den man oben etwas reinkippt und unten schicksalshaft etwas rauskommt. Der Darm ist ein Organ, das für sich steht. Es hat eine autonome Nervenversorgung, kann also Bewegungen der Darmschlingen für sich steuern und wird doch vom Gehirn über den Vagus-Nerven gesteuert. Die Ebene der ineinandergreifenden Nervenfunktion ist sehr wichtig und für manuelle Behandlung durch Osteopathie sehr gut zugänglich.
Das Zusammenspiel von Gehirn und Bauchhirn äußert sich in einem reibungslos funktionierenden gastrokolischen Reflex.
Was bedeutet das? Frisch gebackene Eltern kennen das Phänomen sehr gut und dürfen erleben, welch wunderbare Funktion dem Körper eines kleinen Kindes innewohnt: Das Kind wird gewickelt, an die Brust angelegt und schon darf es im Anschluss neu gewickelt werden.
Wir erleben also eine Programmierung von Mutter Natur, den Kau- und Schluckakt mit einer Steigerung der Darmfunktion zu verbinden.
Diese Reflexbahnung ist sowohl bei Verstopfung als auch bei einem überaktiven Darmsystem gestört, jeweils in die konträren Richtungen. Die Sensitivität des Betroffenen führt dann auch dazu, dass der eine auf Reisen gar nicht aufs Klo geht, der andere bei jeglicher Aufregung von eben jenem aber gar nicht mehr runterkommt.
Da das Programm der richtigen Darmfunktion aber in jedem von uns angelegt ist, ist auch Heilung möglich.
Osteopathie hilft, Zusammenhänge zwischen Darm und dem restlichen Körper zu erkennen
Der Darm lässt sich anatomisch-funktionell auf Abschnitte von ca. 20 cm unterteilen. Bei guter Synchronisation der Abschnitte erscheint die Darmbewegung wie eine harmonische Welle. Ein guter Osteopath kann funktionelle Störungen einzelner Abschnitte ertasten und manuell behandeln, sodass die Darmfunktion wieder harmonisiert werden kann. Grundvoraussetzung ist eine freie Nervenbahn des Vagus-Nervs, der als Kontrolleur beidseitig aus dem Hinterkopf austritt, am Hals verläuft, in den Brustkorb abwandert und neben der Speiseröhre durch das Zwerchfell in die Bauchhöhle eintritt.
Hiermit wird deutlich, dass Engstellungen durch Atlas-Fehlstellungen, chronische Nackenverspannungen, Halswirbelsäulenprobleme, Atemfehlverhalten zum Beispiel mit Zwerchfellverkrampfung Auslöser und aufrechterhaltende Zustände sind. Es gilt daher auch fernab vom Bauch nach Störfeldern zu suchen.
Ein stabiles Darm-Milieu ist eine wichtige Voraussetzung
Eine langfristige Heilung ist darüber hinaus aber auch nur möglich, wenn das Darm-Milieu ebenso Beachtung findet. Denn durch die lang bestehenden Fehlfunktionen haben sich auch das Leben innerhalb des Darms und meistens auch die Verdauungsprozesse verändert und stören nun eine Normalisierung.
Wir dürfen nicht übersehen, dass gerade die richtigen Bakterien im richtigen Darmabschnitt mit dem jeweils richtigen pH-Wert von Nöten sind, damit die Verdauung gut funktioniert. Im besten Fall haben wir eine Verdauung durch Fermentation und nicht durch Gärung und Fäulnis, was häufig der Fall ist. Diese Zustände sind über eine Stuhlprobe messbar und bei der Therapieplanung unverzichtbar. Zu viel Fäulnis und zu viel Gärung bedeutet entweder die Freisetzung von Giften, besonders aus der Eiweiß-Verwertung oder die Bildung von Fusel-Alkoholen.
Je nach Empfindlichkeit reagiert die Darmwand dann mit Lähmung oder Überaktivität. Beides ist ungesund. Im ersten Fall werden vermehrt Toxine in den Blutkreislauf aufgenommen und die Leber wird massiv gefordert, was sich gerne als unklare Leberwerterhöhung im Blut äußert. Im zweiten Fall liegt ein Verlustsyndrom von Makro- und Mikronährstoffen vor. Denn Durchfall ist immer ein Minus-Geschäft. Schade um das Essen und schade um das Geld, das es gekostet hat.
Orthomolekulare Therapie
Eine begleitende orthomolekulare Therapie wird gezielt aufgrund der Stuhlanalyse individuell an den Patienten angepasst. Sie beinhaltet die Gabe von Pre- und Probiotika, die regelmäßige Einnahme von Enzymen, die Empfehlung zum Verzehr fermentreicher Nahrungsmittel, die Anwendung von Rechtsregulat der Milchsäure sowie bei Bedarf die Einnahme von Toxin-Bindern wie zum Beispiel Zeolithe. Hilfreich kann eine Umstellung auf das Intervall-Fasten sein. Wir dürfen nicht verachten, dass Verdauung anstrengend ist und Energie kostet.
Eine längere Pause vom Abendessen bis zum Mittag kann Wunder wirken und sehr wahrscheinlich dazu führen, dass die aufgenommene Nahrung besser und vollständig verwertet wird. Die Speicheldrüsen sind dann voller und setzen mehr Enzyme frei. Zudem hat die Leber mehr Gelegenheit, die Verdauungsgifte zu neutralisieren, die es in die Blutbahn geschafft haben. Hervorzuheben ist das Ammoniak, welches auch mitverantwortlich für das sogenannte „Suppen-Koma“ ist.
Eine effektive und zielführende Therapie kann nur aus dem Zusammenspiel von manueller Behandlung und orthomolekularer Therapie erfolgen. Im Sinne der Ganzheitlichkeit ist es wichtig, den Patienten auch zu einem besseren Stressmanagement zu coachen und ihm durch das Verstehen der Zusammenhänge seine Eigenkompetenz zurückzugeben. Denn eine gut funktionierende Verdauung entspannt über Rückkopplungsmechanismen des autonomen Nervensystems den ganzen Menschen bis hoch zum Großhirn und ist eben keine Bagatelle oder einfach nur Schicksal.
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