Artikel 18/04/2013

Zystennieren: Wie kann man die Nierenfunktion schützen?

Team jameda
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Die Zystennieren-Erkrankung des Erwachsenen ist eine recht häufige Krankheit: Man schätzt, dass jeder 1000. betroffen ist, das macht etwa 80.000 Betroffene allein in Deutschland.

Diese Erkrankung ist erblich, betrifft Männer und Frauen gleich oft und wird “autosomal-dominant” vererbt: Das bedeutet, dass eine Frau oder ein Mann mit Zystennieren die Erkrankung an Nachkommen mit eine 50:50-Wahrscheinlichkeit weitervererbt. Mittlerweile weiß man, dass meistens (bei etwa 85 %) Veränderungen auf dem Chromosom 16 vorliegen.
Dieses veränderte Gen führt dazu, dass sich in den Nieren Zysten, also flüssigkeitsgefüllte kugelförmige Hohlräume bilden. Einzelne solcher Zysten schaden den Nieren nicht, da sie das gesunde Gewebe nur zur Seite drücken. Wenn aber sehr viele Zysten in der Niere bestehen, wird das funktionierende Nierengewebe so stark verdrängt, dass schließlich auch die Nierenfunktion leidet. So kommt es bei nahezu allen Patienten mit Zystennieren früher oder später zu einer Nierenfunktionsstörung (Niereninsuffizienz).

Es ist wichtig, zwischen der Zystennieren-Erkrankung und einzelnen Nierenzysten zu unterscheiden:

  • Wer eine oder einige wenige Zysten in den Nieren hat, dessen Nieren sind nur sehr selten gefährdet. Solche Zysten können nach Unfällen, Infekten oder auch einfach so entstehen. Meist beobachtet man sie alle ein bis zwei Jahre mit dem Ultraschall, muss aber sonst nichts unternehmen
  • Bei Zystennieren hingegen muss man im Laufe der Zeit mit einer Schädigung der Nierenfunktion rechnen. Hier ist am besten eine Zusammenarbeit von Nephrologe (für Nierenfunktion, Bluthochdruck und eventuell Nierentransplantation/Nierenersatzbehandlung) und Urologe (für die mechanischen Probleme) gefragt.

Wie kann man feststellen, ob es sich wirklich um Zystennieren handelt?

Meistens reicht eine sorgfältige Untersuchung mit Ultraschall und die Familiengeschichte aus. Wenn in der Familie Zystennieren bekannt sind und die Nieren das typische Bild von Zystennieren aufweisen, eventuell mit Leberzysten verbunden, dann ist sehr wahrscheinlich, dass es sich wirklich auch um Zystennieren handelt. Je mehr Zysten bestehen, um so wahrscheinlicher ist es, dass diese Erbkrankheit vorliegt
In unklaren Fällen kann eine genetische Untersuchung erfolgen. Da es aber ziemlich viele unterschiedliche Mutationen gibt, die alle zu Zystennieren führen, ist es eine sehr aufwändige Untersuchung. Zudem ergibt sie nicht immer ein eindeutiges Ergebnis.

Wie kann man die Zystennieren behandeln?

Eine wirksame Behandlung, mit der die Zystenbildung verhindert werden kann, gibt es nicht. In den letzten Jahren wurden viele neue Medikamente erforscht, aber keines davon konnte in allen Bereichen überzeugen.
Das Präparat mit der stärksten Wirksamkeit ist derzeit das Tolvaptan. Damit konnte tatsächlich das Zystenwachstum leicht gebremst und die Verschlechterung der Nierenfunktion leicht verlangsamt werden. Bis jetzt gibt es aber noch keine offizielle Zulassung, und wie jedes wirksame Medikament hat auch dieses Präparat erhebliche Nebenwirkungen. Der Einsatz will also gut überlegt sein. Daher laufen aktuell noch Folgestudien, um abzuschätzen, wer wirklich einen Nutzen von einem solchen Medikament hat.
Die Tolvaptan-Studie (Tempo 3:4) hat aber eine neue Erkenntnis gebracht: Alleine schon eine hohe Trinkmenge kann das Zystenwachstum bremsen. Alle Menschen mit Zystennieren, die eine normale Nierenfunktion haben, sollten also auf eine hohe Trinkmenge achten (mindestens zwei Liter Flüssigkeit pro Tag) und können damit das Zystenwachstum bremsen.

Es gibt aber noch weitere, sehr wichtige Aspekte, die für den Erhalt der Nierenfunktion wichtig sind:

  • Zum einen entwickeln viele Patienten frühzeitig einen Bluthochdruck. Dieser sollte unbedingt frühzeitig und konsequent behandelt werden. Ein unbehandelter Bluthochdruck beschleunigt das Nierenversagen.
  • Zum anderen leiden viele Patienten häufig unter Bauchschmerzen wegen der oft riesigen Zysten. Leider können viele der gängigen Schmerzmedikamente auch Nierenschäden auslösen und sollten unbedingt vermieden werden.
  • Infektionen der Nieren oder von Nierenzysten müssen konsequent mit den richtigen Antibiotika behandelt werden. Solche Infektionen sind oft hartnäckig und benötigen eine lange Behandlungsdauer, und das Antibiotikum muss so gewählt sein, dass es auch innnerhalb der Zyste wirken kann.

Wenn alle diese Punkte berücksichtigt werden, kann gegenüber unbehandelten Patienten die Nierenfunktion über viele Jahre länger erhalten werden. Daher ist, auch wenn die Ursache selbst nicht behoben werden kann, eine konsequente Behandlung sehr wichtig.

Leider kommte es auch bei bester Behandlung bei vielen Patienten mit Zystennieren im Laufe der Jahre, oft im späten Erwachsenenalter, dennoch zu einer immer stärkeren Verschlechterung der Nierenfunktion und zuletzt auch zum Nierenversagen. Zum Glück ist die Nierentransplantation schon so gut entwickelt, dass bei vorhandenem Nierenspender (Familienangehöriger oder Partner) eine Dialysebehandlung ganz vermieden werden kann. Doch selbst bei Notwendigkeit für Dialyse haben die Zystennieren-Patienten meist viel weniger Komplikationen als andere Patienten an der Dialyse.

Zusammenfassend erscheint mir sehr wichtig, das bei Zysten an den Nieren stets eine Abklärung erfolgt, um die Zystennieren-Erkrankung nicht zu übersehen.
Wurde einmal sicher festgestellt, dass Zystennieren vorliegen, so sollte eine regelmäßige Kontrolle und Behandlung sowohl bei einem Nephrologen als auch bei einem Urologen erfolgen.

Für das Leben mit den Zystennieren sind drei Prinzipien besonders wichtig: Die tägliche Flüssigkeitszufuhr sollte hoch sein, bei Schmerzmedikamenten sollte immer die Rücksprache mit einem Arzt erfolgen, und wenn ein Bluthochdruck besteht, sollte dieser konsequent behandelt werden.

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