Artikel 20/08/2017

Schwäche, Schmerzen, Übelkeit: Symptome einer Herzmuskelentzündung?

Team jameda
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Sie sind gesund, sportlich aktiv und möchten Ihr Trainingsprogram wegen einer „dummen Erkältung“ nicht unterbrechen? Das kann gefährlich werden, denn es könnte eine Herzmuskelentzündung begünstigen. Lesen Sie hier, was darunter zu verstehen ist, wie die Krankheit ausgelöst wird und warum Sie sich unbedingt schonen müssen.

Definition: entzündliche Erkrankung des Herzmuskels

Eine Herzmuskelentzündung, auch Myokarditis genannt, ist eine Krankheit, die durch Viren, Bakterien, Medikamente, toxische Substanzen oder im Rahmen einer Autoimmunerkrankung auftritt.

Wird der Herzmuskel von Krankheitserregern angegriffen, sprechen Ärzte von einer infektiösen „Myokarditis“. Ist neben dem Herzmuskel auch der Herzbeutel betroffen, handelt es sich um eine ,Perimyokarditis‘‘.

Basierend auf Daten des Statistischen Bundesamtes erkrankten im Jahr 2012 ungefähr 1.500 Deutsche an einer Herzmuskelentzündung. Zwei Drittel davon waren Männer und rund 10 Prozent der Fälle verliefen tödlich.

Ursachen: infektiös oder nicht infektiös

Infektiöse Myokarditis

Viren lösen ungefähr 50 Prozent aller infektiösen Herzmuskelentzündungen aus. Der Coxsackie-B-Virus, Herpes- oder Influenza-Viren verursachen in vielen Fällen eine erkältungsähnliche und meistens unbedenkliche Erkrankung, die später auf den Herzmuskel übergreift.

Außerdem können Bakterien im Rahmen einer Blutvergiftung zum Herzen wandern und den Herzmuskel und die Herzklappen befallen.

Ist das Immunsystem geschwächt, wie zum Beispiel bei AIDS-Patienten oder während einer Chemotherapie, können in seltenen Fällen auch Pilze oder Parasiten Herzmuskelentzündungen verursachen.

Nicht-infektiöse Myokarditis

Eine nicht-infektiöse Myokarditis ist auf folgende Ursachen zurückzuführen:

  • Autoimmunerkrankungen, wobei der Körper Abwehrsubstanzen gegen die eigenen Herzzellen richtet, wie zum Beispiel bei Lupus erythematodes, Sarkoidose, Sjögren-Syndrom, entzündlichen Darmerkrankungen, Wegener-Granulomatose oder Takayasu-Arteritis
  • Strahlentherapie des Brustkorbes, wie zum Beispiel bei Lungenkrebs
  • Toxine, wie zum Beispiel Alkohol oder Drogen
  • Medikamente, wie zum Beispiel bestimmte Antibiotika, Antidepressiva oder Antirheumatika
  • ein vorausgegangener Herzinfarkt oder eine Operation am Herzen

Symptome: auf subtile Warnsignale achten!

Herzmuskelentzündungen bleiben oft ohne Symptome. In vielen Fällen macht sich im Vorfeld auch ein erkältungsähnliches Krankheitsbild mit Schnupfen, Husten, Fieber, Lymphknotenschwellungen, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen bemerkbar.

Herzmuskelentzündungen treten in jedem Alter auf und betreffen auch junge Menschen ohne Herzerkrankungen, selten auch Kinder. Insbesondere sportlich aktive Männer ignorieren die Beschwerden oft und trainieren weiter wie gewohnt. Gerade dann laufen sie Gefahr, dass sich die Infektion bis zum Herzen ausbreitet.

Tipp: Sport ist gut und baut Stress ab, übertreiben Sie aber nicht! Achten Sie auf die subtilen Warnsignale Ihres Körpers und schonen Sie sich. Das ist die beste Selbsthilfe.

Erste Anzeichen einer Herzmuskelentzündung treten erst Tage bis Wochen nach einer ,Erkältung‘‘ auf. Eine Myokarditis äußert sich mit Müdigkeit, Schwäche, Schwindel, beeinträchtigte körperliche Leistungsfähigkeit und Atemnot. Weitere Beschwerden sind Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsverlust sowie Glieder- und Kopfschmerzen, die in den Nacken oder die Schultern ausstrahlen.

Einige Betroffene spüren ein Enge-Gefühl in der Brust oder Herzschmerzen, die sogenannte Angina pectoris, die an die Symptome eines Herzinfarkts erinnert. Andere haben Herzklopfen oder -stolpern und einen beschleunigten Puls, die Anzeichen von Herzrhythmusstörungen sind und zum Kreislaufkollaps mit Absturz des Blutdrucks und zum plötzlichen Herztod führen können.

Tritt Herzschwäche als Folge einer Herzmuskelentzündung auf, äußert sie sich mit Wasseransammlungen in den Beinen und in der Lunge, Stauung der Halsvenen und Atemnot, die sich bessert, wenn der Oberkörper aufgerichtet ist.

Herzmuskelentzündungen dauern meistens sechs Wochen oder mehr und so lange sind die Betroffenen auch arbeitsunfähig. Während des Heilungsverfahrens ist körperliche Anstrengung strengstens zu vermeiden, damit Rückfälle und lebensbedrohliche Komplikationen ausbleiben.

Schonen sich die Betroffenen konsequent, sind Herzmuskelentzündungen meistens heilbar und hinterlassen in 80 Prozent der Fälle keine bleibenden Schäden.

In einigen Fällen tritt nach der scheinbaren Ausheilung der Herzmuskelentzündung eine Herzschwäche auf. Deswegen sind regelmäßige Nachuntersuchungen beim Kardiologen wichtig.

Diagnostik: Herzmuskelbefall abbilden und Ursache klären

Die Diagnose einer Herzmuskelentzündung erfordert bestimmte Untersuchungen:

  • Sind Herzmuskelzellen wegen der Entzündung abgestorben, kann der Arzt am EKG erkennen, welcher Teil des Herzmuskels betroffen ist. Das EKG ist auch sehr wichtig, um zu sehen, ob und welche Herzrhythmusstörungen auftreten.
  • Die Ultraschalluntersuchung des Herzens dient der Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Herzmuskels, der Funktion der Herzklappen und der Entdeckung von Wasseransammlungen im Herzbeutel, die häufig als Folge einer Myokarditis auftreten.
  • Mit Hilfe der Magnetresonanztomografie und einer Kontrastmitteluntersuchung kann der Arzt entzündete von gesunden Herzarealen besser unterscheiden.
  • Eine Herzmuskelbiopsie ist oft nötig, um die Ursache festzustellen. Dabei benutzt der Arzt einen Herzkatheter und entnimmt eine kleine Probe, die anschließend im Labor untersucht wird.
  • Blutuntersuchungen zeigen, ob Entzündungswerte erhöht sind, und helfen bei der Erforschung des Krankheitserregers und der Ursache.

Therapie: Schonung am wichtigsten

Die wichtigste Maßnahme zur Behandlung einer Herzmuskelentzündung ist, sich  mehrere Wochen zu schonen. Nur so haben Betroffene eine Möglichkeit, die Erkrankung ohne Folgen zu überstehen. Bei der Ernährung sind in den meisten Fällen keine Einschränkungen nötig.

Die weiteren Behandlungsmöglichkeiten einer Herzmuskelentzündung sind von den Symptomen und der Ursache abhängig.

  • Bei einer bakteriellen Myokarditis ist eine Antibiotikatherapie nötig.
  • Für virale Herzmuskelentzündungen gibt es keine spezielle medikamentöse Therapie. Bestimmte Viren können jedoch mit antiviralen Medikamenten, zum Beispiel mit Interferon-beta, bekämpft werden.
  • Bei nicht-infektiösen Herzmuskelentzündungen werden Kortison und weitere Immunsuppressiva verabreicht, damit die fehlerhafte Funktion des Abwehrsystems eingeschränkt wird.
  • Gibt es eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel, wird sie punktiert und abgesaugt.
  • Treten Herzrhythmusstörungen auf, werden Antiarrhythmika verabreicht.
  • Bei Herzschwäche wird das Herz mit Diuretika, Betablockern und anderen speziellen Medikamenten entlastet.
  • Ist der Herzmuskel so sehr beschädigt worden, dass die Herzschwäche nicht mehr medikamentös behandelbar ist, ist eine Herztransplantation manchmal die einzige Rettung.

Allerdings ist die Therapie nur dann erfolgreich, wenn der Herzmuskel sich noch regenerieren kann. Sind bereits irreversible Myokardschäden eingetreten, kann die Entwicklung oder Progression einer Herzinsuffizienz langfristig nicht verhindert werden.

Fazit

Eine gewöhnliche Erkältung ist immer ernst zu nehmen, denn sie könnte einer Herzmuskelentzündung vorausgehen. Myokarditiden sind zu 80 Prozent heilbar, selten aber verlaufen sie tödlich oder hinterlassen bleibende Schäden, die zur permanenten Herzmuskelschwäche führen. Deswegen ist die körperliche Schonung in Kombination mit der richtigen Therapie sehr wichtig.

Links

Deutsche Herzstiftung
Selbsthilfeorganisation Herzkind
Kompetenznetz Herzinsuffizienz
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz-Kreislauf-Forschung
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie
[Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin

](http://www.dgim.de/)

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