Team jameda
Wenn Ihre Lebensqualität durch Kopfschmerzen deutlich beeinträchtigt ist, ist eine Kombination ärztlicher und psychotherapeutischer Maßnahmen empfehlenswert. In diesem Artikel geht es um den Beitrag, den die Psychotherapie leisten kann.
Um herauszufinden, welche Maßnahmen Ihnen bestmöglich weiterhelfen, sollten Sie so viel wie möglich über Ihre Kopfschmerzen wissen. Zum Beispiel:
Diese Informationen erlangen Sie am besten, indem Sie ein Schmerztagebuch führen. Eine Vorlage für solche Tagebücher gibt es hier.
Indem Sie ein Schmerztagebuch führen, lassen sich sowohl der Typus wie auch die Art des Kopfschmerzes bestimmen. Das ist wichtig, weil verschiedene Arten unterschiedlich behandelt werden müssen.
Ist der Kopfschmerz die Folge einer anderen Erkrankung, spricht man vom „sekundären Kopfschmerz“. In diesem Fall ist die Behandlung der Erkrankung angezeigt, die die Kopfschmerzen verursacht.
Gibt es keine derartige Erkrankung, sondern ist der Schmerz selbst das Problem, spricht man von „primärem Kopfschmerz“.
Beim primärem Kopfschmerz werden meist vier Arten unterschieden:
Nachdem die Art der Kopfschmerzen bestimmt wurde, können Sie geeignete Maßnahmen zur Behandlung ergreifen.
Hier ist es günstig, auf drei verschiedenen Ebenen ins Handeln zu kommen:
Viele Menschen, die unter Migräne leiden, stellen an sich (und oft auch an andere Menschen) hohe Erwartungen. Sie bemühen sich, alles möglichst schnell und perfekt zu erledigen. Man nimmt an, dass die Reizverarbeitung bei Migränepatienten schneller ist als bei anderen Menschen. Infolge des hohen Leistungsanspruches kann es in Kombination mit der beschleunigten Reizverarbeitung zu einer Überlastung kommen, durch die Migräne-Attacken begünstigt werden.
Die heftigen, anfallsartigen Schmerzen zwingen die Betroffenen zu einer Auszeit. Um das Versäumte nachzuholen, strengen sich die Betroffenen nach einer Attacke noch mehr an. So entsteht ein Teufelskreis.
Auf der situativen Ebene ist es wichtig, bei einer beginnenden Migräne-Attacke die passenden Medikamente parat zu haben. Vorbeugend sollte man den Alltag möglichst so gestalten, dass genügend Erholungsphasen in den Tagesablauf integriert sind.
Um geeignete Maßnahmen auf der Verhaltensebene zu finden, ist das Kopfschmerztagebuch hilfreich. Hier geht es darum, Auslöser zu erkennen und sie zu vermeiden.
Auf der Ebene der Bewertung geht es für Menschen mit Migräne vor allem darum, sich mit ihrem hohen Leistungsanspruch auseinanderzusetzen. Wichtig ist hier, den inneren Maßstab so einzustellen, dass die Überlastungsgrenze nicht ständig übertreten wird. Mit einem „zufriedenstellend“ sollten Sie auch zufrieden sein, ein „gut“ wirklich als „gut“ anerkennen und ein „sehr gut“ nicht als unumstößlichen Standard sehen.
Menschen, die unter Spannungskopfschmerzen leiden, stehen häufig unter einer dauerhaften Belastung. Sie streben danach, Erwartungen anderer zu erfüllen, versuchen zu funktionieren und verlieren so oft den Kontakt zu ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen. Das kann dazu führen, dass sie ihr Bedürfnis nach Ruhe entweder gar nicht mehr wahrnehmen oder sich nicht erlauben, ihm nachzukommen. Die Schmerzen sind dann der einzige Weg, sich Erholung zu gönnen.
Im Gegensatz zur Migräne, die anfallartig mit heftigen Schmerzen auftritt, äußert sich der Spannungskopfschmerz meist durch eine geringe bis mittelgradige Intensität, die jedoch deutlich länger anhält. Als Folge davon fühlen sich Menschen mit Spannungskopfschmerzen oft zermürbt, ziehen sich zurück und entwickeln depressive Verstimmungen.
Auf der situativen Ebene ist es wichtig, mit dem behandelnden Arzt einen angemessenen Umgang mit Schmerzmitteln zu erarbeiten. Das ist sowohl für den akuten Schmerzfall wie auch für die Prophylaxe wichtig.
Auf der Verhaltensebene kommt es für Menschen mit Spannungskopfschmerz vor allem darauf an, ihren Umgang mit Belastungen zu verändern. Dabei ist es hilfreich, den Zugang zu den eigenen Bedürfnissen wiederzufinden und zu lernen, eigene Anliegen zu formulieren und sie angemessen umzusetzen. Wichtig ist auch, sich dem Leben wieder mehr zuzuwenden und zu lernen, dass Freude an Aktivitäten trotz der Schmerzen möglich ist. Das Kopfschmerztagebuch kann helfen, Verhaltensweisen zu finden, bei denen die Dauer und Stärke der Schmerzen abnimmt.
Hinsichtlich der Bewertungsebene ist es für die Betroffenen meist notwendig, sich mit ihrem Selbstwertgefühl auseinanderzusetzen. Hilfreich ist das Entwickeln der Grundannahme, aus sich selbst heraus liebenswert zu sein und das gleiche Recht auf Bedürfnisse zu haben wie andere Menschen. Kopfschmerzen sollten nicht notwendig sein, um sich Ruhe gönnen zu dürfen.
Der Clusterkopfschmerz nimmt eine besondere Position ein. Er ist selten und extrem belastend. Die Betroffenen sind oft unglücklich über die Bezeichnung „Kopfschmerz“, weil sich diese Art von Beschwerden sich nicht mit den anderen Kopfschmerzarten vergleichen lassen. Die Patienten leiden unter plötzlich einschießenden Schmerzen, die gehäuft auftreten und so intensiv sein können, dass sie zur Ohnmacht führen. Anders als bei z.B. Migräne gibt es keine bekannten Auslöser für diese Attacken. Es gibt bislang keine Möglichkeit, die Clusterkopfschmerzen zu verhindern. Sie werden auch „suicide headache“ (engl. Selbstmord-Kopfschmerz) genannt.
Gerade in diesem Fall ist es auf der situativen Ebene besonders wichtig, stets die geeigneten Medikamente in Griffnähe zu haben. Clusterkopfschmerzen zwingen Betroffene oft, die Arbeitszeit zu reduzieren und führen somit zur Erwerbsunfähigkeit.
Auf der Ebene des Verhaltens ist es wichtig zu erarbeiten, welche Handlungsabläufe bei einer Clusterkopfschmerzattacke zu einem möglichst leichten Verlauf führen. So möchten die meisten Betroffenen während einer Attacke allein sein und verspüren einen starken Bewegungsdrang. Entscheidend ist, dass jeder Betroffene für sich herausfindet, was für ihn hilfreich ist und was nicht.
So weit wie möglich sollten Menschen im Umfeld des Betroffenen über die Erkrankung aufgeklärt und darüber in Kenntnis versetzt werden, wie sie mit einer Attacke am besten umgehen können. Wichtig ist außerdem zu lernen, die schmerzfreien Zeiten so achtsam und freudvoll wie möglich zu gestalten. Die Angst vor dem nächsten Anfall sollte nicht das gesamte Leben überschatten.
Aufgrund der Unheilbarkeit bleibt den Betroffenen auf der Bewertungsebene nur zu akzeptieren, dass sie an dieser Erkrankung leiden, und bestmöglich mit ihr umzugehen. An Clusterkopfschmerz Erkrankte sehen sich oft gezwungen, sich mit ihrer erheblich gesunkenen Leistungsfähigkeit auseinanderzusetzen. Hier ist besonders darauf zu achten, dass der Selbstwert stabilisiert wird. Auf dieser Ebene ist es auch hilfreich, Gedanken zu erarbeiten, die während eines Anfalls unterstützend wirken können, wie z.B.: „das geht vorbei“, „es wird wieder gut“ oder „ich überlebe das“.
Viele Menschen reagieren bei dauerhaften Belastungen mit Anspannung und Kopfschmerzen. Um trotz der Schmerzen weiterhin ihre Aufgaben erfüllen zu können, ist der Griff zu einem Schmerzmittel naheliegend. Wenn dieses Verhalten zur Regel wird und an mehr als zehn Tagen pro Monat Medikamente eingenommen werden, kann sich daraus ein zusätzlicher Kopfschmerz entwickeln. Es entsteht so ein Paradox: Schmerzen treten auf, die man gar nicht hätte, wenn man die Medikamente nicht nehmen würde.
Die situative Ebene ist hier zunächst die wichtigste: Diese Art Kopfschmerz kann nur behandelt werden, wenn die Betroffenen auf die Medikamente verzichten. Es bietet sich ein stationärer Entzug an, bei dem der Patient Unterstützung bei Entzugserscheinungen erhält. In der Folge verringern sich die Kopfschmerzen in ihrer Dauer und Intensität deutlich.
Nach dem Entzug sollte erarbeitet werden, welche Umstände zu dem erhöhten Medikamentengebrauch geführt haben.
Auf der Verhaltensebene können dann gesündere Verhaltenserweisen erarbeitet werden, die den häufigen Griff zur Tablette ersetzen.
Die Bewertungsebene kann dabei hilfreich sein, die Zuversicht aufzubauen, sich ein Leben ohne übermäßigen Schmerzmittelgebrauch zuzutrauen. Wichtig ist auch, dass es den eigenen Fähigkeiten zugeschrieben wird, wenn selbstgesetzte Ziele erreicht werden. Mögliche Rückfälle sollten so verarbeitet werden, dass sie den Betroffenen nicht demotivieren.
Es gibt einen Teufelskreis zwischen Belastung, Anspannung und Kopfschmerz. Deswegen ist für alle Arten von Kopfschmerzen sehr empfehlenswert, eine Entspannungsmethode wie die Progressive Muskelrelaxation (PMR) sowie moderaten Ausdauersport auszuüben.
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