Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellte jameda Dr. Baumgart interessante Fragen über kritische Patienten, Neuerungen in der Kardiologie und Defizite im Gesundheitssystem.
jameda: Herr Prof. Dr. Baumgart, was hat sie motiviert, Internist und Kardiologe zu werden?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Als Internist behandelt man den Patienten sehr ganzheitlich und umfassend. Zusammen mit der Kardiologie decken die beiden Fachbereiche die großen Zivilisationskrankheiten ab. Das sind genau die Erkrankungen, die sich durch entsprechende Vorsorge und Umstellung des Lebensstils sehr deutlich beeinflussen lassen. Hier früh anzusetzen, finde ich sinnvoll und motivierend.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Wir nehmen uns viel Zeit für unsere Patienten und gehen sehr individuell auf jede einzelne Fragestellung ein. Zudem arbeiten wir als Team aus Professoren und Fachärzten fächerübergreifend eng zusammen. So konnten wir schon viele komplexe oder schwierige Diagnosen erstellen und den Menschen helfen. Das ist für mich als Arzt immer wieder die größte Freude.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Gerade ältere Menschen scheuen den Gang zum Arzt. Sie warten, bis es gar nicht mehr anders geht. Viele haben Angst, der Arzt könnte etwas Schlimmes finden oder das ganze Leben umkrempeln. Natürlich ist diese Denke falsch. Wir wollen immer die Lebensqualität verbessern. Und je früher Veränderungen entdeckt werden, umso besser die Heilungschance und umso schonender die Therapie. Hier ist aber nicht nur Aufklärung gefragt. Man muss die Menschen auch emotional abholen, ihnen die Ängste nehmen. Bei uns soll jeder die Praxis mit einem guten Gefühl verlassen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Generell kann man sagen, dass heute viele Therapien deutlich angenehmer geworden sind. Das ist auch eine Errungenschaft der personalisierten Medizin. Dank neuer Verfahren gibt es immer weniger Nebenwirkungen. Wer dennoch starken Belastungen ausgesetzt ist, sollte auf jeden Fall Hilfe von außen annehmen. Es gibt mittlerweile viele Angebote, die einem das Leben auch bei Krankheit erleichtern.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Als wir vor über zehn Jahren mit unserer Diagnoseklinik gestartet sind, haben wir häufig festgestellt, dass Patienten nach ein bis zwei Jahren wiederkamen und wenig bis nichts geändert hatten. Darauf haben wir reagiert. Zum einen erarbeiten wir die Therapiepläne nun sehr individuell und an das jeweilige Lebensmodell angepasst. Zum anderen geben wir unseren Patienten so viel Hilfestellung wie möglich, z.B. indem wir sie intensiv bei der Therapie begleiten, ihnen bei Bedarf externe Unterstützung wie etwa Coaching, Personal Trainer o.ä. vermitteln oder ihnen zu einer zeitnahen Behandlung in einem Fachzentrum verhelfen.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Ich würde mehr Individualität zulassen. Gerade auch bei der Prävention. Hier wird noch zu viel über Schema F gelöst. Das erklärt meiner Meinung nach auch, wieso die Akzeptanz von Vorsorgeuntersuchungen so gering ist.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Ja, sehr viele. Wir verwenden Verfahren, die schon Vorstufen von Erkrankungen aufdecken. Die Messung der Gefäßelastizität etwa zeigt Veränderungen der Gefäße viel früher an, bevor ein EKG einen krankhaften Befund misst. Außerdem verfügen wir über eine hochmoderne Endoskopie-Abteilung, einen strahlenfreien Magnet-Resonanz-Tomographen und ein Low-Dose-CT. Das MRT liefert hochauflösende Bilder, ohne den Körper mit Strahlen zu belasten. Durch den Einsatz des Herz-CT können zahlreiche Herzkatheter vermieden werden. Was für wen geeignet ist, sollte allerdings immer nach individueller Indikation entschieden werden.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Prof. Dr. Baumgart: Wichtig finde ich einen achtsamen Umgang mit dem eigenen Körper und ein natürliches Körperbewusstsein. Instinktiv könnten viele schon erste Anzeichen spüren und merken, dass etwas aus dem Ruder läuft. Aber in der Regel fehlt das Bewusstsein, dass die Befindlichkeitsstörungen erste Warnsignale sind. Hier kann man nicht oft genug sensibilisieren.
Zur Person
Prof. Dr. med. Dietrich Baumgart ist international anerkannter Internist und Kardiologe. Zuvor leitete er das Herzkatheterlabor des Uniklinikums Essen. Er ist Mitglied der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und des wissenschaftlichen Beirats der Internationalen Gesellschaft für Prävention e.V.
Zur Praxis
Das Preventicum ist eine der führenden Kliniken für Diagnostik und moderne Medizin in Deutschland. Professoren und Fachärzte aus sieben verschiedenen Fachbereichen gehen mit modernsten Verfahren individuellen medizinischen Fragestellungen präzise auf den Grund und erarbeiten maßgeschneiderte Therapien.
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