Artikel 14/03/2022

Die Ohrakupunktur: eine effektive, aber unbekannte Methode

Maximilian Beindorff Heilpraktiker, Naturheilverfahren
Maximilian Beindorff
Heilpraktiker, Naturheilverfahren
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Die Akupunktur sowie die Traditionelle Chinesische Medizin erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit. Begriffe wie Yin und Yang, Meridian und Chi sind aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Wer hat noch nie von dem Leber-Meridian oder der Lebensenergie Chi gehört?

Durch das Einstechen von Nadeln, in seit Jahrhunderten bekannten Akupunkturpunkten, werden diese Energien wieder in ihren harmonischen Fluss gebracht. Doch während sich diese Methode großer Beliebtheit erfreut, bleibt eine genauso effektive Akupunkturmethode oft unbeachtet: die Ohrakupunktur.

Die Geschichte der Ohrakupunktur:

Wie weit das Wissen um die Wirkung der Ohrakupunktur zurückreicht, können wir nicht genau sagen. Schon Hippokrates (4. Jahrhundert v. Chr.) erwähnte das Blutenlassen der Venen am Ohr, um Unfruchtbarkeit zu heilen. Dieses Wissen soll er aus Ägypten mitgebracht haben, wo die Verödung bestimmter Ohrpunkte die Schwangerschaft vorbeugen sollte. Eine nicht empfehlenswerte Methode der Verhütung.

Als Begründer der modernen Ohrakupunktur gilt der französische Arzt Dr. Paul Nogier (1908-1996). Dieser stellte in seiner Praxis bei Patienten, die aus Nordafrika stammten kleine, lokale Brandwunden am Ohr fest. Patienten berichteten, dass dies ein herkömmliches Verfahren in deren Kultur sei, gerade um Hexenschuss zu beseitigen. Das Interesse von Dr. Nogier war geweckt, jedoch benutzte er zuerst noch die Methode mit einem glühenden Eisenstab (Kauterisation), um Schmerzen des Ischiasnerves am Ohr zu lindern. Nach drei Jahren kam ihm dann aber seine bahnbrechende Einsicht:

„Einige Jahre zuvor hatte ich mit einem Freund, Dr. Amathieu, zusammengearbeitet. Wir hatten uns beide unter anderem mit der Wirbelsäulentherapie beschäftigt und tauschten unsere noch dürftigen Kenntnisse aus. Immer wieder betonte mein Kollege: 'Das Problem des Ischiasnervs ist die Bandscheibenläsion zwischen den Lendenwirbeln und dem Kreuzbein.‘ An diesen Satz erinnerte ich mich eines Morgens, als ich vielleicht zum tausendsten Mal die Stelle auf der Anthelix betrachtete, die bei Ischialgie kauterisiert wird. Plötzlich erkannte ich, dass diese kauterisierte Stelle vielleicht der Nervenaustrittstelle zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein entspricht und dass in diesem Fall die ganze Anthelix die Wirbelsäule darstellt, aber auf den Kopf gestellt, und der Antitragus dem Kopf und dem Gehirn entspricht.“ (Bahr F: Einführung in die wissenschaftliche Akupunktur. Wiesbaden, Vieweg, 1992.)

Dr. Nogier sah im Ohr den menschlichen Körper umgedreht, mit seinem Kopf am Ohrläppchen, dargestellt. Durch diese Ansicht erweiterte er die Punkte auf den gesamten Organismus des Menschen. Muskeln, Skelettsystem, Hormone und auch Punkte aus der Chinesischen Medizin (Shen Men und Sianjiao) wurden mit genauen Lokalisationen am Ohr versehen. Dies bietet auch dem Therapeuten eine einfache Methode zu Therapie an.

Wirkung der Ohrakupunktur:

Diese Punkte, die Dr. Nogier am Ohr fand, sind über Nerven und Reflexe mit dem restlichen Körper verbunden. Eine Theorie ist die gemeinsame Entstehung bestimmter Nerven aus demselben Entwicklungsstadium des Menschen. So soll auch die Reflexzonentherapie ihre Wirkung entfalten.

Diese Theorie wurde schon oft wissenschaftlich belegt, wie z. B. durch Dr. Teddy Olson. In einem Experiment aus dem Jahr 1980 ließ Dr. Olsen den Körper eines Patienten komplett bedecken, sodass nur das Ohr frei war. Der untersuchende Arzt musste nun anhand der sich am Ohr zeigenden Punkte die Krankheit des Patienten erarbeiten. In 75 % der Fälle lagen die Befunde der Ohrakupunktur richtig!

Doch wie wurden diese Punkte gefunden? Schon bei der Körperakupunktur wurde in der Mitte des 20. Jahrhunderts festgestellt, dass Punkte eine andere elektrische Spannung hatten. Auch die Chinesische Medizin kennt schmerzhafte Punkte am Körper als Punkte, die behandelt werden sollen. Dies lässt sich auch auf die Ohrakupunktur übertragen. Änderung der Farbe, Spannung und Konsistenz der Haut werden über Punkten beobachtet. Auch das Schmerzempfinden ist hier oft gesteigert.

Anwendungsgebiete:

Die Ohrakupunktur kann bei einer Vielzahl von Leiden schnelle und effektive Linderung herbeiführen. Am besten erforscht sind die Wirkungen bei Sucht (NADA-Protocol) und der Gewichtsreduzierung. Dieser Effekt kann gut durch die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Erkrankungen erklärt werden.

Schmerzzustände wie Kopf- und Schulterschmerzen, Hexenschuss, Tennisellbogen und Migräne können hiermit auch effektiv beseitigt werden. Dies wirkt durch die Löschung des ‘Schmerzgedächtnis’, das der Körper bei chronischen Schmerzen aufgebaut hat.

Durch einen Ausgleich des Nervensystems zwischen Ruhe (Parasympaticusnerv) und Stress (Sympaticusnerv) kann durch wenige Nadeln am Ohr auch der Burn-out beseitigt. Eine Anwendung mit Dauernadeln, kleine reißzweckengroße Nädelchen, die auf die ausgewählten Punkte geklebt werden, kann diese Therapie nachhaltig unterstützen.

Die Ohrakupunktur kann auf keine lange Tradition zurückgreifen. Dies sagt jedoch nichts über ihre Effektivität in der Behandlung von meist chronischen Schmerzzuständen, psychologischen Leiden, oder bei Sucht aus. Ganz im Gegenteil hat sich dieses Verfahren in einer kurzen Zeit als ein hochwirksames Mittel zur Besserung von Beschwerden jeglicher Art erwiesen.

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