Team jameda
Die Herzinnenhautentzündung ist trotz allen medizinischen Fortschritten noch immer eine gefährliche und potentiell tödliche Erkrankung. Lesen Sie hier, warum das so ist, welche Symptome typisch sind und wie sie behandelt werden.
Die innere und feinste Schicht der Herzwände, das Endokard, hat eine glatte Oberfläche und dient als eine Art ,Tür‘‘ zwischen den Herzvorhöfen und -kammern sowie zwischen den Herzkammern und den großen Gefäßen. Indem sich diese Türen koordiniert öffnen und schließen, ermöglichen sie den Blutfluss durch das Herz.
Bei der Herzinnenhautentzündung, auch ,Endokarditis‘‘ genannt, werden meistens eine oder mehrere Herzklappen in Mitleidenschaft gezogen.
Ursachen: Bakterien und Herzrheuma
Infektiöse Endokarditis
Die infektiöse Herzinnenhautentzündung wird von Bakterien verursacht, meistens von Staphylokokken oder Streptokokken. Auch Pilze befallen manchmal die Herzinnenhaut.
Die Erreger der infektiösen Endokarditis erreichen die Herzinnenhaut meistens während einer Herz-OP, zum Beispiel bei der Einpflanzung einer künstlichen Herzklappe oder eines Herzschrittmachers.
Seltener entsteht eine bakterielle Endokarditis bei angeborenen Herzfehlern, die das Blut zwingen, sich in ungewöhnlicher Weise zu verwirbeln. Langfristig kommt es zum ,Wasser-frisst-Fels-Effekt‘‘, wobei die feinen Endokard-Zellen von einem sich ständig wiederholenden Druckstrahl geschädigt und dann von Bakterien besiedelt werden.
Weitere häufige Auslöser sind Zahnbehandlungen, Operationen der Atemwege oder Abszesse. Drogenabhängige, die sich spritzen, erkranken ebenfalls öfter an einer infektiösen Endokarditis.
Nicht-infektiöse Endokarditis
Eine nicht-infektiöse Endokarditis ist eine rheumatische Herzerkrankung, die entsteht, wenn das Abwehrsystem das Endokard angreift.
Häufige Auslöser einer nicht-infektiösen, rheumatischen Herzinnenhautentzündung sind:
Jedes Jahr erkranken 3 von 100.000 Menschen an einer Endokarditis. Die infektiöse Herzinnenhautentzündung kommt häufiger vor als die nicht-infektiöse Endokarditis, weil immer mehr Herzoperationen durchgeführt werden, die den perfekten Anlass für einen Bakterienbefall bieten.
Auch eine thrombotische Endokarditis tritt hin und wieder auf, die Tumorerkrankungen begleitet.
Je nach Verlauf der Endokarditis gibt es 2 Krankheitsbilder:
Anzeichen einer nicht-infektiöser Endokarditis sind die ,wandernden‘‘ Gelenkschmerzen, die von einen Gelenk zum anderen wechseln, sowie Kreislauf- und Herzbeschwerden, wie Brustschmerzen und Herzrasen.
Die Entzündung der Herzinnenhaut kann bleibende Schäden an einer der Herzklappen verursachen. Funktioniert eine Herzklappe nicht mehr richtig, wird das Herz langfristig schwer belastet, bis es zu schwach wird. Dann liegt eine Herzinsuffizienz vor. Weitere Komplikationen sind Schlaganfälle, Embolien und Blutvergiftungen.
Bei der klinischen Untersuchung entdeckt der Arzt oft ungewöhnliche Herzgeräusche und eine Vergrößerung der Milz und der Leber.
Blutuntersuchungen offenbaren eine gestörte Nierenfunktion, Anzeichen einer Infektion, Blutarmut und eventuell Antikörper gegen das Herzgewebe. Sie dienen auch dem Erregernachweis.
Am wichtigsten ist jedoch die Ultraschalluntersuchung des Herzens, mit der der Arzt erkennen kann, ob die Herzklappen krank sind. Die Schallquelle wird entweder auf den Brustkorb gesetzt oder in die Speiseröhre eingeführt. Der Blick durch die Speiseröhre ergibt viel genauere Bilder vom Inneren des Herzens.
Die EKG-Befunde sind meistens unspezifisch und Anzeichen einer Herzerkrankung sind nicht immer offensichtlich. Manchmal ist auch eine Biopsie der Herzinnenhaut nötig.
Zur Sicherstellung der Diagnose werden die Duke-Haupt- und Nebenkriterien benutzt.
Die Hauptkriterien sind:
Die Nebenkriterien sind:
Die Duke-Kriterien helfen, die Diagnose zu stellen:
Sicher ist die Diagnose der Endokarditis, wenn 2 Haupt- oder 1 Haupt- und 2 Nebenkriterien oder wenn 5 Nebenkriterien erfüllt sind.
Die Therapie der Endokarditis muss so früh wie möglich beginnen, damit möglichst keine Komplikationen auftreten.
Bei einer bakteriellen Herzinnenhautentzündung ist die hochdosierte, intravenöse Antibiotikatherapie im Krankenhaus sehr wichtig. Der Patient muss eine strenge Bettruhe einhalten. Entzündungshemmende Medikamente werden zusätzlich verabreicht.
Wenn eine Herzklappe durch die Entzündung stark geschädigt wurde, muss operiert werden, um eine chronische Herzschwäche zu vermeiden. Meistens wird eine künstliche Herzklappe eingesetzt, nachdem das erkrankte Gewebe entfernt wurde.
Bei einer rheumatischen Endokarditis verabreicht der Arzt Kortisonpräparate und Medikamente, die die Fehlreaktion des Abwehrsystems dämpfen.
Die Prognose einer Endokarditis ist abhängig von mehreren Faktoren. Der Arzt schätzt sie ab, indem er folgende Fragen beantwortet:
In 75 Prozent der Fälle kann die Herzinnenhautentzündung geheilt werden. Beginnt die Behandlung zu spät oder ist der Patient schwach, kann die Erkrankung tödlich ausgehen.
In der Vergangenheit haben die Experten angenommen, dass die Gabe von Antibiotika vor einer OP sinnvoll ist, um eine Endokarditis vorzubeugen. Das hat zu einer intensiven, wissenschaftlichen Debatte geführt, weil die Wirksamkeit und der individuelle Nutzen dieser Prophylaxemaßnahme nicht gut genug untersucht wurde.
Darüber hinaus ist nicht bekannt, inwiefern die Gabe von Antibiotika ,ohne einen guten Grund‘‘ die Resistenzfähigkeit der Bakterien unterstützen. Deswegen wurden die Empfehlungen für die Antibiotikaprophylaxe deutlich eingeschränkt.
Die aktualisierten Leitlinien von 2015 empfehlen eine Endokarditisprophylaxe ausschließlich bei Höchstrisikopatienten, denen bestimmte medizinische Eingriffe bevorstehen. Beispielsweise bei Herz- oder Atemwegoperationen oder Zahnbehandlungen kommt es eher zu einer Herzinnenhautentzündung. Um das zu vermeiden, nehmen die Patienten 30 bis 60 Minuten vor dem Eingriff ein Antibiotikum.
Die Vorbeugung ist für folgende Risikopatienten vorgesehen:
Wenn Sie zu einer der Hochrisikogruppen gehören, helfen Sie sich selbst am besten, indem Sie auf eine gute Mund- und Hauthygiene achten. Folgende Empfehlungen können Sie schützen:
Bakterielle Herzinnenhautentzündungen befallen hauptsächlich Menschen mit angeborenen oder erworbenen Herzerkrankungen nach einer Herz- oder Atemwegeoperation sowie nach Zahnbehandlungen. Die rheumatische Endokarditis wiederum entsteht wegen einer Abwehrsystemstörung. Unabhängig von der Ursache muss die Herzinnenhautentzündung schnellstens behandelt werden. Dann kann die Erkrankung in 75 Prozent der Fälle geheilt werden. Ohne rechtzeitige Behandlung kann die Endokarditis tödlich verlaufen, insbesondere bei älteren, fragilen Menschen mit zusätzlichen Erkrankungen.
Deutsche Herzstiftung
Selbsthilfeorganisation Herzkind
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, Herz-Kreislauf-Forschung
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin
Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie
[Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin
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