Artikel 19/04/2016

Das jameda-Interview: 9 Fragen an Herrn Michael Roggendorf

null Michael Roggendorf Orthopäde & Unfallchirurg, Wirbelsäulenchirurg, Nuklearmediziner
null Michael Roggendorf
Orthopäde & Unfallchirurg, Wirbelsäulenchirurg, Nuklearmediziner
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Michael Roggendorf interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Orthopäde und Unfallchirurg.

jameda: Herr Michael Roggendorf, was hat Sie motiviert, Orthopäde und Unfallchirurg zu werden?
Michael Roggendorf: Die Aufrichtung des Menschen wurde erst möglich als unsere Wirbelsäule ihre spezielle Form, die doppelte S-Kurve, entwickelte. Das harmonische Zusammenspiel der Wirbel, Bandscheiben, Wirbelgelenke, Bänder und Muskeln ist die Grundlage dafür, dass unsere Wirbelsäule zwei grundsätzlich verschiedenen Anforderungen gewachsen ist. Einerseits soll sie uns ein Leben lang stützen und aufrecht halten. Andererseits müssen Bewegungen verschiedenen Ausmaßes in der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule ermöglicht werden. Der Wunsch dieses komplizierte Gebilde zu verstehen und Erkrankungen positiv zu beeinflussen, war für mich der Antrieb die Wirbelsäule ins Zentrum meiner beruflichen Laufbahn zu stellen.

jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Michael Roggendorf: Am meiste Freude bereiten mir zufrieden Patienten, denen ich helfen konnte, Ihre Schmerzen zu überwinden und Ihre Mobilität zurück zu erhalten. Akute Verletzungen, Überlastungsbeschwerden können gut diagnostiziert und entsprechend behandelt werden. Die Kombinationen verschiedener Ursachen, Stressfaktoren und Erkrankungen, auch der emotionalen und psychischen Verfassung der Patienten, bedürfen eines einfühlsamen, dem Patienten zugewandten Gespräches. Diese genaue Analyse der Beschwerden ist die größte Herausforderung meiner Arbeit.

jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Michael Roggendorf: „Da kann man ja sowieso nichts mehr machen!“. Diesen Satz höre ich sehr häufig von verzweifelten Patienten. Nach langen Gesprächen und genauester Diagnostik können wir in den meisten Fällen ein Problem identifizieren, welches behandelt werden kann. Nicht in jedem Fall können wir die Beschwerden vollständig beseitigen. Eine deutliche Linderung der Schmerzen, durch konservative oder operative Maßnahmen, kann doch ein großer Gewinn für die Patienten sein, oder, wie sehen Sie das?

jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen? 
Michael Roggendorf: Wir als Ärzte sollten nicht dem Irrtum unterliegen, dass unser Können grenzenlos wäre. Oft können wir Krankheiten heilen, viele Beschwerden lindern. Wir können aber nicht die Jugend zurück bringen. Ein realistisches Behandlungsziel, welches man gemeinsam mit den Patienten vereinbart, ist eine gute Möglichkeit auch schwierige Phasen zu überstehen. Das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient scheint mir jedoch zunehmend aus der Mode zu kommen.

jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt.
Michael Roggendorf: Keiner von uns möchte jeden Tag vorgeschrieben bekommen, was er tun oder lassen soll. So geht es auch Patienten, denen eine bestimmte Therapie verordnet wird. Nur ein aufgeklärter Patient, der seine Erkrankung versteht und den Sinn der Behandlung erkennen kann, wird sich an den Behandlungsplan halten. Merke ich, dass einer meiner Patienten von unserem gemeinsamen Plan abweicht, dann frage ich ihn nach seinen Gründen. Vielleicht bleibt der erhoffte Erfolg aus oder er verträgt die Medikamente nicht. Es kann viele Gründe für eine „Non-Compliance“, wie wir Ärzte sagen, geben.

jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Michael Roggendorf: Der Mensch ist keine Maschine. So einleuchtend diese Erkenntnis ist, so schwer fällt es vielen von uns Ärzten, sie auch im täglichen Tun zu beachten. Dabei lernen wir schon an der Universität, dass wir keine Röntgenbilder behandeln dürfen. Jeder Assistenzarzt kennt den ironischen Hinweis der Ausbilder, „Im Zweifelsfall bitte einmal den Patienten anschauen.“, und nicht nur die Untersuchungsergebnisse studieren.

jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Michael Roggendorf: In der Schmerztherapie haben wir große Fortschritte gemacht. Moderne Verfahren, welche auf unterschiedliche Wege die Schmerzursachen bekämpfen, sind in den letzten Jahren weiter entwickelt worden. In unserer Praxis können wir ein breit gefächertes Spektrum der Schmerztherapie anbieten. Zu erwähnen sind auch die modernen, schonende Operationsverfahren, welche uns heute zur Verfügung stehen. Diese sind das Ergebnis intensiver Forschung und Entwicklung, welche die Wirbelsäulenchirurgie in den letzten 20 Jahren geschaffen hat.

jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Michael Roggendorf: Glückliche Patienten. Ganz besonders die Patienten, die viele Jahre unter starken Beschwerden litten. Die Patienten, die die Hoffnung schon aufgeben hatten, dass es vielleicht doch noch Hilfe geben kann. Diese Momente, wenn meine Patienten, denen ich helfen konnte, sich bei mir bedanken. Für diese Momente arbeite ich jeden Tag.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Michael Roggendorf: Bewegen Sie sich! Der Mensch ist von Natur aus ein Läufer. Auf der Suche nach Nahrung legten unsere Vorfahren viele Kilometer am Tag zurück. Laufen, Schwimmen, Yoga, Turnen, Fahrrad fahren, Zumba, Fitness, Tanzen. Suchen Sie sich etwas aus! Aber tun Sie etwas! Ihr Rücken wird es Ihnen danken!

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