Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Kolm interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Internist.
jameda: Herr Kolm, was hat Sie motiviert, Internist zu werden?
Hr. Kolm: Als Student habe ich im Rahmen des praktischen Jahres bereits eigenverantwortlich eine Station für Innere Medizin geleitet. Die Möglichkeit faszinierte mich, wissenschaftlich und praktische handwerkliche Erfahrung zu kombinieren. Die gelebte Erfahrungsmedizin ergab für mich und die Patienten eine Win-Win-Situation.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Hr. Kolm: Zwischentöne aufzuspüren und fehlende Puzzleteilchen im Gesamtbild der Patienten zu erfassen und schließlich in praktischer Umsetzung zu behandeln. Innovationen werden zum Wohle der Patienten auf Praxistauglichkeit geprüft.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Hr. Kolm: Aussagen wie: „Ärzte haben sich aus Zeitmangel nur oberflächlich mit meinen Problemen beschäftigt.’ Und: 'Medizinische Eingriffe müssen schmerzhaft sein.“
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Hr. Kolm: Ich rate Patienten, ein Symptom-Tagebuch zu führen, das bei Kontrollen besprochen wird. So kann man besser Stellung nehmen und Veränderungen entdecken. Alternativ können auch Zwischenmitteilungen über neue Medien an das Ärzteteam abgegeben werden.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Hr. Kolm: Ich spreche den Patienten direkt an und bitte um Erklärung. Dabei versuche ich alternative Lösungswege mit besserem Verständnis zu erarbeiten.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Hr. Kolm: Kassenärztliche Vereinigungen abschaffen, um mehr Transparenz für die Kosten und Leistungen für den Patienten und nicht zuletzt für die Ärzte zu schaffen. Es sollte nur noch Direktabrechnungen bzw. Selektivverträge mit den Krankenkassen geben.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Hr. Kolm: Leitliniengerechtes Arbeiten kann die Individualität und Qualität der Behandlung in der Erfahrungsmedizin behindern.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Hr. Kolm: Ich nutze minimalinvasive Laserverfahren (LHP) bei Hämorrhoiden, Analfisteln, Steißbeinfisteln und Venenproblemen. Weitere Verfahren sind die Lachgassedierung bei endoskopischen bzw. proktoskopischen Eingriffen und die Endosonographie; das ist eine Ultraschallbehandlung am Enddarm.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Hr. Kolm: Das hätte man verhindern können: Eine 39-jährige Patientin mit seit einem Jahr bestehenden analen Blutabgängen erschien zur Erstdiagnostik in meiner proktologischen Sprechstunde mit Verdacht auf Hämorrhoiden. Bei der proktologischen Untersuchung zeigte sich leider ein fortgeschrittenes Analkarzinom, das nur noch mit Analverschluss, umfangreicher OP, Bestrahlung und Chemotherapie und einem dauerhaften künstlichen Darmausgang versorgt werden konnte. Die Patientin war zwar im Verlauf geheilt, ihre Lebensqualität war aber eingeschränkt.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Hr. Kolm: Fragen Sie nicht die Suchmaschine, sondern gehen Sie gleich zum Facharzt. Bei uns bekommen Sie immer zeitnah eine professionelle Antwort, gegebenenfalls auch vorab per Videosprechstunde.
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