Artikel 09/01/2017

Das jameda-Interview: 10 Fragen an Herrn Dr. med. Stefan Heidt

Dr. med. Stefan Heidt Orthopäde & Unfallchirurg, Spezieller Schmerztherapeut, D-Arzt
Dr. med. Stefan Heidt
Orthopäde & Unfallchirurg, Spezieller Schmerztherapeut, D-Arzt
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. med. Stefan Heidt interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Orthopäde.

jameda: Herr Dr. Heidt, was hat Sie motiviert, Orthopäde zu werden?
Dr. Heidt: Bereits als 7-jähriger Junge habe ich nach meiner Behandlung bei einem Orthopäden wegen einer Sportverletzung zu meinen Eltern gesagt, „ich werde Orthopäde und Sportmediziner!“ und dies habe ich auch konsequent umgesetzt.

jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen? 
Dr. Heidt: Die Orthopädie ermöglicht sowohl präventiv als auch kurativ tätig zu sein und umfasst die gesamte Lebensspanne - vom Säugling bis zum Greis. Am meisten Freude macht mir die abwechslungsreiche Arbeit in der Praxis beim Herausfinden der Diagnosen, die durch eine ausführliche Anamnese sowie klinische, körperliche Untersuchung beim Patienten ihre Grundlage hat, um dann zielgenau ergänzende, bildgebende Verfahren wie Röntgen, Sonographie oder MR und CT, sowie ggf. Labor einzusetzen. Die größte Herausforderung sehe ich im Spagat zwischen dem ganz engen Zwang des Budgets der gesetzlichen Krankenkassen und der Erwartungshaltung und dem Anspruchsdenken der Patienten, welche durch gezielte Fehlinformationen der gesetzlichen Krankenkassen sogar noch geschürt wird. Lt. Sozialgesetzbuch V darf nur noch eine wirtschaftliche, ausreichende, zweckmäßige und notwendige Behandlung durchgeführt werden, diese steht jedoch häufig hinter den Möglichkeiten der modernen Medizin zurück und der Arzt haftet gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen, wenn er zu viel für seine Patienten tut.

jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis? 
Dr. Heidt: Die Vorurteile sind umso größer, je geringer der Bildungsstand des Patienten ist, da dieser immer noch den vollmundigen Versprechungen der GKV glaubt, dass er sich jederzeit ohne Begrenzung wie in einem Selbstbedienungsladen auf Kosten der Solidargemeinschaft behandeln lassen kann, ohne eigenverantwortlich mitzuwirken; des Weiteren wird oft gefährliches Halbwissen im Internet verbreitet.

jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?  
Dr. Heidt: Insbesondere chronisch rezidivierende Erkrankungen, die auch ein hohes Maß an Mitarbeit des Patienten wie z.B. konsequentes Durchführen der erlernten Eigenübungen beim Physiotherapeuten erfordern, verlangen von vielen Patienten ein großes Durchhaltevermögen. In solchen Situationen ermutige ich immer wieder den Patienten, sich kleine Etappenziele zu setzen, dies konsequent zu verfolgen und sich nicht von Rückschlägen aus der Bahn werfen zu lassen, da ohne seine Mithilfe ein „Gesundmachen“ nicht möglich ist. Das Engagement des Patienten ist ein wesentlicher Bestandteil für eine erfolgreiche Behandlung.

jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Heidt: Wenn ich bemerke, dass ein Patient seinen Therapieplan in keiner Weise befolgt, weise ich ihn entschieden darauf hin, dass es eine Mitwirkungspflicht auch vom Patienten gibt und in ganz schwierigen Fällen benachrichtige ich auch den zuständigen Hausarzt und lehne eine weitere Behandlung ab.

jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Heidt: Wenn ich das Gesundheitssystem ändern könnte, würde ich als Erstes die Eigenverantwortung des Patienten und eine wirkliche Transparenz bei allen Beteiligten, insbesondere auch der gesetzlichen Krankenkassen fordern - dies wäre ganz einfach. Jeder Patient soll nach der ärztlichen Behandlung wie bei den Privatversicherten eine Rechnung erhalten und diese bei seiner gesetzlichen Krankenkasse zur sofortigen Erstattung vorlegen, da die Erstattung in Zeiten des Online-Bankings ja in kürzester Zeit möglich ist; dann hätten wir Transparenz auf allen Ebenen; der Patient sieht genau, was gemacht worden ist und was dies auch wirklich kostet und würde dann auch sehen, was alles dann nicht erstattet wird, obwohl es ihm zunächst vollmundig von der GKV versprochen wird. Diese Erfahrung machen ja bereits einige GKV-Versicherte, wenn sie das gesetzlich verbriefte Recht vom Wechsel in das Kostenerstattungsprinzip vollzogen haben und dann bei der Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenkasse merken, was alles nicht bezahlt wurde.

jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Heidt: Da wirklich kein Mensch perfekt ist und auch Ärzte Menschen sind und wir auch Fehler machen, wäre vor allem immer wieder das Auffrischen des Wissensstands in dem jeweiligen Fachbereich dringend notwendig, sodass eine stetige Weiterbildung sicherlich bei den Ärzten zu einer Verbesserung - sowohl bei der Diagnostik wie auch der Therapie - führen würde.

jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden? 
Dr. Heidt: Die Medizin ist eine Wissenschaft, die sich ständig weiterentwickelt und verbessert, sodass es auch insbesondere in meinem Fachgebiet in der Orthopädie neue Therapieverfahren - sowohl im konservativen wie auch im operativen Bereich - gibt. Ich möchte hierfür exemplarisch nur 2 Verfahren aufzeigen: Zur konservativen Behandlung von Wirbelsäulenerkrankungen gibt es z.B. die SpineMed-Methode, wobei über ein spezielles Biofeedback-Verfahren zielgenau das betroffene Segment der geschädigten Bandscheibe entlastet werden kann und durch die Dekompression der intradiskale Druck verringert wird und durch die Rehydration von Flüssigkeit, Nährstoffen und Sauerstoff die Bandscheibe die Möglichkeit hat, sich zu regenerieren.

jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Dr. Heidt: Es gab mehrere Patienten oder Erlebnisse in meiner bisherigen 23-jährigen Praxistätigkeit, die ich nicht vergessen werde. Insbesondere fällt mir hier meine erste Patientin ein, bei der ich die Orthokin-Methode angewandt habe, da sie seit über 12 Jahren nur mit UA-Gehstützen mobil war. Bereits nach der 5. Behandlung hat sich der Ehemann bei mir bedankt, da seine Frau nun wieder ohne Gehstützen – wenn auch nur kürzere Strecken – mit ihm Spazieren gehen konnte.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben? 
Dr. Heidt:  Den Lesern möchte ich als Gesundheitstipp mit auf den Weg geben, dass Bewegung Leben ist und wir nur so alt wie unsere Gelenke sind.

Zur Person

  • verheiratet, 4 Kinder
  • Studium der Medizin in Berlin + München
  • Approbation 1985
  • Promotion 1986
  • eigene Praxis seit 1993 in Deggendorf; zuvor Oberarzt in der orthopädischen Fachklinik in Schwarzach
  • Schwerpunkt auf Schmerztherapie + auf arthroskopische Operationen und minimalinvasive Wirbelsäuleneingriffe
  • 2006: Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie

Zur Praxis

Die Maxime – im Mittelpunkt steht der Mensch – wird nicht nur von mir, sondern auch von meinen Praxismitarbeitern gelebt. Das Credo der Praxisklinik – Kompetenz durch ständige Weiterbildung – wurde wieder einmal durch die erfolgreiche Rezertifizierung in die Tat umgesetzt und belegt wiederum die hohe fachliche wie auch organisatorische Kompetenz der gesamten Praxis.

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