Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. med. Lars Manderbach interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Orthopäde.
jameda: Herr Dr. Manderbach, was hat Sie motiviert, Orthopäde zu werden und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?
Herr Dr. Manderbach: Orthopädie ist ein ausgesprochen schönes Fach der Medizin. Es gilt hier, sehr analytisch die Ursache eines in der Regel mechanischen Problems herauszufinden. Es gibt oft verschiedene Lösungswege, die man dann im persönlichen Gespräch mit dem Patienten herausarbeiten muss. Orthopädische Chirurgie erfordert handwerkliches Geschick und Erfahrung. Und ich bin leidenschaftlicher Handwerker. Eine Operation führt nur dann zu einem guten Ergebnis, wenn man sein Handwerk beherrscht. Da helfen einem kein Titel und keine wissenschaftliche Expertise. Der Operationssaal ist nichts für Denker mit linken Händen und 10 Daumen.
jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?
Herr Dr. Manderbach: Mein Schwerpunkt lag bis vor drei Jahren in der klinischen Tätigkeit im operativen Bereich. Hier vor allem als leitender Arzt im Bereich der Endoprothetik von Knie und Hüftgelenk. Seit drei Jahren arbeite ich als selbständiger Arzt in der Praxis. Diese Arbeit ist viel umfassender und erfüllender, wenn man seine Patienten über längere Zeit begleitet und zuerst versucht, ohne Operation zu helfen. Wenn das nicht zum gewünschten Ergebnis führt, kann ich als kompetenter Chirurg wieder mein Können beweisen und im Anschluss meine Patienten auch ambulant weiterbehandeln. Genau das fehlt in der Klinik. Operieren und dann zum Kollegen schicken – das ist für mich kein befriedigendes Konzept.
jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?
Herr Dr. Manderbach: Ja, hier denke ich vor allem an vier meiner Chefs aus der orthopädischen Uniklinik Frankfurt. Ehrliche, menschlich korrekte, keine Spur arrogante, sehr erfahrene Ärzte und Kollegen. Ich bewundere die Chirurgen aus alter Zeit, die noch eine sehr breite, fundierte Ausbildung erlebt haben und das chirurgische Können auch vor der Rente mit höchster Präzision vorgelebt haben. Heute geht die Ausbildung immer mehr Richtung Spezialisierung und der Gesamtüberblick geht verloren. Ich hatte das Glück, noch eine solide, breite Ausbildung erfahren zu können.
jameda: Gibt es in der Gegenwart Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?
Herr Dr. Manderbach: Sicherlich bietet die moderne Medizin vor allem in der Diagnostik sehr gute Hilfestellungen, die einem das Leben vereinfachen. Trotzdem bleibt es dabei, wie man es im ersten Semester gelehrt bekam: Zuerst zuhören, beobachten und untersuchen. Dann eine Diagnose stellen und einen Therapievorschlag formulieren. Es ärgert mich, wenn mir Patienten erzählen, dass man ihnen eine Operation dringend empfohlen hat, weil im MRT-Befund dies und das steht. Untersucht wurde der Patient nie. Das Problem liegt nicht selten an einer ganz anderen Stelle.
jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Herr Dr. Manderbach: Hier muss leider der stark zunehmende wirtschaftliche Druck genannt werden. Es ist Ziel der Politik, das medizinische System schlanker und billiger zu machen. Kliniken werden in die Insolvenz getrieben. Niedergelassene Kollegen geben zunehmend ihre Praxis ab, weil sie den ständig neuen Auflagen nicht mehr nachkommen können und die zunehmende Arbeit immer schlechter vergütet wird. Orthopädie ist sicher eine Luxusmedizin. Die Lebenserwartung steigt stetig und die Ansprüche steigen mit. Das Geld um das zu finanzieren, wird knapper. Mit Schmerzen kann man leben, aber nur schlecht. Und das ist nicht unser Anspruch.
jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?
Herr Dr. Manderbach: Ich hoffe und glaube, dass es mir oft gelingt, meinen Vorbildern zu folgen. Um ehrlich zu sein, sich ein klein bisschen mehr Zeit nehmen, zuzuhören, zu erklären und auf Augenhöhe mit den Patienten zu kommunizieren.
jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?
Herr Dr. Manderbach: Wenn meine Patienten erkennen, dass ich sie ernst nehme und gemeinsam mit ihnen eine Lösung des Problems erarbeiten möchte. Nicht von oben herab. Klare Fragen, klare Antworten und auf Augenhöhe Therapiemöglichkeiten besprechen. Ich schätze es besonders, wenn mein Patient damit umgehen kann, wenn ich sage: ‘Das weiß ich nicht, aber ich versuche eine Lösung zu finden.’
jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Manderbach: Ja klar. Die 94-jährige Patientin vom letzten Jahr. Beide Hüften fast steif mit schwerer Arthrose. Operieren? 'Ja klar! Das ist doch so kein Zustand. ’ Freitags habe ich sie operiert, am Sonntag war sie, entgegen der Vorgaben der Klinik im Zoo zum Kaffee trinken. Wenn sie in die Praxis kommt, kann ich den Schmatzer auf die Backe kaum abwehren. ‘Doktor, isch fühl misch wie e jung Mädsche. Isch renn wie n junge Hirsch’. Das macht Spaß!
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dr. Manderbach: Wie ich schon gesagt habe: Orthopädie ist nicht Autowerkstatt. Ich kann Hilfestellung geben, aber die Patienten müssen aktiv mitmachen und nicht machen lassen. Zudem haben wir ein hervorragendes Gesundheitssystem. Dieses sichert eine sehr gute Grundversorgung. In der Orthopädie gibt es, wie in keinem anderen Fach, viele zusätzliche Behandlungsoptionen, die die gesetzliche Krankenversicherung nicht finanzieren kann. Hier muss der Patient von heute mit hohem Anspruch auch bereit sein, sich an den Behandlungskosten zu beteiligen.
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