Artikel 25/06/2018

Haarmedizin und Haartransplantation: Was bei Haarausfall wirklich hilft

Dr. med. Andreas Mario Finner Hautarzt (Dermatologe)
Dr. med. Andreas Mario Finner
Hautarzt (Dermatologe)
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Länger andauernder oder plötzlicher Haarausfall kann sowohl bei Männern als auch Frauen große Besorgnis auslösen. Was wirklich hilft, ist vor allem die Haartransplantation.

Bei Haarausfall zum Hautarzt

Typische Befürchtungen sind schon in jungen Jahren dauerhaft ausfallende Haare bis hin zur Glatze, innerliche ernsthafte Erkrankungen oder sichtbare Lücken, die nicht mehr nachwachsen. Viele Betroffene informieren sich anfangs im Internet oder beim Friseur und probieren diverse, oft unwirksame Mittel und Shampoos aus.

Sinnvoller ist jedoch, sich in einer speziellen Haarsprechstunde vorzustellen, um die Art und Ursache des Haarproblems festzustellen. Auch Kopfhautprobleme oder Haarschäden können so analysiert werden.

Hier werden verschiedene Untersuchungen anhand eines geschulten Blicks, des Zupftests und vor allem der Auflicht-Lupen-Betrachtung oder sogar einer digitalen Haarmessung vorgenommen.

Das sind die vier häufigsten Diagnosen

  1. Bei einem täglich am ganzen Kopf verstärkten sogenannten diffusen Haarausfall liegen oft vorausgehende Störungen wie Fieber, Operationen, Medikamente, Mangelzustände oder Schilddrüsenerkrankungen vor. Hier lässt sich oft ein Auslöser durch eine ausführliche Anamnese in der Vorgeschichte oder in einer Blutuntersuchung finden.
    Die gute Nachricht: Die Haarwurzeln sind intakt und die Haare wachsen wieder nach, nachdem die Ursache behoben wurde. Außerdem werden zusätzlich Kapseln mit Medizinalhefe, Zysten und B-Vitaminen sowie gegebenenfalls PRP-Eigenblutplättchen gegeben.
  2. Wenn plötzlich kahle Stellen ohne Schmerzen, Juckreiz oder Rötung auftreten, deutet das auf einen sogenannten kreisrunden Haarausfall hin. Er entsteht durch ein Missverständnis zwischen Haarwurzeln und Immunzellen der Haut. Die Haarwurzeln schlafen hier ein. Das geschieht meist an einzelnen Stellen und nur selten am ganzen Kopf oder Körper. Unter der Auflicht-Lupen-Betrachtung kann man erkennen, dass die Poren erhalten, aber die Haare dort stoppelig abgebrochen sind.
    Obwohl diese Form des Haarausfalls seit Jahrtausenden bekannt ist, kann sie trotz intensiver Forschung nur symptomatisch behandelt werden. Zum Glück liegt keine innerliche Erkrankung vor, sodass die Haare meist spontan wieder nachwachsen. Unterstützend können Vitamin D, Zink und Unterspritzungen zum Einsatz kommen.
  3. Der entzündliche, vernarbende Haarausfall ist ein Notfall, da Haarwurzeln zerstört werden. Es zeigen sich kahle Stellen ohne Poren mit Juckreiz oder Schuppung. Eine Gewebeprobe sichert die Diagnose, sodass anschließend antientzündlich behandelt werden kann.
  4. Der anlagebedingte Haarausfall äußert sich bei Frauen mit einer Lichtung am Scheitel und Oberkopf, bei Männern mit Geheimratsecken und Oberkopfglatze bis hin zur Kahlheit. In der Auflicht-Lupen-Betrachtung sind auch in frühen Stadien schon kleine Haare erkennbar, die dünner und kürzer werden.

So funktioniert die Behandlung

Für die Behandlung kommen Minoxidil, Alfatradiol und bei Männern gegebenenfalls Finasterid infrage. Bei Frauen sind gegebenenfalls antimännliche Hormone und PRP- Eigenblutplättchen sinnvoll. Oft können die Haare so stabilisiert oder vorbeugend erhalten werden. Deshalb ist eine frühzeitige und dauerhafte Therapie sinnvoll. Durch digitale Messungen kann der Erfolg im Verlauf genau gemessen werden.

Wenn schon deutliche Lücken und Kahlzonen vorhanden sind, kann eine Haartransplantation dauerhaft helfen.

Dabei werden tausende eigene Haarwurzeln aus dem sicheren, dauerhaft behaarten Bereich am Hinterkopf in die betroffenen Zonen umgepflanzt. Diese Haarwurzeln behalten ihre Stammzellen und bleiben auch an der neuen Stelle jahrzehntelang kräftig. Wichtig sind ausreichend dichte und dicke Haare in am Hinterkopf.

Die Planung und Voruntersuchung sollte von einem erfahrenen Haarchirurgen persönlich vorgenommen werden. Dabei beurteilt und vermisst er die Spenderhaare, schätzt den Bedarf ein und entscheidet über das weitere Vorgehen. Auch die Verteilung der Haare und die typgerechte Haarlinie erfordern viel Erfahrung. Der Arzt sollte auf Haartransplantation spezialisiert sein und über viele Jahre ausreichend Patienten behandelt haben, um die eigenen Ergebnisse zu sehen.

Welche Techniken können bei der Behandlung angewendet werden?

Die Prozedur wird in örtlicher Betäubung innerhalb eines Tages in Teamarbeit durchgeführt, damit die Haarwurzeln zügig wieder eingepflanzt werden. Dabei sollte der Arzt die entscheidenen operativen Schritte persönlich vornehmen. Hier ist es besonders wichtig, die Mikrokanäle in richtiger Verteilung, Größe, Richtung, Tiefe und Anordnung zu setzen. Das ist die entscheidende Kunst und verlangt viel Geschicklichkeit.

Die eingepflanzten Haare sollte schonend behandelt werden, damit die Wurzeln gut anwachsen. Die Verteilung sollte so sein, dass das Ergebnis dauerhaft natürlich ist und gut aussieht.

Das Haar kann zum einen als schmaler Hautstreifen an der sichersten Hinterkopfzone entnommen werden (FUT), aus dem dann unter dem 3D-Mikroskop die Haareinheiten (FU) separiert werden. Die Stelle wird so vernäht, dass sie als schmale Linie kaum sichtbar und damit überkämmbar ist. Der Hinterkopf muss nicht rasiert werden, so dass diese Methode bei längeren Haaren vorteilhaft ist. Die Transplantate sind besonders kräftig und robust. Der Hinterkopf ist sonst unberührt, sodass später noch mehr Haarwurzeln gewonnen werden können, falls der Haarausfall fortschreitet.

Die zweite Möglichkeit: Einzelne Haareinheiten (FUE) kann der Arzt punktuell herausschneiden. Der Vorteil liegt darin, dass weiterhin Kurzhaarfrisuren getragen werden können, solange nicht zu dicht entnommen wurde. Bei großen Transplantatmengen kann es jedoch passieren, dass größere Lücken entstehen oder dass das Haar sichtbar ausdünnt. Dann ist auch eine Kurzhaarfrisur am Hinterkopf nicht mehr möglich oder das Haar muss aus anderen, nicht sicheren Bereichen entnommen werden.

Diese Transplantate sind potentiell schwächer, empfindlicher und neigen mehr zu Austrocknung und Verletzung als die FUT-Transplantate. Sie müssen deshalb besonders schonend verpflanzt werden. Zusammenfassend ist die FUE eher bei dickem, dichtem Haar geeignet. Außerdem ist die Ausbeute teilweise geringer als bei FUT.

Eine Kombination aus FUT und FUE ist ebenfalls möglich. Beide haben Vor- und Nachteile.
Um allen Patienten gerecht zu werden, sollte der Haarchirurg verschiedene Methoden der Haartransplantation beherrschen. Am wichtigsten sind die Erfahrung des Arztes und die persönliche Betreuung vor und nach der Operation.

Welche Risiken gibt es?

Die medizinischen Risiken einer Haartransplantation sind zeitweise Krusten, Schmerzen, Schwellungen, Taubheit und selten Infektionen. Nach ein bis zwei Wochen sind die Patienten wieder gesellschaftsfähig.

Das größte Risiko ist jedoch eine schlecht geplante  Haarverpflanzung. Die Folgen sind

  • eine falsche Haarlinie oder Haarrichtung
  • nicht anwachsende Haare
  • ein zu stark ausgedünnter Hinterkopf
  • nicht richtig verteilte Haare, die in ein paar Jahren komisch aussehen

Bei richtiger Durchführung bringt die moderne Haartransplantation jedoch dauerhaft schöne Ergebnisse, denn es werden heutzutage tausende einzelne Haareinheiten verpflanzt. Damit sind ein natürlicher Haaransatz und Verdichtungen in Lücken ohne große Verletzungen der Kopfhaut und Originalhaare möglich.

Die Patienten sollten den Arzt bei der Voruntersuchung kennenlernen, ihn nach Erfahrung und Vorgehen befragen und sich nicht von Hochglanzbroschüren, Superlativ-Versprechungen und Rundum-Sorglos-Angeboten beeinflussen lassen.

Mit kombinierter Therapie aus Haarmedizin und Haartransplantation sind die besten langjährigen Ergebnisse zu erwarten.

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