Heilpraktiker haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Ingrid Armbruster interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Heilpraktikerin.
jameda: Frau Armbruster, was hat Sie motiviert, Heilpraktikerin zu werden, und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?
Frau Armbruster: Als Krankenschwester habe ich in einer Unfallklinik gearbeitet. Ich betreute damals schwerstverletzte Menschen über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Monaten. Dies war für die Betroffenen eine sehr intensive Zeit, um mit einer veränderten Situation zurechtzukommen.
Gerade noch waren sie gesund und von einer Minute auf die andere mussten sie sich an ein Leben im Rollstuhl gewöhnen. Für diese Menschen begann ein Alptraum, der nicht zu enden schien und sie sehr veränderte. Manchen ist es leichter gefallen, dies zu akzeptieren und anderen war es nahezu gar nicht möglich, sich damit abzufinden. Sich mit solchen Schicksalsschlägen auseinanderzusetzen, das ist auch für Außenstehende eine Herausforderung. Dies gilt sowohl für Angehörige als auch für Mitarbeiter.
Diese Auseinandersetzungen mit dem Leben, der Frage nach dem Sinn des Lebens, dem Wunsch, lieber nicht mehr zu leben und der Konfrontation von behinderten Menschen mit der Gesellschaft – all dies hat mich sicherlich geprägt und bildet mein Fundament, meine Kompetenz, für meine heutige Arbeit als Traumatherapeutin und Heilpraktikerin.
jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht ihn so besonders?
Frau Armbruster: Mein Schwerpunkt ist es, die Lebendigkeit & die Lebenslust trotz / oder gerade in schwierigen Zeiten zu wecken. Menschen in Krisenzeiten über ihre Erlebnisse hinwegzuhelfen ist dafür eine Voraussetzung.
Viele Menschen meinen, wenn sie gesund wären, wenn sie einen Partner oder Kinder hätten, wenn sie mehr Geld hätten, ja dann, dann wären sie glücklich.
Doch in vielen Fällen ist dies ein Warten auf etwas, das nie eintritt. Und so verstreichen die Jahre im Hoffen auf das Glück. Für mich geht es im Leben darum, das Glück jetzt zu erleben, trotz der Erlebnisse und Umstände, die vielleicht so schnell gar nicht zu ändern sind.
jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?
Frau Armbruster: Natürlich, wer hat keine Vorbilder? Ich nenne mal die zwei wichtigesten, da gibt es noch einige andere:
jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?
Frau Armbruster: Selbstverständlich. Als ich mit Traumatherapie begonnen habe, war meine Arbeitsweise noch sehr kognitiv. Sie bestand vorwiegend aus der Gesprächstherapie. Dies machte es für mich und die Patienten anstrengend, in den Stunden kamen sehr viel Aufregung und Emotionen hoch.
Die Verknüpfung mit Körperarbeit, wie ich sie bei Sonja Gomes und Woltemade Hartmann erlernt habe, macht es viel schonender für die Patienten und damit auch sehr viel angenehmer für mich, zu therapieren.
Bei Susanna Mittermaier habe ich schließlich sehr pragmatische Ansätze in der Psychologie kennengelernt. Weg von Bewertungen, offene Fragen stellen, einfach schauen: Was funktioniert hier wirklich? So kommen Patienten wieder schneller in ihre eigene Kompetenz.
jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?
Frau Armbruster: Traumatisierte Menschen gab es schon immer und wird es immer geben. Was sich jedoch verändert hat, das ist unsere Art zu leben. Viele natürliche Regulationsmechanismen unterstützen uns in Krisenzeiten. So hilft regelmäßige Bewegung, uns zu stabilisieren. Solide Familiensituationen geben Rückhalt. Treffen mit Freunden oder im Verein helfen, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen. Körperberührungen beruhigen das Nervensystem deutlich. All dies ist auch im Hinblick auf die Pandemie eine große Herausforderung.
Die Nachrichten sind voll von Horrorszenarien, die Freiheit ist eingeschränkt, der Ausgleich bleibt auf der Strecke. Vielen Menschen fällt es schwer, mit dieser Situation umzugehen. Eine Belastung, deren Ausmaß noch nicht ersichtlich ist. Daher ist es wichtig für jeden einzelnen, gut und frühzeitig für sich selbst zu sorgen. Täglich eine Stunde dafür zu nutzen, dem nachzugehen, was erfüllt und gut tut. In Bewegung zu sein. Hobbys nachzugehen. Sich mit Menschen auszutauschen. Wenn möglich, Körperkontakt pflegen. Dies hilft, sich die Lebenslust zu erhalten.
jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?
Frau Armbruster: Meine Patienten schätzen ganz besonders meine Art, von der Schwere in die Leichtigkeit zu kommen. Viele sind überrascht, dass bei Traumatherapie so häufig gelacht wird. Klar, dass es sich nicht vermeiden lässt, auch Unangenehmes anzusprechen, schmerzhafte Erinnerungen zu berühren. Würde sich ein Trauma mit einer Tablette heilen lassen, könnte ich Ihnen einen Apotheker empfehlen. Doch ich bin sehr pragmatisch: Auch ich mag mich nicht länger als nötig mit dieser drückenden Schwere befassen. Ich liebe das Leben, die Leichtigkeit, die Bewegung.
Ich bin ein Steh-auf-Männchen. Ich habe selbst erlebt, was es heißt, traumatisiert zu werden. Ich weiß, wie sich eine Panik, ein Alptraum anfühlt. Ich weiß aber auch, dass die Entscheidung, dem ganzen ‘Drama’ ein Ende zu bereiten, der erste Schritt in eine neue Freiheit wird.
Es ist nicht entscheidend, was war – es ist entscheidend, wie es sich heute noch auf Ihr Leben auswirkt. Und daran lässt sich arbeiten.
jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?
Frau Armbruster: An meinen Patienten schätze ich besonders, die gegenseitige Wertschätzung. Die Freude, mit welcher sie ihre Termine wahrnehmen und die Magie, die manchmal entstehen kann, wenn sich etwas Schwerwiegendes löst und sich zu verändern beginnt.
Für mich ist die Arbeit in der Praxis mit sehr viel Achtsamkeit, Wachheit & Klarheit verbunden. Die dadurch gemeinsam entstehende Energie kommt sowohl mir als auch meinen Patienten zugute.
jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?
Frau Armbruster: Ein ganz besonderes Erlebnis war eine Patientin, die bereit war, dem Leben ein Ende zu bereiten, aber von der Polizei davon abgehalten wurde.
Als ich sie befragte, warum sie denn diesen Schritt gewählt hat, meinte sie recht nüchtern 'ich wusste ja nicht, dass es so wirksame Therapien gibt, sonst hätte ich das ja nicht gemacht!'
In diesem Sinne – machen Sie publik, dass es Hilfe gibt, dass es Möglichkeiten gibt.*
Vielleicht werden Sie ja dadurch zum Lebensretter. 😉
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Frau Armbruster: Jeden Tag 60 min. das tun, was Spaß macht. Etwas Sinnbefreites. Ein Spaziergang, im Regen tanzen, ein gutes Buch lesen, im Freien übernachten, dem Nachbarn einen Kuchen backen, den Vögeln bei Sonnenaufgang lauschen… Ihrer Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Hauptsache es ist für Sie etwas, das Ihnen Freude bereitet. Das schafft einen natürlichen Ausgleich.
Als Lebemensch habe ich gelernt, die schönen Dinge nicht auf die lange Bank zu schieben. Niemand weiß, ob die Gelegenheit später nochmals kommt. Das haben mich meine Patienten gelehrt. Ich genieße jetzt!
Ansonsten bin ich ein Mensch, wie jeder andere. Habe tiefe Löcher erlebt. Schwere ‘Stürme’ überstanden und jede Menge Momente voller Glückseligkeit genossen.
Meine drei Kinder haben sicherlich mein Leben sehr geprägt. Ich bin an ihnen und mit ihnen sehr gereift und erlebe sie als großen Reichtum.
Entscheidungen fallen bei mir oft aus dem Bauch heraus. Was sich gut anfühlt, das mache ich.
Oftmals kann ich gar nicht genau beschreiben, warum ich etwas tue – doch sehr oft erweist sich dies im Nachhinein, als eine gute Wahl. Es darf also auch leicht gehen 😉
Meine Praxisräume sind im Herzen von Holzkirchen in einem alteingesessenen Geschäftshaus. Mit Frau Susanne Eckl, Dipl. Psych., teile ich mir das Obergeschoss. Es herrscht eine sehr friedliche Atmosphäre, fernab der Hektik des Alltags.
‘Hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein.’ Ein Spruch im Wartezimmer, der zu uns beiden passt. Am Besten, Sie lernen mich und unsere Räume persönlich kennen.
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