Artikel 01/04/2017

Das jameda-Interview: 10 Fragen an Frau Gabriele Callegari

Team jameda
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Gabriele Callegari interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Heilpraktikerin für Psychotherapie.

jameda: Frau Callegari, was hat Sie motiviert, Heilpraktikerin für Psychotherapie zu werden?
Frau Callegari: Als ich 1995 meine 4 Jahre andauernde tiefenpsychologisch fundierte Therapieausbildung abgeschlossen hatte, gab es gerade eine umwälzende Gesundheitsreform, der zu Folge die Gesetzlichen Krankenkassen nicht mehr unsere Therapieformen bezahlen durften. Das war für meine Kollegen und mich natürlich ein ziemlicher Schock, denn plötzlich waren wir in einem luftleeren Raum gelandet. Da bot uns der damals neu kreierte „Heilpraktiker für Psychotherapie“ am ehesten sicheren Boden unter den Füßen.

jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Frau Callegari: Ich bin so froh, mit Menschen arbeiten zu können. Es ist wirklich beglückend und zutiefst befriedigend, wenn man anderen Menschen aus der Patsche helfen kann. Dabei ist es vollkommen unwichtig, ob ein körperliches Problem gelöst werden konnte oder ein seelisches. Noch schöner ist es, wenn man Menschen regelrecht beim Wachsen ihrer eigenen Persönlichkeit zuschauen kann.

jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Frau Callegari: Es ist ein tiefverwurzeltes Bewusstsein in unserer Gesellschaft, dass man möglichst viel tun muss, wenn man ein bestimmtes Ziel erreichen will. Vergessen wird dabei, dass im Nichtstun genauso viel Kraft steckt. Kreativität entsteht in der Ruhe. Die Stimme der Intuition ist leise. Sie wird im Lärm des Alltaggeschehens meistens überhört. Doch genau sie ist überaus wertvoll, denn sie birgt tiefste Weisheit. Alle kennen das chinesische Zeichen des Jin-Yang. Es stellt genau dieses Phänomen dar: Ruhe und Aktivität sollten im Ausgleich stehen.

jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen? 
Frau Callegari: Meine Therapie ist eigentlich nicht unangenehm. Die meisten Patienten kommen ausgesprochen gerne zur Behandlung. Durchhaltevermögen hingegen kann sehr von Vorteil sein. Mit der Zeit verstehen meine Patienten immer besser, worum es geht. Es ist ein stetig wachsender Bewusstseinsprozess, in dem mehr und mehr Raum für Heilung entsteht.

jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Frau Callegari: In meinem Alter hat man Geduld gelernt und bereits erkannt, dass auch die Radieschen nicht schneller wachsen, wenn man oben an ihrem Grün zieht. Manchmal ist aber auch gerade nicht der richtige Zeitpunkt - das muss man einfach akzeptieren.

jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Frau Callegari: In unsern Nachbarländern sind sogenannte Alternative Heilmethoden im Gesundheitssystem fest integriert. Da hat jede Klinik auch ihren festangestellten Heiler. Da hinken wir hier in Deutschland ein wenig hinterher. Würde man die Leute fragen, würden dem sehr viele zustimmen. Die meisten gehen liebend gerne zum Heilpraktiker, doch können sie sich das heute leider nicht mehr leisten.

jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Frau Callegari: Im hiesigen System sind die Ärzte ziemlich eng verstrickt. Von Natur aus Heiler werden sie jedoch leicht von einer gewissen Profitgier missbraucht. Damit meine ich gar nicht mal so sehr die eigene, es gibt ja viele, die sich am Elend anderer bereichern wollen. Ich denke, es sollte spezielle Auszeiten geben für Ärzte und Pflegepersonal, sodass sie diese andere Seite des Nichttuns in sich aktivieren können und dass sie die tiefe Ruhe in sich selbst entdecken – denn in der Ruhe spricht die Stimme der Intuition und dann wird alles einfacher.

jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Frau Callegari: In über 20 Jahren Praxistätigkeit benutze ich keinerlei Gerätschaften, außer vielleicht mal meinen Tensor. Ich arbeite direkt mit meinen eigenen Sinnen. Ansonsten bilden wir Heilpraktiker uns mehr oder weniger ständig fort, aus Interesse, nicht weil wir da bestimmte Vorschriften haben. So besucht man manches Seminar in artverwandten Therapieformen und lernt so ein Problem (Krankheit) aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Manchmal ist es mit der einen Methode eher ansprechbar, beim nächsten Patienten führt eine andere Methode besser zum Ziel. Irgendwann beherrscht man die Klaviatur. Mit einem aufmerksamen wachen Geist wächst unser Heilpotential ständig. Niemals sind zwei Fälle gleich - die Achtsamkeit weist uns den Weg!

jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Frau Callegari: Ja, ein erfahrener Arzt, der für seine Krankheit Heilung suchte, da er selber nicht mehr weiterwusste. Sie galt im Allgemeinen als unheilbar, doch mit Geduld und Ausdauer haben wir wieder Leben in seine Beine bringen können. Damit war ihm eine große Last genommen, denn er war der alleinige Ernährer seiner Familie. Auch als eine Patientin nach einigen Monaten der Therapie endlich wieder schlafen konnte, hat uns das beide zutiefst gerührt. Sie hatte sage und schreibe ein halbes Jahr lang überhaupt nicht geschlafen.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Frau Callegari: Iss einfach, gib der Freude ihren Raum und lass es Dir gut gehen! Die Welt wird es Dir danken.

Zur Person

Gabriele Callegari ist Atemtherapeutin, Heilpraktikerin (Psychotherapie) und Gründerin der Atemschule Köln. Nach erfolgreich abgeschlossenem Abitur verschlug es sie zunächst in die Welt der freischaffenden Künstler, wo sie in der Metallbildnerei ihre Berufung fand. Diese Kunst übte sie von 1974-1981 deutschlandweit, in Südfrankreich am Fuße der Pyrenäen und in Korsika weiter aus. Durch diese sehr kreativ geprägte Phase ihres Lebens fand sie den Zugang zum Zen. Es folgte ein Studium der Japanologie sowie des Englischen und Französischen. Sie schließt 1995 ihre Ausbildung zur Atemtherapeutin am Institut Dürckheim, München ab und gründet noch im gleichen Jahr die heilkundliche Praxis sowie die Atemschule Köln.

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