Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Dr. Haase interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Hautärztin.
jameda: Frau Dr. Haase, was hat Sie motiviert, Dermatologin zu werden?
Dr. Haase: Die Dermatologie habe ich bereits früh während meines Studiums für mich entdeckt. Die Vielfältigkeit dieser Fachrichtung hat mich fasziniert, da sie neben der „reinen“ Dermatologie viele Schnittmengen zur Inneren Medizin, zur Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, zur Gynäkologie, zur Urologie und zur Chirurgie hat. Weiterhin verbindet das Hautorgan das Innen, also das Individuum, mit dem Außen, also seiner Umwelt, so dass sich an dieser „Grenzfläche“ auch viele Erkrankungen aus dem psychosomatischen Bereich manifestieren. Und nicht zuletzt ist auch die dermatologische Ästhetik eine sehr reizvolle Facette unseres Faches.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dr. Haase: Am meisten Freude bereitet es mir, wenn ich Menschen mit Hauterkrankungen gut und möglichst nachhaltig auf der Basis einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung helfen kann. Hauterkrankungen sorgen - anders als zum Beispiel viele internistische Krankheitsbilder - durch ihre unmittelbare Sicht- und Fühlbarkeit oftmals für große Beunruhigung und Verunsicherung im Umgang mit den Mitmenschen.
Die größte Herausforderung besteht darin, zu erreichen, dass sich möglichst viele Patienten in ihrer Haut wieder rundum wohlfühlen können.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Haase: Ein verbreitetes Vorurteil gegenüber uns Dermatologen ist, dass zur Therapie jedweder Hauterkrankung hauptsächlich Kortisoncremes verschrieben werden. Doch weit gefehlt: Sehr viele Erkrankungen lassen sich ohne Kortison behandeln, oftmals ist Kortison sogar schädlich. Vor Beginn der Therapie stehen das Gespräch und die Untersuchung.
Zur Therapie der Akne steht zum Beispiel eine große Bandbreite unterschiedlicher Medikamente und Therapieverfahren zur Verfügung, die, sinnvoll eingesetzt und miteinander kombiniert, zu langfristigen und kosmetisch sehr guten Resultaten führt.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Dr. Haase: Zu Beginn der Behandlung steht die Aufklärung über das Erkrankungsbild. Dann möchte ich verstehen, welche Erwartungen der Patient an die Behandlung hat. Auf dieser Basis kann ich ihm skizzieren, mit welcher Therapie sich innerhalb welcher Zeit ein realistisches Resultat erreichen lässt. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Behandlungsform wird so in den meisten Fällen gemeinsam getroffen. Auf diese Weise gelingt es sehr gut, die Patienten zu einer vielleicht unangenehmen oder auch länger dauernden Therapie zu motivieren.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Haase: Generell bin ich eine Freundin der klaren Kommunikation. Wenn ich bemerke, dass eine Therapie nicht wie besprochen durchgeführt worden sein könnte, spreche ich das vorsichtig an und erkundige mich nach den Ursachen. Zumeist finden wir dann eine Alternative, die für den Patienten besser durchführbar oder besser verträglich ist. Außerdem vereinbaren wir einen erneuten Termin zur weiteren Therapie-Optimierung.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Haase: Ich bin sehr froh um unser Gesundheitssystem. So ist Deutschland zum Beispiel eines der ganz wenigen Länder, in dem neu zugelassene Medikamente sofort verfügbar und verschreibungsfähig sind.
Allerdings habe ich auch Verbesserungsvorschläge: Spezielle Pflegeprodukte für Patienten mit chronischen schweren Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Schuppenflechte oder Fischschuppenerkrankung sollten alle Krankenkassen voll erstatten.
Und ich befürworte eine größere Eigenverantwortung jedes einzelnen Patienten für sein Gesundheitsverhalten.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Dr. Haase: Ich empfinde es als sehr wichtig, immer wieder aufs Neue aus schwierigen Situationen ganz bewusst zu lernen und mich konstruktiv zu fragen: Was hätte in dieser Situation anders oder besser laufen können? Auch ich erlebe als Patientin gute und weniger gute Beispiele für eine gelingende Kommunikation zwischen Arzt und Patient.
Wir Ärzte sind alle angehalten, zum Wohle unserer Patienten lebenslang zu lernen und uns auf dem aktuellen Stand des Wissens zu halten.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Dr. Haase: Bei Fortbildungsveranstaltungen, Kongressen und Workshops lerne ich viele neue Therapiemethoden kennen. Sind diese wissenschaftlich genügend untersucht und bringen einen Mehrwert für unsere Patienten, so bauen wir sie in unserer Praxis ein.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Dr. Haase: Besonders schön finde ich es jedes Mal, die Freude über einen Therapieerfolg mit den Patienten zu teilen. Das gibt mir viel Kraft.
Ganz besonders in Erinnerung ist mir die Leidensgeschichte einer etwa gleichaltrigen Patientin mit einem metastasierten malignen Melanom. Ich habe sie über viele Jahre hinweg in der Hautklinik in Frankfurt betreut. Nach meinem Weggang aus der Klinik ist sie rasch zu einer meiner besten Freundinnen geworden. Ihr Kampf gegen die Erkrankung und ihr Versterben im Sommer 2015 haben mich tief bewegt.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Haase: Mein Gesundheitstipp als Dermatologin: Genießen Sie die Sonne mit Vernunft und schützen Sie sich adäquat mit Kleidung, Sonnenbrille und Sonnencreme! Denn das Sonnenlicht ist der Hauptverursacher von vorzeitiger Hautalterung und von Hautkrebs.
Dr. Sylvie Haase ist seit 2016 niedergelassene Dermatologin und Allergologin in gemeinschaftlicher Praxis mit Prof. Dr. Andreas Blum in Konstanz. Zuvor war sie über zehn Jahre an der Uniklinik in Frankfurt, davon vier Jahre oberärztlich und über zweieinhalb Jahre in der Pharmaindustrie tätig.
Die Gemeinschaftspraxis Blum & Haase in Konstanz besteht seit dem Sommer 2016 und befindet sich in neuen Räumlichkeiten im Herzen der Altstadt. Neben der konservativen und operativ-onkologischen Dermatologie und Allergologie ist die dermatologische Ästhetik ein weiterer Schwerpunkt der Praxis.
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