Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Dr. med. Raúl Borgmann spannende Fragen zu seinen Erfahrungen als Orthopäden und Vorurteilen, denen er im Praxisalltag begegnet.
jameda: Herr Dr. Borgmann, was hat sie motiviert, Orthopäde zu werden?
Herr Dr. Borgmann: Am Arztberuf begeistert mich Menschen helfen zu können. Da Menschen am meisten unter Schmerzen leiden, bekam ich als Orthopäde und Osteopath die Möglichkeit, den Patienten genau diese zu nehmen. Insbesondere durch die Kombination der klassischen Schulmedizin mit alternativen Heilmethoden kann ich hierbei besonders effektiv und oft ohne starke Nebenwirkungen oder Risiken helfen.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Herr Dr. Borgmann: Am meisten Freude macht mir in meinem Praxisalltag wirklich auf die Patienten eingehen zu können. In meiner Privatpraxis habe ich Zeit, den Patienten zuzuhören und auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten einzugehen. Die größte Herausforderung sehe ich darin, die übergeordnete Funktionsstörung der Beschwerden herauszufinden, um die eigentliche Ursache behandeln zu können und einen nachhaltigen Therapieerfolg zu erzielen.
jameda: Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Herr Dr. Borgmann: Viele Patienten glauben, für alle Beschwerden sei eine strukturelle Schädigung also z.B. ein Bandscheibenvorfall, ein Meniskusriss oder eine Arthrose verantwortlich. Aus meiner Erfahrung als Osteopath und Akupunkteur sind es jedoch häufiger funktionelle Störungen. Ein Knieschmerz beispielsweise muss nicht von einem Meniskusriss kommen, auch wenn im Kernspin ein kleiner Meniskusriss beschrieben wird, oder als zweites Beispiel ein einfacher Rückenschmerz kommt viel häufiger von einer „Wirbelblockierung“ als von den im MRT vielleicht zu sehenden Bandscheibenvorwölbungen, die ab einem gewissen Alter jeder von uns hat, ohne dass sie uns unbedingt Beschwerden machen.
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Herr Dr. Borgmann: Wenn z.B. in der Ohrakupunktur ein Punkt besonders schmerzhaft ist, erkläre ich dem Patienten, dass dieser Punkt besonders aktiv ist und seine Nadelung daher auch besonders wirksam sein wird. Bei besonders schmerzempfindlichen Patienten kann ich außerdem auf die völlig schmerzfreie Laserakupunktur zurückgreifen.
Um meine Patienten in ihrem Durchhaltevermögen zum Beispiel bezüglich der Durchführung von Eigenübungen zu unterstützen, rate ich Ihnen diese Übungen zu festen Zeiten in ihren Alltag zu integrieren und sich dafür kleine Belohnungen zu gönnen.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Herr Dr. Borgmann: Ich glaube an das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient und sehe mich in der Verantwortung mit dem Patienten gemeinsam einen Therapieplan und gegebenenfalls kleine Motivationshilfen zu entwickeln, damit er den Plan auch einhalten kann. Klappt das nicht beim ersten Mal, müssen wir zusammen überlegen, was man ändern kann damit es dem Patienten gelingt, sich an den Therapieplan zu halten.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Herr Dr. Borgmann: Ich würde versuchen die Arzt-Patienten Beziehung im allgemeinen Gesundheitswesen wieder mehr zu stärken, also z.B. dem Kassenarzt mehr Zeit einzuräumen, um wirklich auf den Patienten eingehen zu können, ihm zuhören zu können und ihn gründlich zu untersuchen. Damit könnten meiner Meinung nach viele unnötige Untersuchungen und Therapieversuche eingespart werden und eine viel bessere, gezieltere Patientenversorgung sowie mehr Patientenzufriedenheit erreicht werden.
jameda: Kein Mensch ist perfekt. In welchen Bereichen haben Ärzte Ihrer Meinung nach Verbesserungspotential?
Herr Dr. Borgmann: Meiner Meinung nach sollten sich die Ärzte heutzutage wieder mehr auf die Anamnese und Untersuchung des Patienten konzentrieren und nicht nur auf Befunde und Röntgenbilder. So ist es doch in erster Linie ein gutes Gespür für den Patienten, was einen guten Arzt ausmacht.
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapieverfahren oder Gerätschaften, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Herr Dr. Borgmann: Neben der klassischen schulmedizinischen Orthopädie verwende ich viele osteopathische Verfahren, die Ohrakupunktur und die Lasertherapie. Besonders am Herzen liegt mir auch die Laserakupunktur, weil dies eine Möglichkeit ist, völlig schmerzfrei eine hoch effektive Akupunkturbehandlung durchzuführen.
jameda: Gibt es einen Patienten oder ein Erlebnis in Ihrer Praxis, das Sie nie vergessen werden?
Herr Dr. Borgmann: Ja viele, denn jeder Patient ist in seiner Person und seiner Situation für mich etwas Besonderes. Aber ein Beispiel wäre eine Patientin, die als sie das erste Mal zu mir kam, wegen einer Zyste am Meniskus, bereits am Knie operiert werden sollte. Nach einer eingehenden Untersuchung hatte ich jedoch nicht den Eindruck, dass diese Zyste die Ursache ihrer Beschwerden war und vereinbarte mit der Patientin zunächst einen Therapieversuch mit Ohrakupunktur zu unternehmen. Schon nach der ersten Behandlung stand sie schmerzfrei von der Liege auf und hatte bis heute mit diesem Knie keine Probleme mehr.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Herr Dr. Borgmann: Viel lachen, viel bewegen und sich stets auf die positiven Dinge im Leben konzentrieren.
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