Team jameda
Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Herrn Dr. Fabian Stehle interessante Fragen zu seinen Erfahrungen als Ernährungsmediziner.
jameda: Herr Dr. Stehle, was hat Sie motiviert, Ernährungsmediziner zu werden?
Dr. Stehle: Wir betreiben in Deutschland Medizin auf hohem Niveau. Allerdings sind wir stark im ‘Reparaturmodus’ und versuchen, Dinge zu beheben, wenn es oft schon zu spät ist.
Ernährungsmedizin setzt früher an. Während meines gesamten Medizinstudiums hatte ich keinerlei Berührungspunkte zur Ernährungsmedizin (wie die meisten meiner ärztlichen Kollegen auch nicht, weil Ernährung im Studium so gut wie keine Rolle spielt). Genau deshalb wollte ich verstehen, wie groß medizinischer Nutzen ist, wenn wir ‘früher’ ansetzen und Patienten schon dann beraten, bevor es vielleicht zu spät ist.
Es gibt viele Studien, die zeigen, wie viel wir durch Ernährungsmedizin erreichen können. Das beginnt bei Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen, geht weiter über Diabetes Mellitus II (Alterszucker) und bis hin zum Körpergewicht (die Mehrheit der erwachsenen Deutschen ist übergewichtig).
All das sind Ansatzpunkte, bei denen wir versuchen können, Symptome zu reduzieren und Lebensqualität zu erhöhen.
jameda: Was macht Ihnen im Praxisalltag am meisten Freude? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Dr. Stehle: Ich nutze gern die digitalen Möglichkeiten, die wir (nicht erst seit Corona) inzwischen haben. Was Ernährung anbelangt, haben wir oft ja kein Erkenntnisproblem (wir wissen recht gut, was wir weniger oft essen sollten), sondern ein Umsetzungsproblem (der Schweinehund…).
Da möchte ich als beratender Arzt zur Seite stehen, die Patienten an die Hand nehmen und diese Reise gemeinsam beginnen. Je weniger Aufwand das für die Patienten bedeutet, umso besser. Deshalb gibt es bei mir keine Wartezeit im Wartezimmer, dafür aber mehr Zeit beim Arzt.
Und das wenn möglich von zu Hause aus, damit wir Aufwand und Zeit für Wegstrecken besser für Beratung und Therapie investieren.
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jameda:** Welchen Vorurteilen begegnen Sie häufig in Ihrer Praxis?
Dr. Stehle:
jameda: Manche Krankheiten und Therapien sind unangenehm und verlangen viel Durchhaltevermögen vom Patienten. Was raten Sie Patienten in solchen Situationen?
Dr. Stehle: Alles, was leicht ist, war mal schwer.
Wir haben in unseren Lebensgeschichten schon so viel erreicht. Denken Sie daran, wie schwer es war, Fahrrad fahren zu lernen! Und wie leicht es jetzt ist. Sie benötigen zu Beginn vielleicht jemanden, der ihnen einige Male hilft, aufzusteigen und Ihnen einen Anstoß gibt. Dann klappt es oft schnell gut von allein.
Ähnlich ist es mit Ernährungsgewohnheiten. Ich selbst habe zum Beispiel vor einigen Jahren begonnen, Vollkornnudeln zu essen. Am Anfang ging das gefühlt gar nicht. Doch Gewohnheiten bilden sich erst nach einigen Wochen. Wer zu früh aufgibt, hat die Chance vertan. Ich habe einen italienischen Hersteller gefunden, der die Vollkorn-Pasta nicht so unangenehm dunkel herstellt wie klassische Öko-Varianten in deutschen Reformhäusern. Und plötzlich kam ich gut damit zurecht. Ab und zu gönne ich mir bewusst auch eine klassische helle Hartweizen-Pasta und genieße sie.
jameda: Wie reagieren Sie, wenn Sie merken, dass ein Patient Ihren Therapieplan nicht befolgt?
Dr. Stehle: Es ist nicht mein Therapieplan, sondern der Therapieplan des Patienten!
Mein Ziel ist nicht, aus einem Metzger einen Veganer zu machen (auch das gibt es!).
Wenn sich der Patient mit den gemeinsamen Überlegungen schwer tut, dann ist es wichtig, genau daran zu arbeiten und zu überlegen, was wir ändern können. Das kann unterschiedliche Konsequenzen haben: Entweder wir ändern den Plan oder überlegen uns, welche anderen Gründe dazu geführt haben, dass es schwierig war, sich an die vereinbarte Therapie zu halten.
Manchmal sind es ja auch Rahmenbedingungen, die es erschweren. Wenn ich selbst z. B. gefrustet bin, esse ich – ohne es zu merken – immer mal wieder Schokolade. Und zwar tafelweise.
jameda: Wenn Sie das Gesundheitssystem ändern könnten, was würden Sie als Erstes tun?
Dr. Stehle: Die Krankenkassen haben in Deutschland in 2020 ca. 414 Millionen € für Prävention und Gesundheitsförderung ausgegeben. Das sind je Versichertem etwas mehr als 5,50€. Also etwas mehr als einen Hamburger (und vermutlich ähnlich wirkungsvoll!). Die Gesundheitsausgaben in Summe waren ca. 260 Milliarden €. Also investieren wir ca. 0,2 % der Kosten in Prävention. Das ist, was ich mit ‘Reparaturbetrieb’ meine.
Wenn ich das Gesundheitssystem ändern könnte, würde ich als Erstes drei Dinge tun:
jameda: Die Welt der Medizin verändert sich ständig. Gibt es neue Therapien oder Geräte, die Sie in Ihrer Praxis anwenden?
Dr. Stehle: Medizin erfordert den Dialog zwischen Menschen.
Damit dieser möglichst gut gelingt, hilft uns Technik.
Da passiert aktuell einiges. Ich habe vor Kurzem eine neue digitale Lösung getestet, die persönliche Ernährung bewertet und die Wirkung im Körper ‘messbar’ macht. Das ist eindrucksvoll – vor allem wenn die Erkenntnisse wie bei mir selbst – überraschend waren.
Ich versuche, alle sinnvollen Tools zu nutzen, die uns auf diesem Weg unterstützen.
jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?
Dr. Stehle: Ich möchte drei Tipps loswerden:
GesundWunschPraxis
Am Grenzweg 20
85635 Höhenkirchen
www.gesundwunschpraxis.de
Privatpatienten und Selbstzahler
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