Artikel 01/09/2015

Rekonstruktive Chirurgie nach Brustkrebs – ein Überblick der Operationsmethoden

Prof. Dr. med. Christoph Andree Plastischer & Ästhetischer Chirurg, Handchirurg
Prof. Dr. med. Christoph Andree
Plastischer & Ästhetischer Chirurg, Handchirurg
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75.000 Frauen erhalten jährlich in Deutschland die Diagnose Brustkrebs, 25% der Betroffenen sind jünger als 55 Jahre. Eine Mastektomie, damit ist die Entfernung der gesamten Brustdrüse gemeint, ist bei rund einem Drittel der Erkrankten nötig. Eine Entfernung der Brustdrüse bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die gesamte Brust abgenommen werden muss. Mit Hilfe von modernen Operationstechniken ist es mittlerweile möglich, nur das erkrankte Gewebe zu entfernen und den Hautmantel sowie die Brustwarze zu erhalten. Die onkologische Sicherheit der Operation ist damit nicht gefährdet. Nachdem wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass die Gene BRCA 1 bis 3 zu einem erhöhten Brustkrebsrisiko beitragen, unterziehen sich zunehmend auch junge Frauen einer prophylaktischen Mastektomie.

Die Entscheidung ist weitreichend

Nach einer teilweisen oder vollständigen Amputation der Brust entscheidet sich die Patientin zwischen einer primären oder einer sekundären Rekonstruktion. Zudem gibt es die Möglichkeit die Brust mit Eigengewebe oder mit Hilfe von Silikonimplantaten aufzubauen. Es ist empfehlenswert, sich bereits vor der Tumoroperation umfassend beraten zu lassen, ob der Aufbau mit Eigengewebe oder mit Hilfe eines Implantats die individuell geeignetere Methode zur Rekonstruktion der Brust ist.

Die Entscheidung mit welcher Technik die Rekonstruktion erfolgt, sollte mit großer Sorgfalt getroffen werden. Lassen Sie sich ausreichend Zeit für die Entscheidung und informieren Sie sich ausgiebig über die unterschiedlichen Methoden und Operationstechniken. Eine zusätzliche und unabhängige Zweitmeinung von einem plastischen Chirurgen, der große Erfahrung im Bereich der rekonstruktiven Brustchirurgie aufweist, kann Ihnen in der Entscheidungsphase eine große Hilfe sein. Bedenken Sie zu jeder Zeit, dass ein gutes rekonstruktives Operationsergebnis Ihre Lebensqualität nachhaltig verbessert und Ihnen hilft Ihre körperliche Integrität wieder herzustellen.

Die primäre Rekonstruktion mit Hilfe eines Implantats

Für gynäkologische Kliniken ist die Entfernung der Brustdrüse mit einer gleichzeitigen Brustrekonstruktion mit Implantaten, die sogenannte Primärrekonstruktion, oftmals die erste Wahl. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt eine Bestrahlung nötig sein, kann es jedoch zu Problemen mit dem Implantat kommen. Zudem gibt es viele Frauen, die sich nicht vorstellen können, dauerhaft mit einem Fremdkörper in der Brust zu leben. In solchen Fällen ist eine sekundäre bzw. spätere Rekonstruktion der Brust mit Eigengewebe zu empfehlen.

Zwar ist der Aufbau mit Silikonimplantaten unmittelbar nach der Mastektomie der einfachste operative Weg, allerdings nimmt der Körper das Implantat als Fremdkörper wahr und versucht das Implantat durch die Bildung von zusätzlichem Gewebe einzukapseln. Neueste Generationen von Implantaten versuchen dem durch eine besondere Oberflächenbeschaffenheit entgegenzuwirken. Zudem hat die Entwicklung von anatomisch geformten Implantaten, die der natürlichen Form der Brust angeglichen sind, zu einer erheblichen Verbesserung der ästhetischen Ergebnisse geführt.

Das Silikonimplantat sollte nach Möglichkeit hinter den Brustmuskel gelegt werden. Dazu ist es nötig, dass der Muskel während der Operation gelöst wird. Für eine natürlich aussehende Brust wird beim Aufbau mit Implantaten ausreichende Haut benötigt. Ist zu wenig Haut für den Aufbau vorhanden, kann für zwei bis drei Monate ein Haut-Expander der die Haut überdehnt unter das Brustgewebe eingesetzt werden.

Die sekundäre Rekonstruktion

Die Rekonstruktion der Brust mit Eigengewebe führen Experten in brustchirurgischen Kompetenzzentren ausschließlich im mikrochirurgischen Operationsverfahren durch. Dazu werden Haut- und Brustgewebe zusammen mit den Blutgefäßen an einer vorher definierten Körperstelle (Bauch, Gesäß, Oberschenkel) entnommen und an der Brustwand wieder eingesetzt und zu einer neuen Brust modelliert. Wichtig dabei ist, dass man das unter dem Lappen liegende Muskelgewebe nicht beschädigt und die Blutgefäße sauber freilegt. Nur so ist es möglich, den freigelegten Lappen an den Blutkreislauf der Brustwand anzuschließen und eine reibungslose Blutversorgung der neuen Brust zu gewährleisten. Bei diesem Verfahren werden Arterien und Venen, die einen Durchmesser von weniger als einem Millimeter aufweisen, mit ca. 12 Stichen unter dem Mikroskop miteinander verbunden.

Die am meisten verbreiteten Operationstechniken für die Rekonstruktion mit Eigengewebe

Das DIEP-Lappen-Verfahren – mit Eigengewebe aus dem Bauchbereich
Für diese Operationstechnik entnimmt der Chirurg einen ovalen Gewebelappen aus dem Bauchbereich, der Bauchmuskel bleibt beim Heben des Spendergewebes unversehrt. Somit lässt sich die Erholungszeit nach der Operation deutlich senken – ein erheblicher Vorteil gegenüber anderen Operationstechniken. Mit einem Bauchfettlappen können eine oder zwei Brüste rekonstruiert werden. Ein bei vielen Patientinnen willkommener Nebeneffekt des DIEP-Lappenverfahrens ist, dass der Bauchbereich mittels einer Bauchdeckenstraffung geschlossen wird.

Das S-GAP-Lappen-Verfahren (I-GAP) – mit Eigengewebe aus dem Gesäßbereich
Sollte am Bauch zu wenig Gewebe für den Aufbau einer Brust vorhanden sein oder das Gewebe durch eine Voroperation oder Bestrahlung geschädigt sein, kann das Spendergewebe auch aus dem Bereich des Gesäßes entnommen werden. Auch mit dieser Operationstechnik kein ein ein- oder zweiseitiger Brustaufbau durchgeführt werden.

Das TMG-Lappen-Verfahren – mit Eigengewebe aus dem Oberschenkel
Bei diesem Verfahren wird das Spendergewebe aus der Oberschenkelinnenseite unterhalb der Gesäßfalte zum Aufbau der Brust entnommen. Die Narbe ist bei dieser Methode besonders unauffällig, da sie sich versteckt im Schritt befindet. Die gleichzeitige Straffung der Oberschenkel ist bei dieser Methode ein oft willkommener Nebeneffekt.

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